Patientenrechte und Arztpflichten: Gesetzlich klar geregelt

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Was Ärztinnen und Ärzte dürfen und welche Rechte Patient:innen haben, ist oft schwer einzuschätzen. Gesetzlich gibt es dazu allerdings klare Regeln. Wichtig ist die umfassende Informations- und Aufklärungspflicht.
Arzt versucht eine digitale Kugel in den Händen zu halten

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ärztinnen und Ärzte haben die Pflicht, Patient:innen umfassend zu informieren und aufzuklären, und zwar auch über Risiken und Behandlungsalternativen.
  • Ziel ist es, dass Patient:innen eine informierte Entscheidung treffen können.
  • Ärztliche Leistungen und Behandlungen müssen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen.
  • Patient:innen haben Anspruch auf eine humane Behandlung, die ihre Würde und Autonomie respektiert.
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Wozu Ärztinnen und Ärzte bei Behandlungen verpflichtet sind

Der Behandlungsvertrag

In der Arztpraxis müssen Sie als Patient:innen häufig Dokumente unterschreiben. Ein entscheidender Vertrag aber kommt häufig nur stillschweigend zustande: der Behandlungsvertrag. Es reicht in der Regel, dass Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin aufsuchen und ihm oder ihr signalisieren, dass Sie behandelt werden möchten. Es handelt sich um einen zivilrechtlichen Vertrag, der die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regelt. Das können neben Ärzt:innen auch Hebammen, Physiotherapeut:innen oder Heilpraktiker:innen sein.

Der Behandelnde verpflichtet sich, Sie nach allgemein anerkannten fachlichen Standards zu behandeln. Wünschen Sie ausdrücklich eine Behandlung, die vom Standard abweicht, müssen Sie über die Risiken besonders gut aufgeklärt werden. Ärztinnen und Ärzte schulden Ihnen aber keinen Heilungserfolg, weshalb eine Praxis nicht dafür haftet, wenn die Behandlung Sie nicht gesund gemacht hat.

Informations- und Aufklärungspflicht

Behandelnde müssen Sie als Patient:in über alle wichtigen Schritte in verständlicher Weise aufklären. Nur so werden Sie Ihnen die Erfolgsaussichten und Risiken einer geplanten Behandlung bewusst, sodass gute Entscheidungen getroffen werden können. Dazu gehört der Verlauf der Behandlung, die Diagnose, die gesundheitliche Entwicklung sowie die Therapie und die nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Sollte die Praxis erkennen, dass ein Behandlungsfehler vorliegen könnte, muss sie Sie darüber in Kenntnis setzen. Fallen zusätzliche Behandlungskosten an, muss die Praxis Sie hierüber im Vorfeld schriftlich informieren (§ 630c Abs. 3 BGB). Ausnahmen gelten nur dann, wenn eine Behandlung nicht aufschiebbar ist oder Sie ausdrücklich darauf verzichten.

Ihr Arzt oder Ihre Ärztin muss Sie insbesondere aufklären über

  • die Art, den Umfang und die Durchführung,
  • die zu erwartenden Folgen und Risiken,
  • mögliche Alternativen,
  • die Notwendigkeit, Dringlichkeit und Eignung einer Maßnahme sowie
  • die Aussicht auf Erfolg hinsichtlich Diagnose oder Therapie.

Dabei muss die Aufklärung rechtzeitig, umfassend und verständlich sein. Und sie muss mündlich erfolgen. Es reicht also nicht, wenn Arztpraxen nur eine schriftliche Aufklärung vorlegen. Als Ergänzung sind schriftliche Unterlagen dagegen erlaubt. Abschriften von unterschriebenen Unterlagen muss die Praxis Ihnen aushändigen. 

Insbesondere vor diagnostischen oder operativen Eingriffen müssen Sie, soweit möglich, eine ausreichende Bedenkzeit vor der weiteren Behandlung bekommen. Je weniger eine Maßnahme medizinisch geboten oder je größer ihre Tragweite ist, umso ausführlicher und eindrücklicher müssen Sie über erreichbare Ergebnisse und Risiken aufgeklärt werden.

Einwilligung in eine Behandlung

Nach der Aufklärung und vor Beginn der Behandlung müssen Ärztinnen und Ärzte Ihre Einwilligung einholen. Können Sie diese nicht mehr selbst geben und liegt keine Patientenverfügung vor, muss die Praxis die Einwilligung einer dazu berechtigten Person einholen. Dies kann etwa ein: Vorsorgebevollmächtigte:r oder Betreuer:in sein. Sind Minderjährige noch einwilligungsunfähig, willigen die Sorgeberechtigten in die Behandlung ein.

Eine Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Das heißt: Sie können eine Behandlung auch ablehnen, müssen sich der Tragweite Ihrer Entscheidung aber bewusst sein.

Behandlungskosten

Falls die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten nicht übernimmt, müssen Ärztinnen und Ärzte darüber vorab informieren. Das nennt man "wirtschaftliche Aufklärung". Das gilt etwa bei Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Die voraussichtlichen Kosten müssen konkret in Textform beziffert werden, ein pauschaler Hinweis auf ein Kostenrisiko reicht nicht. Wenn eine Arztpraxis diese Information versäumt, darf sie die Kosten später nicht von Ihnen einfordern. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Sie der Behandlung bei ordnungsgemäßer Vorab-Information über die Kosten nicht zugestimmt hätten.

Patientenakte

Die Arztpraxis ist verpflichtet, eine Patientenakte zum Zweck der Dokumentation zu führen. Dort müssen alle wichtigen Maßnahmen und Ergebnisse eingetragen und 10 Jahre lang aufbewahrt werden. Bei bestimmten Unterlagen wie Röntgenbildern auch länger. Änderungen sind nur unter Angabe des Datums erlaubt. Sie haben das Recht, Ihre Patientenakte einzusehen und gegen Zahlung der Kopierkosten eine elektronische Ablichtung zu verlangen.

Als Kassenpatient:in in der Arztpraxis

Um gesetzlich versicherte Patient:innen behandeln zu können, müssen Behandelnde als Vertragsärztinnen und -ärzte zugelassen sein.

Ihre Zulassung und Tätigkeit wird von den Kassenärztlichen Vereinigungen auf Landesebene überwacht. Sie sollen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung in ihrem Zuständigkeitsgebiet sicherstellen.

Laut dem Sozialgesetzbuch muss die Versorgung zudem „ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden“. Ärztinnen und Ärzte sind also an das Gebot der Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit gebunden (§ 70 SGB V). Eine humane Krankenbehandlung bedeutet, dass Behandelnde Ihre Würde und Autonomie wahren und Ihre Persönlichkeits- und Intimsphäre achten müssen.

Ein weiterer wichtiger Grundsatz im ärztlichen Sozialrecht ist die freie Arztwahl (§ 76 SGB V). Dieser besagt, dass Sie sich als Patient:in die Arztpraxis frei aussuchen können und nicht an den Arzt oder die Ärztin z.B. in Ihrer Nachbarschaft gebunden sind.

Welche ärztlichen Leistungen die Krankenkasse übernimmt, ist vor allem im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) geregelt. Er wird regelmäßig aktualisiert mit neuen Leistungen, die dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik entsprechen.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen müssen die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen überwachen. Sie können überprüfen, ob eine Behandlung wirtschaftlich ist. Zum Beispiel, wenn

  • eine Behandlung  medizinisch nicht notwendig ist,
  • sich die Leistung nicht dazu eignet, das Behandlungsziel zu erreichen
  • die Kosten, die durch die Behandlung verursacht wurden, Kosten unangemessen hoch sind.

Dies setzt allerdings voraus, dass die zuständige Prüfungsstelle überhaupt davon erfährt. Das ist häufig nicht der Fall.

Ihre Rechte als Patient:in im Überblick

Durch das Patientenrechtegesetz haben Sie gegenüber Behandelnden und Krankenkassen mehr Rechte. Die Rolle der Patient:innen hat sich verändert. Das Gesetz soll Gespräche auf Augenhöhe ermöglichen. Patient:innen sollen Leistungen eigenständig einfordern, aber auch hinterfragen können.

Folgende Rechte stehen Ihnen zu:

  • freie Arztwahl,
  • Hilfe bei der Vermittlung zu Haus- oder Facharztterminen,
  • eine umfassende und verständliche mündliche Aufklärung durch den Arzt oder die Ärztin sowie Möglichkeiten zur Nachfrage,
  • eine vorherige Kosteninformation, wenn die Krankenkasse die Behandlung nicht vollständig übernimmt (§ 630c Abs. 3 BGB)
  • das Einholen einer ärztlichen Zweitmeinung,
  • die Ablehnung einer Behandlung,
  • das Erheben von Widerspruch, falls Krankenkassen eine Leistung nicht gewähren, obwohl die  Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind,
  • die Einsichtnahme in die Patientenakte und die Erstellung von Kopien der Akte gegen Zahlung der Kopierkosten,
  • ein jederzeitiges Kündigungsrecht, wenn Sie kein Vertrauen mehr zu dem Arzt oder der Ärztin haben (§§ 630b i.V.m. 627 Abs. 1 BGB),
  • die Geltendmachung von Schadensersatz und gegebenenfalls auch Schmerzensgeld bei Behandlungsfehlern. Die Krankenkasse muss Sie hierbei unterstützen (§ 66 SGB V).

Mehr Informationen zum Patientenrechtegesetz finden Sie auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums.

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