Abhilfeklage: So setzen Sie Ihre Rechte mit der neuen Sammelklage durch

Stand:
Die Abhilfeklage erweitert die Möglichkeit zur kollektiven Klage in Deutschland. Die Verbraucherzentralen können nun Ansprüche von Verbraucher:innen gebündelt gegen Unternehmen durchsetzen.
Viele Menschen reichen gemeinsam eine Sammelklage ein.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Verbraucherverbände und Verbraucherzentralen können mit der Abhilfeklage für eine Vielzahl von Verbraucher:innen vor Gericht klagen und so gegen ein Unternehmen vorgehen.
  • Mit der Abhilfeklage können wir nun die Rechte von Verbraucher:innen gemeinsam durchsetzen. Das können beispielsweise Schadensersatz-, Reparatur- oder Ersatzlieferungsansprüche sein.
  • Anders als bei bisherigen kollektiven Klagemöglichkeiten wird im Fall einer erfolgreichen Abhilfeklage das Geld direkt an die Verbraucher:innen ausgezahlt.
  • Um eine Abhilfeklage einzureichen, müssen mindestens 50 Verbraucher:innen betroffen sein.
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Was ist die Abhilfeklage?

Mit der Abhilfeklage wird eine EU-rechtliche Vorgabe umgesetzt, die es Verbraucherzentralen erleichtert, die Rechte von Verbraucher:innen durchzusetzen. Sie soll gemeinsame Klagen gegen Konzerne und die Durchsetzung von Massenschäden vereinfachen. Verbraucherzentralen können un endlich direkt Entschädigungen für viele Verbraucher:innen gesammelt einklagen. Die Abhilfeklage wird oft auch Verbands- oder Sammelklage genannt.

Welche Vorteile bietet die Abhilfeklage?

Nicht alle Betroffenen müssen selbst klagen. Stattdessen können Sie sich durch die Anmeldung in einem Klageregister, etwa bei einer von der Verbraucherzentrale eingereichten Klage, anschließen. So können Sie zum Beispiel

  • Schadensersatz-,
  • Reparatur- oder
  • Ersatzlieferungsansprüche

gemeinsam geltend machen. Auf diesem Wege werden Ihre Verbraucherrechte besser geschützt.

Die Abhilfeklage lohnt sich auch dann, wenn es nur um geringe Beträge geht. Oft ist eine Klage sonst aufgrund hoher Prozesskosten nicht praktikabel.

Außerdem wird so die Justiz entlastet, weil nicht mehr alle Betroffenen einzeln klagen müssen.

Wann kann eine Abhilfeklage helfen?

Durch rechtswidrige Geschäftspraktiken von Unternehmen werden oft viele Verbraucher:innen gleichzeitig geschädigt. Beispiele aus der Vergangenheit sind etwa der Dieselskandal, unzulässige Preiserhöhungen oder Vertragskündigungen. Durch die Abhilfeklage können Betroffene nun gleichartige Leistungsansprüche gemeinsam gegen ein Unternehmen unmittelbar gerichtlich einklagen.

Sie können dabei nicht nur auf Schadensersatz klagen, sondern beispielsweise auch auf:

  • Vertragsauflösung
  • gegen eine Vertragskündigung
  • Reparatur oder Ersatzlieferung
  • Preisminderung
  • Kaufpreiserstattung

So können Sie auch Entschädigungsansprüche wegen der Annullierung eines Fluges geltend machen oder Ansprüche auf die Nachzahlung von Zinsen wegen einer unwirksamen Vertragsklausel einer Bank.

Sammelklage erklärt

Was ist der Unterschied zur Musterfeststellungsklage?

Bereits seit 2018 haben Sie mit der Musterfeststellungsklage die Möglichkeit, kollektiv mit Hilfe von Verbraucherverbänden gegen Unternehmen vorzugehen. Das Verfahren bei der Musterfeststellungsklage kann mit einem Vergleich oder einem Urteil enden.

  1. Vergleich:
    Bei einem Vergleich erhalten die Teilnehmenden direkt eine Entschädigung.
  2. Urteil:
    Bei einem Urteil stellt das Gericht den Sachverhalt fest und gibt eine verbindliche rechtliche Einordnung ab.

Der Nachteil der Musterfeststellungsklage liegt damit auf der Hand: Unternehmen werden durch das Urteil erstmal zu keiner Handlung oder Unterlassung verpflichtet. Und: Sie müssen Ihre Rechte immer noch individuell vor einem Gericht geltend machen, wobei die Feststellungen der Musterfeststellungsklage für das Gericht bindend sind.

Die nun eingeführte Abhilfeklage soll das ändern.

Weitere Fragen zur Abhilfeklage

Abhilfeklage: Wer darf klagen?

Die Abhilfeklage können qualifizierte Verbraucherverbände einreichen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das Bundesjustizamt führt hierzu eine Liste qualifizierter Einrichtungen nach dem Unterlassungsklagen-Gesetz. Die Verbraucherzentralen erfüllen diese Voraussetzungen.

Zudem können deutsche Verbraucherverbände die Abhilfeklage in einem anderen Mitgliedstaat einreichen. Das ist dann wichtig, wenn das Unternehmen, welches gegen geltendes EU-Recht verstößt, seinen Firmensitz nicht in Deutschland hat.

Was sind die Voraussetzungen für eine Abhilfeklage?

Voraussetzung dafür, dass eine Abhilfeklage eingereicht werden kann ist, dass mindestens 50 Verbraucher:innen betroffen sind.

Tipp: Geplante und aktuell laufende Verfahren finden Sie unter: https://www.sammelklagen.de/

Was sind zuständige Gerichte für eine Abhilfeklage?

Zuständig für diese Klagen sind die Oberlandesgerichte. Die Klage ist bei dem Oberlandesgericht, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, einzureichen.

Wie kann ich mich an der Abhilfeklage beteiligen?

Ist eine Abhilfeklage zulässig, wird durch das Bundesamt für Justiz das Klageregister eröffnet. Wollen Sie sich der Klage anschließen, können Sie Ihre Ansprüche dann durch eine Eintragung in das Register anmelden.

Anschließen darf sich nur, wer einen gleichartigen Anspruch gegenüber dem Unternehmen hat, wie er in der Abhilfeklage geltend gemacht wird. Die Anmeldung muss mindestens in Textform erfolgen.

Wichtig zu wissen: Wenn Sie sich an einer Abhilfeklage beteiligen möchten, müssen Sie sich bis zum Ablauf von 3 Wochen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eintragen haben. Danach ist eine Beteiligung an der Klage nicht mehr möglich!

Tipp: Informieren Sie sich auf den Webseiten qualifizierter Verbraucherorganisationen, der Verbraucherzentralen oder über allgemeine Medien über den Stand des Verfahrens!

Haben Sie sich an der Abhilfeklage beteiligt, können Sie nicht mehr separat gegen das Unternehmen klagen. Sie können sich jedoch wieder von der Abhilfeklage abmelden und dann den eigenen Rechtsweg einschlagen. Eine Abmeldung ist ebenfalls bis zum Ablauf von 3 Wochen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung möglich.

Ablauf der Abhilfeklage: Wie geht es weiter?
  1. Ist das Gericht der Ansicht, dass die Klage berechtigt ist, erlässt es ein entsprechendes Urteil, das sogenannte Abhilfegrundurteil. Hier stellt das Gericht fest, ob ein kollektiver Gesamtbetrag oder eine Leistung, die kein Geld umfasst, durch den Unternehmer zu begleichen ist. Weiter entscheidet das Gericht dann, nach welchen konkreten Voraussetzungen die beteiligten Verbraucher:innen anspruchsberechtigt sind und welche Nachweise sie hierfür erbringen müssen.
  2. Wird mit der Klage ein kollektiver Gesamtbetrag geltend gemacht, entscheidet das Gericht, wieviel Geld jedem Beteiligten zusteht bzw. wie der Betrag auf die beteiligten Verbraucher:innen aufzuteilen ist.
  3. Zudem fordert das Gericht die Parteien auf, einen Vergleich zu finden, wie das Abhilfegrundurteil konkret umgesetzt werden kann. Finden die Parteien hier keinen gemeinsamen Nenner, erlässt das Gericht ein weiteres Urteil, das sogenannte Abhilfeendurteil. Dann setzt das Gericht das Verfahren fort und bestimmt selbst, wie das Urteil umzusetzen ist. Es werden dann dafür Sachverwalter:innen eingesetzt.
  4. Die Sachverwalter:innen verteilen dann das Geld nach den Vorgaben des Endurteils an die Personen, die sich über das Klageregister angemeldet haben. Sie bilden dafür zunächst einen Umsetzungsfonds, aus Zahlungen des verurteilten Unternehmers bzw. der verurteilten Unternehmerin. Zudem trägt dieser die Kosten der Sachverwalter:innen.

Weitere Aufgaben der Sachverwalter:innen sind:

  • Einfordern relevanter Nachweise von Verbraucher:innen, die sich im Klageregister eingetragen haben.
  • Mitteilung an die betroffenen Verbraucher:innen, ob der geltend gemachte Anspruch berechtigt ist.
    Hinweis: Sind Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden, können Sie binnen 4 Wochen Widerspruch dagegen einlegen.
  • Mitteilung an das Gericht über die Beendigung des Umsetzungsverfahrens und Erstellen eines Abschlussberichtes.

vzbv-Statement zur EU-Verbandsklage

Der Bundesverband Verbraucherzentrale (vzbv) begrüßt unter anderem den späteren Anmeldeschluss und praktikable Zulässigkeitshürden. Die Verjährung hätte jedoch verbraucherfreundlicher geregelt werden können.

Die genaue Bewertung des vzbv finden Sie hier. Dort finden Sie auch Informationen zu laufenden Verfahren, Aufrufen und möglichen Beteiligungen.

 

Verbandsklage-Verfahren der Verbraucherzentralen und des vzbv finden Sie hier im Überblick.

 

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Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen.