Gesundheitsversprechen: Was ist erlaubt, was nicht?

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Weniger Gelenkschmerzen, gestärktes Immunsystem, besseres Gedächtnis: Gesundheitsversprechen gibt es viele im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel. Doch welche Aussagen sind zulässig und welche nicht?
Arznei Gesundheitsaussagen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, keine Arzneimittel, und werden daher nur angemeldet. Sie dienen nur als mögliche Ergänzung der normalen Ernährung und sind oft nicht nötig.
  • Strenge Vorgaben gelten dagegen bei der Werbung für Heilmittel. Bei Arzneimitteln muss die Wirkung durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen werden, die Menge der Inhaltsstoffe ist klar festgelegt.
  • Laut Heilmittelwerbegesetz darf Werbung nicht irreführend, missbräuchlich oder abstoßend sein.
  • Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist Werbung mit Bildern oder Patientenmeinungen zulässig.
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Nahrungsergänzungsmittel: Das ist erlaubt

Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, keine Arzneimittel und nur eine mögliche Ergänzung zur Ernährung. Sie werden dem Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit lediglich gemeldet und unterliegen keiner Zulassungspflicht oder Prüfung. Ausnahme sind sogenannte  Novel Foods.

Für die Sicherheit ist der Hersteller zuständig. Das heißt, er muss über Risiken wie Allergene informieren, nicht aber über Gegenanzeigen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten. Eine Höchstmenge für Mikronährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe gibt es nicht, nur Empfehlungen.

Erlaubt sind gesundheitsbezogene Aussagen. Diese müssen sich aber auf normale Körperfunktionen beziehen und nicht auf bestimmte Krankheiten. Welche gesundheits- und nährstoffbezogenen Angaben genau zulässig sind, ist in der Health-Claims-Verordnung der EU festgelegt. Alle zugelassenen Health Claims dürfen nur verwendet werden, wenn das Lebensmittel / Nahrungsergänzungsmittel die dafür notwendigen Inhaltsstoffe in der vorgeschriebenen Mindestmenge enthält.

So unterscheiden Sie gesundheitsbezogene Angaben:

Nährwertbezogene Angaben (zum Beispiel "zuckerfrei")

  • Beziehen sich auf die Menge eines Nährstoffs, nicht auf die Wirkung
  • Nur zulässig, wenn sie die rechtlichen Anforderungen - insbesondere der Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 - erfüllen und in bestimmten Mindestmengen vorhanden sind


Gesundheitsbezogene Angaben (zum Beispiel "trägt zur normalen Funktion des Immunsystems bei")

  • Zulässig, wenn sie - nach Prüfung durch die Europäische Behörde für  Lebensmittelsicherheit (EFSA) - in die Positivliste der Health-Claims-Verordnung aufgenommen und damit für Lebensmittel zugelassen sind
  • Beziehen sich stets auf einzelne Vitamine, Mineralstoffe und Inhaltsstoffe, nicht aber auf das gesamte Lebensmittelprodukt


Krankheitsbezogene Angaben (zum Beispiel "reduziertes Krankheitsrisiko")

  • Nicht zulässig, wenn sie dem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen (Art.7 Abs. 3 und 4 der europäischen Lebensmittelinformationsverordnung Nr. 1169/2011)

Nahrungsergänzungsmittel: Das ist verboten

Nicht zulässig sind:

  • gesundheitsbezogenen Aussagen, die vermitteln, dass Nahrungsergänzungsmittel Krankheiten vorbeugen, heilen oder lindern können.
  • Aussagen darüber, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung für die Nährstoffversorgung nicht ausreicht.
  • Werbeaussagen, die irreführend sind oder Ängste auslösen.
  • Gesundheitsbezogene Angaben, welche sich auf das ganze Lebensmittel beziehen und nicht auf einzelne Inhaltsstoffe (Ausnahme: Wasser und Walnüsse).
  • Werbeaussagen mit Wirkungen, die nicht wissenschaftlich bewiesen sind. Wissenschaftliche Studien sollten sich auf das gesamte Produkt beziehen und nicht nur auf bestimmte Inhaltsstoffe, denn es könnte zu Wirkungsveränderungen durch andere Inhaltsstoffe kommen.
  • Aussagen zur Wirksamkeit, die sich nur auf Einzelpersonen beziehen.
  • Angaben, die auf Empfehlungen von einzelnen Ärzt:innen oder anderen Vertreter:innen medizinischer Berufe basieren.

Bei überzogenen Versprechungen ist Vorsicht geboten. Beispiel Gewichtsabnahme: Werbeaussagen wie "Fünf Kilogramm weniger in zwei Wochen" sollten immer stutzig machen. Denn Angaben über Dauer und Ausmaß der Gewichtsabnahme sind laut Artikel 12 der europäischen Health-Claims-Verordnung verboten.

Text-Grafik zu Nahrungsergänzungsmitteln

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke

Diese sind für Menschen gedacht, die aufgrund einer Krankheit ihren Nährstoffbedarf nicht alleine mit normalen Lebensmitteln decken können, also zum Diätmanagement bei bestimmten Erkrankungen. Sie sind freiverkäuflich, verfügen aber über den Hinweis, dass sie unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden müssen.

Es gibt auch hier keine Zulassungs-, sondern nur eine Anzeigepflicht; der Hersteller muss aber auf Nachfrage durch die Lebensmittelüberwachungsbehörde wissenschaftliche Daten zum Nachweis, dass das diätische Lebensmittel den besonderen Ernährungserfordernissen der betroffenen Personen entspricht, vorlegen können.

Für Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in bilanzierten Diäten gibt es in der Verordnung über diätetische Lebensmittel (DiätV) festgelegte Mindest- und Höchstmengen. Werbung ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Der Krankheitsbezug ist ausschließlich durch die Zweckbestimmung mit dem vorgeschriebenen Wortlaut "zur diätetischen Behandlung von..." gegeben; weitergehende gesundheitsbezogene Aussagen (Health Claims) sind für diese Produktgruppe verboten.

Warum Nahrungsergänzungsmittel problematisch sind

Werbung für Vitamine oder Mineralstoffe ist grundsätzlich zulässig. Nicht zulässig ist es aber, wenn Hersteller versuchen, ihren Produkten bestimmte Mengen an Nährstoffen zuzusetzen und die für diese Zusatzstoffe zulässigen Werbeaussagen auf das gesamte Produkt zu beziehen.

Beispiel: Einem Gelenk-Produkt mit Glucosamin oder Chondroitin wird als Zusatzstoff Calcium zugegeben. Dann kann es mit "Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt" beworben werden. Dies macht den Anschein, als werde die Wirkung auch durch die anderen Inhaltsstoffe erreicht. Calcium hingegen ließe sich problemlos in ausreichender Menge über Lebensmittel aufnehmen. Für die anderen Stoffe ist die Aussage sogar als wissenschaftlich nicht bewiesen abgelehnt worden.

Nimmt man Nährstoffe zusätzlich ein, mit denen man durch die tägliche Ernährung schon ausreichend versorgt ist, kann es unter Umständen zur Überversorgung bis hin zur Vergiftung (Hypervitaminose) kommen.

Wenn gesundheitsbezogene Aussagen oder Angaben zum Beispiel zu einem Vitamin auf einem Nahrungsergänzungsmittel stehen, müssen davon bestimmte Mindestmengen im Produkt enthalten sind. In der Lebensmittelinformationsverordnung stehen die dafür geltenden Referenzmengen (NRV, Nutrition Reference Values). Diese dienen zum Beispiel dazu, Nahrungsergänzungsmittel besser miteinander vergleichen zu können.

Zu beachten ist dabei aber, dass die Referenzmengen für Nahrungsergänzungsmittel nur für Erwachsene gelten und nichts mit den Nährstoffempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zu tun haben. Die von der DGE empfohlenen Referenzwerte (D-A-CH-Referenzwerte) für die Nährstoffaufnahme können (und sollten nach Möglichkeit) mit normalen Lebensmitteln erreicht werden.

Tipp: Falls Sie Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen sollten, achten Sie auf die Dosier-Empfehlungen. Diese sollten Sie keinesfalls überschreiten. Jeder Hersteller ist verpflichtet, Dosier-Empfehlungen und die Nährwertangaben pro Tagesdosis anzugeben. Zudem empfiehlt es sich, die Einnahme gegenüber Ärzt:innen anzugeben.

Arzneimittel: Das ist erlaubt

Das "Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens" (Heilmittelwerbegesetz, kurz HWG) gibt es seit 1965. Es soll Verbraucher:innen vor Fehlentscheidungen bei der Wahl von Arzneimitteln, Medizinprodukten oder Heilbehandlungen schützen. In der Regel geht es also um Werbung für Mittel oder Methoden, die helfen sollen, Krankheiten zu erkennen, zu heilen oder zu lindern.

Bei Arzneimitteln muss die Wirkung durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen werden. Die Zulassung erfolgt in der Regel durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA), solange es keine rein nationale Zulassung ist. Mit welchen Mengen bestimmte Inhaltsstoffe enthalten sein dürfen, ist streng festgelegt. Beworben werden darf dabei nur das Anwendungsgebiet, für das das Arzneimittel zugelassen ist.

Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist nur in Fachkreisen erlaubt, ebenso Werbung, die sich ausschließlich an Kinder unter 14 Jahren richtet. Richtet sich die Werbung direkt an Verbraucher:innen, ist laut § 4 HWG bei Arzneimitteln der Zusatz "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" vorgeschrieben – und zwar gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt.

Bei Werbung für Arzneimittel sind folgende Angaben Pflicht:

  • Name und Sitz der Firma
  • Arzneimittelbezeichnung
  • Zusammensetzung des Arzneimittels
  • Anwendungsgebiete
  • Gegenanzeigen
  • Nebenwirkungen
  • Warnhinweise (falls vorbeschrieben)
  • Hinweis, dass es sich um ein verschreibungspflichtiges Mittel handelt

Arzneimittel: Das ist verboten

  • Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel (außer in Fachkreisen),
  • Irreführende Werbung – also
    • Werbung, die Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine Wirkung zuschreibt, die sie nicht haben, Werbung, die fälschlicherweise den Eindruck erweckt, dass Behandlungserfolge mit Sicherheit zu erwarten sind,
    • Werbung, die den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass keine Nebenwirkungen oder Schäden bei bestimmungsmäßiger oder längerer Anwendung auftreten können,
    • Werbung mit unwahren oder täuschenden Angaben etwa zur Zusammensetzung oder zum Behandlungsverfahren,
    • Werbung mit Preisausschreiben oder Werbegeschenken, sofern keine gesetzlich bestimmte Ausnahme von diesem Verbot vorliegt (unter anderem für geringwertige Kleinigkeiten),
    • Werbung für Fernbehandlungen, wenn diese nicht den allgemein anerkannten fachlichen Standards entsprechen,
    • Verbraucherwerbung mit Empfehlungen von Wissenschaftlern oder Prominenten, mit irreführenden Krankheitsgeschichten oder mit anderen irreführenden Äußerungen Dritter.

Die Werbung darf laut Gesetz zudem nicht missbräuchlich oder abstoßend sein. Das heißt,

  • die Werbung darf durchschnittlichen Verbraucher:innen keine Angst machen oder andere Gefühle der Adressaten unzulässigerweise zur Absatzförderung ausnutzen;
  • die Werbung darf nicht übertrieben, unsachlich oder unangemessen sein. So dürfen etwa keine schweren Krankheitsverläufe hervorgehoben werden, wenn die regulären Krankheitsverläufe nicht so schwer ausfallen.

Außerdem verboten

  • Werbung, die nicht klar als solche erkannt werden kann (zum Beispiel als Gesundheitsinformation getarnte Werbung)
  • Werbung mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen ohne Bezug zum konkreten Mittel.
  • Werbung für ein anderes Arzneimittel in einer Packungsbeilage.
  • Werbung außerhalb  der Fachkreise, die den Eindruck erweckt, dass eine Nicht-Einnahme oder Nicht-Anwendung die Gesundheit beeinträchtigten könnte,
  • oder die den Eindruck erweckt, dass die Einnahme die Gesundheit verbessert.
  • Werbung außerhalb der Fachkreise, die Angaben enthält, die nahe legen, dass die Wirkung des Arzneimittels einem anderen Arzneimittel oder einer anderen Behandlung entspricht über überlegen ist.
  • Werbung außerhalb der Fachkreise, die sich auf Krankheiten bezieht, die nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtig sind (Beispiel: Covid-19, Krebserkrankungen, Suchtkrankheiten (Ausnahme: Nikotinabhängigkeit oder krankhafte Komplikationen in der Schwangerschaft).

Warum Bilder und Werbung mit Patient:innenmeinungen problematisch sind

Mit Bildern zu werben ist erlaubt, sie dürfen aber nicht irreführend, missbräuchlich oder abstoßend sein. Dadurch sollen vergleichende Selbstdiagnosen und -behandlungen verhindert werden, da Patient:innen oft ihr eigenes Leiden in einer fremden Darstellung zu erkennen glauben und in der Folge auf einen notwendigen Arztbesuch verzichten. Denn nur, weil bei einer Person ein Heilmittel wirkt, heißt das nicht, dass es bei anderen genauso funktioniert.

Seit einer Reform des Heilmittelwerbegesetzes sind Vorher-Nachher-Bilder einer Behandlung erlaubt. Eine Ausnahme gilt hier jedoch für Schönheitsoperationen, bei denen solche Darstellungen weiterhin verboten sind (§ 11 Abs. 1 S. 3 HWG). Allerdings gilt auch bei erlaubten Vorher-Nachher-Darstellungen, dass die Bilder authentisch und sachangemessen sein müssen und Verbraucher:innen nicht in die Irre führen dürfen.

Bei Werbung mit Kunden- oder Patientenstimmen dürfen nicht nur positive Meinungen im Vordergrund stehen. Auch muss deutlich sein, dass es sich dabei um Einzelmeinungen handelt und diese nicht auf die Allgemeinheit bezogen werden dürfen. Das gilt ganz besonders bei Aussagen zur Wirksamkeit. Denn: Verkäufer:innen haften auch für subjektive Meinungsäußerungen der Kund:innen, wenn sie sich diese auf der Webseite zu eigen machen. Erwecken diese Erfahrungsberichte ein verzerrt positives Bild, zum Beispiel indem negative Bewertungen unterdrückt werden, liegt eine verbotene Irreführung der Verbraucher:innen vor.

Hand mit Euroscheinen

Falsche Versprechen, irreführende Angabe - Es kann Schadensersatz geben!

Sind Sie durch ein Angebot getäuscht worden und haben durch falsche Versprechungen eine Ware erworben, die die angepriesenen Voraussetzungen gar nicht hatte? Haben Sie versehentlich eine gefälschte Ware erworben in der Annahme, es würde sich hier um ein Originalprodukt handeln?

Bundesgerichtshof

BGH-Urteil: Postbank kann Zustimmung nicht uneingeschränkt einholen

Banken können Ihre Zustimmung, etwa zu geänderten AGB und Preisen, nicht einfach unterstellen. Das entschied der Bundesgerichtshof. Geben Verbraucher:innen die geforderte ausdrückliche Zustimmung nicht ab, drohen Banken aber mit der Kündigung. Dürfen Banken kündigen - und was können Sie dagegen tun?

Mögliche Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH: Verbraucheraufruf

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg prüft derzeit die Voraussetzungen einer Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH, Köln. Wir suchen daher Verbraucher:innen, die von diesem Unternehmen mit dem Vorwurf des Falschparkens konfrontiert wurden, daraufhin ein „Vergleichsangebot“ angenommen und Geld an die Kanzlei gezahlt haben.

Musterfeststellungsklage gegen GASAG AG

2. Dezember 2021: Kunden:innen der GASAG in der Grund- oder Ersatzversorgung mit Gas zahlten vor diesem Datum 6,68 Cent pro Kilowattstunde. All jene Verbraucher:innen, bei denen der Belieferungsbeginn zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 30. April 2022 lag, zahlten mehr als 18 Cent. Der Tarif für Bestandskund:innen blieb wesentlich günstiger.
Davon betroffen sind zehntausende Verbraucher:innen. Für sie kann sich der Preisunterschied schnell auf hunderte von Euro summieren und existenzbedrohend sein.
Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen.