Selen - ein guter Schutz für unseren Körper

Stand:
In Europa sind die Böden eher arm an Selen. Ist eine selenhaltige Nahrungsergänzung dann nicht sinnvoll?
Selen

Das Wichtigste in Kürze:
Auf die Dosis kommt es an!

  • Selen spielt unter anderem eine wichtige Rolle als Antioxidans, im Immunsystem, bei der Produktion von Schilddrüsenhormonen sowie bei der Bildung von Spermien.
  • Ein Selenmangel liegt sowohl in Deutschland als auch in Europa – abgesehen von Krankheiten, die mit einer Störung der Selenaufnahme oder einem vermehrten Verlust von Selen verbunden sind – nur selten vor.
  • Da tierische Lebensmittel zu den wichtigsten Selenlieferanten zählen, sind Vegetarier:innen durchschnittlich schlechter mit Selen versorgt.
  • Überdosierungen mit selenhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln können zu neurologischen Störungen, Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Übelkeit und Durchfall führen.
  • Nicht geeignet für Säuglinge und Kleinkinder - nur nach ärztlicher Verordnung.
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Was steckt hinter der Werbung zu Selen?

Lange wurde behauptet, die Einnahme selenhaltiger Nahrungsergänzungsmittel würde vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Studien dagegen ergaben, dass dies nicht der Fall ist. Diskutiert wird, ob Selen bestimmten Tumorerkrankungen wie Darm-, Prostata- oder Lungenkrebs vorbeugt. Der Zusammenhang ist jedoch wissenschaftlich nicht gesichert. Dass Selen einen Beitrag zur Aufrechterhaltung verschiedener Körperprozesse leistet, ist unumstritten.

Laut europäischen Health-Claim Verordnungen sind folgende gesundheitsbezogenen Aussagen für Selen zugelassen:

  • Selen trägt zu einer normalen Spermabildung bei.
  • Selen trägt zur Erhaltung normaler Haare bei.
  • Selen trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei.
  • Selen trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei.
  • Selen trägt zu einer normalen Schilddrüsenfunktion bei.
  • Selen trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.

Worauf sollte ich bei der Verwendung von Selen achten?

  • Der Schätzwert für eine angemessene Zufuhr (aus allen Quellen) beträgt laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) ein Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.  Für Frauen wird daher von etwa 60 Mikrogramm pro Tag ausgegangen, von 70 Mikrogramm bei Männern.
  • Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt eine Tagesmenge von 40 Mikrogramm in Nahrungsergänzungsmitteln nicht zu überschreiten. Selenhaltige Nahrungsergänzungsmittel sind nur für Erwachsene, sie sind für Kinder unter 10 Jahren nicht geeignet und sollten einen entsprechenden Warnhinweis tragen.
  • Neuerdings ist auch mit Selen und Jod angereichertes Speisesalz erhältlich. Es enthält 5,5 Mikrogramm (µg) Selen pro Gramm (550 µg Selen pro 100 g).
  • Eine Steigerung der Selenaufnahme führt bei ausreichend versorgten Gesunden laut den Ergebnissen von epidemiologischen und klinischen Studien nicht zu einer Verbesserung der physiologischen Funktionen, während hohe Aufnahmemengen dagegen zu gesundheitlich unerwünschten Wirkungen führen können.
  • Eine Selenaufnahme von mehr als 255 Mikrogramm pro Tag (für Erwachsene) aus allen Quellen (Nahrungsergänzung plus Lebensmittel incl. Trinkwasser, sogenannter UL) ist laut EFSA zu vermeiden.
  • Akute Symptome einer Überdosierung (möglich ab circa 300 Mikrogramm pro Tag) sind Gelenkschmerzen und Magen-Darm-Probleme, Nervenleiden, Seh- und Gedächtnisstörung, Zahnprobleme, Hautschäden bis hin zu Haarausfall und gestörter Nagelbildung. Charakteristisch für eine akute Überdosierung ist ein nach Knoblauch riechender Atem. Dauerhaft zu hohe Mengen an Selen können ernsthafte Nebenwirkungen haben. Man spricht dann von einer sogenannten "Selenose".
  • Bei bestimmten Bevölkerungsgruppen (Vegan Essende, bei extrem einseitiger Ernährung, Dialysepatient:innen, bei Essstörungen (Magersucht, Bulimie) und Krankheiten, die die Nährstoffaufnahme im Darm beeinträchtigen) kann eine angemessene Nahrungsergänzung sinnvoll sein – sprechen Sie am besten mit Ihren Ärzt:innen.

Gut zu wissen: Arzneimittel mit Selen sind immer apothekenpflichtig. Enthalten Sie mehr als 70 Mikrogramm pro Tag sind sie sogar verschreibungspflichtig.

Wofür braucht der Körper Selen?

Selen ist ein Spurenelement und spielt in vielen Prozessen im Organismus eine Rolle, da es als Baustein der Aminosäure Selenocystein ein Bestandteil verschiedener Enzyme ist. Unter anderem übt es eine Funktion in antioxidativen Systemen aus, indem es als Teil von Enzymen die Körperzellen vor Angriffen von sogenannten "freien Radikalen" schützt. Weiterhin wird Selen für die Produktion der Schilddrüsenhormone sowie bei Männern für die Bildung von Spermien benötigt.

Ein Selenmangel führt zu Störungen des Immunsystems, der Spermienproduktion sowie zu Einschränkungen der Muskelfunktion. Laut einer aktuellen Studie könnte ein Mangel auf lange Sicht auch mit Leberkrebs in Verbindung stehen. Allerdings ist ein Selenmangel sowohl in Deutschland als auch in Europa bei gesunden Personen selten anzutreffen. Anders sieht es möglicherweise bei bestimmten Krankheiten aus, die mit einer Störung der Selenaufnahme oder einem vermehrten Verlust von Selen verbunden sind (siehe unten). In einem solchen Fall werden spezielle selenhaltige Arzneimittel verschrieben.

In anderen Ländern dagegen, in denen eine einseitige und regionale Ernährung bei gleichzeitig sehr niedrigem Selengehalt der Böden üblich ist, kann es zu einem Mangel kommen. Das trifft vor allem auf afrikanische und zentralasiatische Länder zu. So kam es in einigen Gegenden Chinas zur sogenannten "Kasin-Beck-Krankheit", die sich unter anderem in Gelenkveränderungen und gestörtem Knochenwachstum äußerte.

Weitere Ursachen für einen Selenmangel können ein Gendefekt sein, der sich auf den Selen-Stoffwechsel auswirkt, sowie Krankheiten, die zu einer unzureichenden Aufnahme von Selen im Organismus führen. Zu letzterem zählen beispielsweise Mukoviszidose, Niereninsuffizienz und chronisch entzündliche Darmerkrankungen.

Kann ich meinen Tagesbedarf über die Nahrung decken?

Die durchschnittliche Zufuhrmenge von Selen beträgt bei deutschen Verbraucher:innen 30–50 μg pro Tag. Auch wenn sich die Menge damit unterhalb der empfohlenen Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr (60-70 µg/Tag) befindet, liegt in der Regel kein klinisch relevanter Selenmangel vor. Über einzelne Lebensmittel können aber erhebliche Mengen aufgenommen werden. Zum Beispiel enthält  Thunfisch 82 Mikrogramm pro 100 Gramm, Paranüsse 103 Mikrogramm pro 100 Gramm, Kokosnuss 810 Mikrogramm pro 100 Gramm oder Kalbsleber 22 Mikrogramm pro 100 Gramm.

Selen gelangt über den Boden in die Pflanzen und über diese wiederum in Tier und Mensch. Der Selengehalt in pflanzlichen Lebensmitteln ist daher immer abhängig vom Selengehalt des Bodens im Anbaugebiet. Die Böden europäischer Anbaugebiete sind tendenziell selenärmer als etwa die Böden in den USA, aber selenreicher als in vielen chinesischen und afrikanischen Regionen.

Da Tierfutter in der EU mit Selen angereichert werden darf, ist Selen hierzulande in höherer Menge in tierischen Lebensmitteln zu finden. So zum Beispiel in Fleisch, Wurst, Eiern, Meeresfrüchten und Zuchtfisch - in Deutschland die besten natürlichen Selenlieferanten. Aber auch bestimmte Pflanzen, die besonders gut Selen speichern können, stellen wertvolle Selenquellen dar. Hier sind insbesondere Paranüsse. (Aber wegen der natürlichen Radioaktivität bitte nicht zu viele essen.), Spargel, Pilze, Hülsenfrüchte sowie Kohlgemüse (Weißkohl, Brokkoli) und Zwiebeln von Bedeutung. Wenn Sie vegetarisch oder insbesondere vegan essen sollten Sie diese Lebensmittel verstärkt in Ihren Speiseplan einbauen.

Für bestimmte Bevölkerungsgruppen (Vegan Essende, bei extrem einseitiger Ernährung, Dialysepatienten, bei Essstörungen (Magersucht, Bulimie) und Krankheiten, die die Nährstoffaufnahme im Darm beeinträchtigen) kann eine angemessene Nahrungsergänzung sinnvoll sein - am besten nach ärztlicher Rücksprache. Gegebenenfalls wird der Selenspiegel aus einer Blutprobe im Labor bestimmt, um eine zusätzlichen Bedarf zu prüfen.


Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt keine empfohlenen Zufuhrmengen an, sondern nennt lediglich Schätzwerte für eine tägliche angemessene und gesundheitlich nicht bedenkliche Aufnahmemenge. Sie beruhen auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen von bestimmten Markern im Blut, die einen Rückschluss auf die Selenkonzentration zulassen. Für Frauen werden 60 Mikrogramm pro Tag als angemessene Zufuhr genannt, für Männer 70 Mikrogramm. Kinder sollten je nach Altersklasse entsprechend weniger aufnehmen.

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt ebenfalls 70 Mikrogramm.

Die vom Körper aufgenommene Menge kann je nach Selenverbindung bis 100 Prozent variieren. Die durchschnittliche Aufnahmemenge aus der Nahrung wird mit 70 % angegeben. Diese Mineralstoffverbindungen sind gemäß EU-Richtlinie 2002/46/EG, Anhang II (Fassung vom 30. September 2022) für Selen in Deutschland und anderen EU-Ländern in Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen:

  • L-Selenomethionin
  • Selen-angereicherte Hefe (incl. der als neuartiges Lebensmittel zugelassenen selenhaltigen Biomasse der Hefe Yarrowia lipolytica)
  • Selenige Säure
  • Natriumselenat
  • Natriumhydrogenselenit
  • Natriumselenit

Downloads:

Quellen:


EFSA Panel on Nutrition, Novel Foods and Food Allergens (NDA) (2023): Scientific opinion on the tolerable upper intake level for selenium. Stand: 20.01.2023. EFSA Journal 21 (1)

BfR (2024): Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 006/2024 vom 22.02.2024

BfR (2024): Höchstmengenvorschläge für Selen in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln

Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln vom 21. Dezember 2005, Stand: 19.10.2022

DGE/ÖGE/SGE. D-A-CH (2. Auflage, 7. aktualisierte Ausgabe 2021): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, abgerufen am 22.12.2023

Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen (2021): Stellungnahme zur Einstufung von selenhaltigen Produkten (Nr. 02/2021). BVL/BfArM, 20.12.2021. abgerufen am 22.12.2023

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2021): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Selen, Stand: März 2021, abgerufen am 22.12.2023

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2016): DGE-Positionspapier: Vegane Ernährung nur mit Nahrungsergänzung, abgerufen am: 22.12.2023

Hirnschaden durch zu viel Selen, Ärzte Zeitung online, Stand: 12.07.2018, abgerufen am 22.12.2023

K. Rees et al. (2013): Selenium supplementation for primary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database of Systematic Reviews (01/2013). 10.1002/14651858.CD009671.pub2 abgerufen am 22.12.2023

M. Vinceti et al. (2018): Selen zur Vorbeugung von Krebs, Cochrane Systematic Review - Intervention Version, abgerufen am 22.12.2023

Meixner J (2018): Selen: kein Schutz vor Krebs. medizin transparent, abgerufen am 22.12.2023

Natürliche Radioaktivität in der Nahrung (08/2019), Bundesamt für Strahlenschutz, abgerufen am 22.12.2023

Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10.06.2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (Fassung vom 22.09.2022), abgerufen am 22.12.2023

EFSA (2014): Scientific Opinion on Dietary Reference Values for selenium. Stand: 10.10.2014, abgerufen am 22.12.2023

Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.12.2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Fassung vom 13.12.2014), abgerufen am 22.12.2023

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