Kritische Stoffe in Babynahrung

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Für Säuglingsnahrung gelten strenge Regeln. Vitamine und Mineralstoffe müssen in den richtigen Mengen enthalten sein, bestimmte Stoffe dürfen gar nicht oder nur in winzigen Mengen vorkommen.
Dampfender Kochtopf auf Herdplatte und Holzlöffel

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kein Einheitsbrei: Wählen Sie aus der Vielfalt der Babybreie und variieren Sie die Zutaten.
  • Bevorzugen Sie Babybreie ohne intensive Fruchtzusätze und ohne Zusatz von Zucker und verzichten Sie auf eigenständiges Nachsüßen.
  • Erwärmen Sie Fertigbreie am besten im offenen Glas im Wasserbad und rühren Sie dabei mehrfach um. Auf diese Weise kann möglichst viel Furan entweichen. Wenn Sie Furan komplett vermeiden möchten, sollten Sie den Babybrei selber kochen.
  • Geben Sie Babybrei erst mit Beginn des 5. Lebensmonats. Wechseln Sie zwischen Gemüsebreien mit nitratreichem und nitratarmem Gemüse.
  • Die wichtigen Fettsäuren Arachidonsäure und Docosahexaensäure sollten in gleichen Mengen in Säuglingsmilch enthalten sein. Hierbei hilft ein Blick auf die Nährwerttabelle.
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Mineralöle in Säuglingsmilch

In Untersuchungen von Muttermilchersatzprodukten finden sich immer wieder kritische Mineralölrückstände – sogenannte gesättigte (MOSH) und aromatische (MOAH) Mineralölkohlenwasserstoffe. Beide Stoffe gelten als gesundheitlich bedenklich, MOAH sogar als besonders bedenklich, weil dazu auch krebserregende Verbindungen gehören können. Mineralölrückstände gelangen vermutlich bei der Produktion, durch Schmierfett an Maschinen, oder über Verpackungsmaterialien in das Produkt.

Ob Sie ein Muttermilchersatzprodukt kaufen, das Mineralölrückstände enthält, ist nicht zu erkennen. Bei bisher getesteten Produkten konnten allerding keine akut giftigen Belastungen mit Mineralölrückständen nachgewiesen werden. Aktuelle Tests zeigen – im Vergleich zu früheren – einen leichten Positivtrend: Die Mineralölbelastungen sind etwas gesunken. Einige Hersteller haben also reagiert.

Mangel an Arachidonsäure in Säuglingsmilch

Für die Nährstoffe in industriell hergestellter Säuglingsmilch gibt es klare gesetzliche Vorgaben. So gehört seit 2020 ein relativ hoher Mindestgehalt der Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure – kurz DHA – dazu. Diese Fettsäure konnte auch schon vorher auf freiwilliger Basis von den Herstellern zugesetzt werden, aber nur in Kombination mit mindestens der gleichen Menge einer weiteren Fettsäure, der Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure (ARA). ARA kann weiterhin freiwillig Säuglingsmilch zugesetzt werden, gesetzliche Vorgaben hierfür gibt es im Gegensatz zur DHA allerdings noch nicht.

Den beiden Fettsäuren werden positive Wirkungen auf die Entwicklung der Sehkraft und die geistige Entwicklung zugeschrieben. Hierbei scheint es besonders wichtig zu sein, dass beide Fettsäuren in gleichen Mengen enthalten sind. Bei einer geringeren Menge von ARA entstehen möglicherweise Nachteile für die Entwicklung des Nervensystems und die Zusammensetzung des Gehirns bei Säuglingen. Expert:innen fordern daher, dass Säuglingsmilch mindestens ebenso viel ARA wie DHA enthalten sollte, um diese positiven Wirkungen sicherzustellen. Einige Hersteller setzen ihren Produkten bereits freiwillig ARA zu, es bleibt aber noch immer Luft nach oben.

Wenn Sie sicher gehen wollen, ob das Verhältnis von DHA zu ARA ausgeglichen ist, hilft ein Blick auf die Nährwerttabelle: wenn ARA mit einem mindestens genauso hohen Gehalt angegeben ist wie DHA, können Sie davon ausgehen, dass die Zusammensetzung der Fettsäuren dem Stand der wissenschaftlichen Empfehlungen entspricht.

Erucasäure in Säuglingsmilch und Babybreien

Erucasäure ist in Rapsöl, aber auch in anderen pflanzlichen Ölen enthalten, die bei der Herstellung von Säuglingsnahrung verwendet werden. Eine langfristig hohe Aufnahme von Erucasäure kann zu einer Verfettung des Herzens führen. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission Höchstgehalte für Erucasäure in bestimmten Lebensmitteln festgelegt – darunter auch in Säuglingsanfangs- und Folgenahrung.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat die gesundheitlichen Risiken für Säuglinge durch die Aufnahme von Erucasäure über Säuglingsanfangs- und Folgenahrung sowie industriell hergestellte Beikost abgeschätzt und bewertet. Laut BfR besteht kein erhöhtes Gesundheitsrisiko für Babys zwischen 0 und 12 Monaten. Auch wenn Babybreien – industriell oder selbst hergestellt – zusätzlich ein Teelöffel Rapsöl zugegeben wird, sind für Säuglinge ab dem 6. Lebensmonat keine erhöhten gesundheitlichen Risiken zu erwarten.

Furan – ein Fertigbrei-Problem

Furan ist eine flüchtige Verbindung, die beim Erhitzen von Lebensmitteln entstehen kann. Besonders hohe Gehalte an Furan werden in Fertigprodukten nachgewiesen, die in geschlossenen Gefäßen hohen Temperaturen ausgesetzt werden – somit auch in industriell hergestellten Fertigbreien für Babys. Denn bei der Herstellung werden die Breie durch starkes Erhitzen sterilisiert – also in den Gläschen haltbar gemacht – und dadurch bildet sich Furan.

Der von der Weltgesundheitsorganisation als möglicherweise krebserregend eingestufte Stoff wurde in Fertigbreien in kleineren Mengen nachgewiesen. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung können derzeit langfristige Schäden von Furan nicht ausgeschlossen werden. Allerdings ist noch zu wenig Wissen vorhanden, um klare Grenzwerte an Furan in Lebensmitteln oder sichere Verzehrmengen für Furan festzulegen.

Da sich das Vorkommen von Furan in Fertigbreien nicht komplett vermeiden lässt, gilt: je weniger Furan, desto besser. Wenn Sie Furan komplett vermeiden möchten, kochen Sie den  Babybrei selbst – am besten mit Zutaten aus ökologischer Erzeugung. Wenn Sie weiterhin industriell  hergestellten Fertigbrei verwenden möchten, erwärmen Sie den Brei im offenen Glas im Wasserbad und rühren ihn dabei mehrfach um. Auf diese Weise kann möglichst viel Furan entweichen.

Arsen im Reisbrei

Ist der Milch-Getreide-Brei oder der Getreide-Obst-Brei fürs Baby mit Reis zubereitet, kann der kritische Stoff Arsen enthalten sein. Die Reispflanze nimmt beim Anbau das Halbmetall über den Boden auf. Große Mengen von anorganischem Arsen können Krebs auslösen. Aber auch die regelmäßige Aufnahme von geringen Mengen kann bereits gesundheitsschädlich sein und Gefäße und Nerven schädigen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen.

Babys sind besonders betroffen von gesundheitlich problematischen Arsenmengen, weil viele von ihnen Babybreie essen, die Reis enthalten. Aus diesem Grund gelten seit 1. Januar 2016 in der Europäischen Union neue Höchstmengen für anorganisches Arsen in Reis und Produkten, die aus Reis hergestellt werden, etwa Reiskekse, Reiswaffeln, Reis-Cracker und Reiskuchen. Mit einer Änderung der Verordnung vom 3. März 2023 wurden weitere Produkte wie Reismehl und alkoholfreie Getränke auf Reisbasis ergänzt.

Besondere Anforderungen gelten für Reis, der für die Herstellung von Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder verwendet wird. Seit 2023 sind nun auch Höchstmengen speziell für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (als Pulver oder Flüssigkeit) sowie für Beikost ergänzt worden.Die Höchstmengen für diese Lebensmittel sind deutlich niedriger als die für andere Reiserzeugnisse.

Damit es nicht zu einer übermäßigen Belastung mit Arsen kommt, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung den Eltern, ihre Säuglinge und Kleinkinder nicht ausschließlich mit Beikost wie Reisbrei oder reisbasierten Getränken wie Reismilch zu ernähren. Solche Produkte sollten nur in Maßen verzehrt werden und sich mit Lebensmitteln aus anderen Getreidearten abwechseln. Ganz auf Reis verzichten muss man also nicht.

Weitere Informationen zu Arsen in Reis finden Sie in diesem Text.

Unnötige Süße in Babybreien

In Fertigbreien für Babys sind häufig reichlich Zucker und intensive Fruchtpulver enthalten, die dem Brei mehr Geschmack und Aroma geben sollen. Doch gerade Zucker gilt als Ursache für Übergewicht und sollte Babybreien nicht in großen Mengen zugesetzt werden. Auch Fruchtpulver, z.B. Zusätze aus Apfel, Banane oder Birne, werden von Herstellern verwendet, um den Brei zu "versüßen". Expert:innen sehen aromagebende Zutaten allerdings als überflüssig an und raten ganz klar davon ab, intensiv süß schmeckende Babybreie zu verwenden. Zu viel Süße kann die langfristige Geschmackspräferenz von Babys und Kleinkindern ungünstig prägen, sodass sie schon in jungen Jahren eine verstärkte Vorliebe für Zucker und zuckerhaltige Lebensmittel entwickeln können.

Wählen Sie daher am besten Babybreie ohne Zusatz von Zucker und aroma- und geschmacksgebenden Zutaten, wie z.B. Fruchtpulver, Kakao oder Schokolade. Verzichten Sie zudem auf eigenständiges Nachsüßen.

Nitrat im Gemüsebrei

Ein weiterer Problemstoff ist Nitrat, der in gemüsehaltigen Babybreien enthalten sein kann. Nitrat ist ein natürlicher Bestandteil des Bodens und wird in der Landwirtschaft als Dünger verwendet. Über den Boden gelangt Nitrat ins Gemüse und auch ins Trinkwasser. Kritisch hierbei sind jedoch nicht das Nitrat an sich, sondern viel mehr die Stoffe, die im Körper daraus entstehen. So kann Nitrat im Körper zu Nitrit umgewandelt werden, auf das  Säuglinge besonders empfindlich reagieren. Auch bei der Lagerung, Verarbeitung und Zubereitung von Lebensmitteln kann aus Nitrat Nitrit entstehen. Zuviel davon kann bei Säuglingen die Sauerstoffversorgung des Blutes beeinträchtigen. Aus Nitrit wiederum können Nitrosamine gebildet werden, die sich in Tierversuchen als Krebs auslösend erwiesen haben. Inwieweit dies auch auf den menschlichen Organismus zutrifft, ist noch unklar.

Für den Nitratgehalt in Säuglingsnahrung ist ein gesetzlicher Grenzwert festgelegt, um diese besonders empfindliche Personengruppe zu schützen: in Beikost darf maximal 200 mg/kg Nitrat enthalten sein. Bisherige Untersuchungen von industriell hergestellten Gemüsebreien ergaben, dass die Belastung mit Nitrat nur sehr gering ist, sodass Eltern ihren Kindern unbesorgt diese Breie anbieten können. Die ganz Kleinen – unter fünf Monaten – sollten generell kein Gemüse mit besonders hohem Nitratgehalt essen, was der Empfehlung entspricht, Beikost erst mit Beginn des 5. Lebensmonats zu geben.

Zu den nitratreichen Gemüsesorten gehören insbesondere Spinat und Kohlrabi. Auch Kinder, die an bakteriellen Magen-Darm-Infektionen leiden, sollten keine nitratreichen Lebensmittel essen. Denn das Risiko für einen Sauerstoffmangel ist erhöht – bedingt durch eine stärkere Umwandlung von Nitrat zu Nitrit.

Eltern sollten jedoch keine Angst vor Nitrat in Lebensmitteln haben. Denn laut Bundesinstitut für Risikobewertung überwiegt der Nutzen eines hohen Anteils an Gemüse in der Ernährung das mögliche Risiko durch Nitrat- und Nitritgehalte um ein Vielfaches.

Um die Menge an Nitrat in der Babynahrung – egal ob gekauft oder selbst gekocht – gering zu halten, gibt es einige Tipps:

  • Empfehlenswert ist ein Wechsel von nitratreichem und nitratarmem Gemüse, also z.B. Kartoffeln, Möhren, Süßkartoffeln und Brokkoli.
  • Durch die Kombination von nitratreichen Mahlzeiten mit Vitamin-C-haltigen Lebensmitteln, (z.B. Zitronensaft) wird dem Umbau von Nitrat zu Nitrit entgegengewirkt.
  • Gemüse immer gründlich waschen. Entfernen Sie bei Blattgemüse die äußeren Blätter und Stiele. Diese sind besonders nitratreich.
  • Das Kochen von Gemüse reduziert den Nitratgehalt. Das Kochwasser sollte anschließend weggeschüttet werden. Achtung: Kochen in der Mikrowelle reduziert nicht den Nitratgehalt.
  • Frisches Gemüse sollte nur kurz und immer kühl gelagert werden.
  • Gemüsebreie und nitratreiche Lebensmittel für das Baby sollten nicht längere Zeit warmgehalten und auch nicht wieder aufgewärmt werden. Dadurch können sich Keime vermehren oder Nitrit bilden.
  • Saisonales Freilandgemüse enthält weniger Nitrat als Gemüse aus Gewächshäusern.
  • Auch Trinkwasser enthält Nitrat – Eltern sollten sich daher bei ihrem zuständigen Wasserversorger, dem Gesundheitsamt oder der Gemeinde nach dem Nitratgehalt ihres Leitungswassers erkundigen.

Tropanalkaloide in Getreidebreien

Tropanalkaloide sind natürliche Pflanzeninhaltstoffe, die in bestimmten Unkräutern auf Getreideäckern vorkommen. So kann es passieren, dass sie bei der Ernte von Getreide mitgeerntet werden und die Samen und Pflanzenteile unter die Getreidekörner gelangen. Auf diesem Wege können Tropanalkaloide in getreidebasierte Lebensmittel, wie z.B. Babynahrung, gelangen. Zu den am besten untersuchten Vertretern dieser Stoffgruppe gehören Atropin und Scopolamin, die bereits in geringen Mengen die Herzfrequenz und das zentrale Nervensystem beeinflussen und Benommenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit hervorrufen können. Im Jahr 2014 wurden Rückstände von Atropin und Scopolamin in Babynahrung festgestellt, was zu einer europaweiten Warnmeldung und zum Rückruf der betroffenen Produkte führte.

Die Europäische Kommission legte 2016 einen Grenzwert fest für Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Hirse, Buchweizen oder daraus gewonnene Erzeugnisse enthält. Der Grenzwert für Atropin und Scopolamin beträgt jeweils 1µg/kg.

In der Landwirtschaft wird vermehrt versucht, die Ausbreitung der Unkräuter auf dem Acker zu verhindern bzw. sie grundsätzlich zu vermeiden. In jüngsten Untersuchungen konnten keine Gehalte von Tropanalkaloiden in getreidehaltiger Baby- und Kleinkindernahrung nachgewiesen werden.

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