Dynamische Stromtarife: Für wen es sich lohnt und worauf Sie achten sollten

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Immer mehr Stromanbieter bieten dynamische Tarife an. Das Besondere an den Tarifen: Der Preis ist nicht fest, sondern ändert sich in Abhängigkeit vom Börsenpreis, in der Regel stündlich. Wie funktionieren dynamische Stromtarife und worauf sollten Sie vor Abschluss eines Vertrages achten?
Stromtarif über Strommast

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bei dynamischen Stromtarifen richtet sich der Arbeitspreis, der Preis in Cent pro Kilowattstunde, nach dem Börsenpreis.
  • Verbraucher:innen tragen das Risiko stark schwankender Strompreise. Für normale Haushaltsstromkunden sind die Tarife in der Regel nicht empfehlenswert.
  • Mehrwert können die Tarife für Haushalte mit hohen und zeitlich flexiblen Verbräuchen haben, zum Beispiel für Haushalte mit Elektroauto, Wärmepumpe oder Batteriespeicher.
  • Um die Tarife nutzen zu können, ist statt eines normalen Stromzählers ein intelligentes Messsystem, umgangssprachlich ein "Smart Meter", notwendig.
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Was sind dynamische Stromtarife?

Normale Stromtarife bestehen aus einem fix vereinbarten Grundpreis, gemessen in Euro pro Jahr, und einem fixen Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde. Dynamische Stromtarife hingegen haben keinen festen Arbeitspreis.

Die Arbeitspreise sind an die Preise des Großhandels gekoppelt, genau genommen an den "EPEX Spot Markt". Am Spotmarkt wird noch gehandelt, kurz bevor der Strom benötigt wird, zum Beispiel nur wenige Stunden oder einen Tag vor der Stromlieferung. Dynamische Stromtarife sind in der Regel an den Day-Ahead-Markt gekoppelt, das ist eine Unterform des Spotmarktes. Dort wird zu sich stündlich ändernden Preisen heute Strom gehandelt, der morgen geliefert wird.

Das bedeutet, dass Stromanbieter einen Tag vor der Lieferung des Stroms die Preise für die Stunden des nächsten Tages kennen und auch bekannt geben. Für Verbraucher:innen ändern sich damit stündlich die Preise und jeder Tag ist verschieden.

Viele Anbieter stellen die Börsenpreise mittags am Vortag über ihre Internetseite oder in einer App zur Verfügung. Die Definition von dynamischen Tarifen ist in §3 Nr. 31d des Energiewirtschaftsgesetzes zu finden.

Es gibt außerdem variable Tarife, also Tarife, die keinen feststehenden Arbeitspreis haben. Diese Tarife sind allerdings keine „echten“ dynamischen Tarife. Häufig sind auf Vergleichsportalen bspw. variable Tarife zu finden, die ihre Arbeitspreise monatlich ändern, ebenfalls in Abhängigkeit vom Börsenpreis. Mehr Informationen dazu finden Sie im Abschnitt „Wie unterscheiden sich dynamische Tarife von klassischen Tarifen und anderen variablen Tarifen?“

Wie finde ich dynamische Tarife?

Einige Tarife lassen sich über die klassischen Vergleichsportale finden. Anders als bei Festpreistarifen sind die dort ausgewiesenen Preise allerdings nicht aussagekräftig, da sie sich ab dem zweiten Monat ändern. Auch die Gebühr der Anbieter wird nicht ausgewiesen, sie ist Teil des Grundpreises. 

Zudem lässt sich nicht erkennen, ob es sich tatsächlich um einen dynamischen Tarif, dessen Preise sich stündlich ändern, handelt. Es können auch Tarife sein, deren Preise sich monatlich in Abhängigkeit des Börsenpreisniveaus ändern. Es ist daher notwendig, auf die Internetseite der Anbieter zu gehen, um das Modell eines jeden Anbieters genau zu verstehen. 

Nutzen Sie Vergleichsportale, um überhaupt Anbieter zu finden. Dem Ranking sollten Sie jedoch keine große Beachtung schenken.

Teilhabe an der Energiewende durch dynamische Stromtarife

Die zunehmende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne führt zu stärker schwankenden und auch niedrigeren Börsenpreisen. Bisher profitieren Verbraucher:innen nicht direkt von diesen niedrigen Preisen. Denn selbst wenn Sie zum Beispiel die Waschmaschine nutzen, wenn gerade viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, bringt das finanziell keinen Vorteil.

Durch dynamische Tarife werden Verbraucher:innen für flexibles Verbrauchsverhalten belohnt und können gleichzeitig einen Beitrag zur Energiewende leisten. Dynamische Tarife sind daher auch ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Nachfrage. 

 

 

Wie unterscheiden sich dynamische Tarife von klassischen Tarifen und anderen variablen Tarifen?

Das sind die Hauptunterschiede:

  • Dynamische Tarife haben einen variablen Arbeitspreis. Verbraucher:innen tragen das Risiko hoher Börsenpreise alleine. Dafür profitieren sie aber auch von niedrigen Börsenpreisen.
  • Klassische Stromtarife sind Festpreistarife. Dabei übernehmen Stromanbieter das Risiko schwankender Preise. Dieses Risiko preisen Stromanbieter allerdings in die Verbraucherpreise ein. Preise gelten als vereinbart, das heißt, Verbraucher:innen profitieren nicht von sinkenden Preisen.

Dynamische Tarife schaffen Anreize, den Verbrauch in Zeiten niedriger Preise zu verlagern und sich damit marktdienlich zu verhalten. Marktdienlich kann zum Beispiel bedeuten, etwas zur optimalen Stromnetzauslastung beizutragen. Es können allerdings nur Haushalte mit E-Auto, Batteriespeicher oder Wärmepumpe einen entscheidenden Teil ihrer Last überhaupt verlagern. Für „normale“ Haushaltskunden überwiegt das Risiko steigender Preise die Vorteile bei weitem.

Für dynamische Tarife wird außerdem ein intelligentes Messsystem benötigt. Das ist ein besonderer Stromzähler, der Daten senden und empfangen kann. Der Stromverbrauch eines Tages wird über diesen Zähler, aufgeteilt in 15-minütige Intervalle, einmal täglich an den Messstellenbetreiber gesendet.

Die Funktionsweise und Ausgestaltung dynamischer Tarife ist oft komplex und schwerer verständlich als bei normalen Stromtarifen.

Wie funktioniert das Preissystem bei dynamischen Tarifen?

Der Preis von dynamischen Tarifen setzt sich in der Regel aus einem festen monatlichen Grundpreis und einem dynamischen Arbeitspreis zusammen.

Die meisten Stromanbieter finanzieren sich über eine fixe monatliche Gebühr, die die Marge für den Anbieter enthält. Zusätzlich wird von einigen Anbietern eine auf den Arbeitspreis aufgeschlagene Gebühr erhoben. Die "Gebühren" für den Anbieter sind ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen den Anbietern.

Der Arbeitspreis ist verbrauchsabhängig, wird in Cent pro Kilowattstunde abgerechnet und ist teilweise dynamisch. Teilweise deswegen, weil sich der Arbeitspreis aus mehreren unterschiedlichen Bestandteilen zusammensetzt. Der einzig dynamische Teil eines Tarifs ist der Börsenpreis. Alle anderen Preisbestandteile stehen fest. 

Die feststehenden Preisbestandteile beim Arbeitspreis sind die Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte. Diese machen in der Regel den größten Anteil am Arbeitspreis aus. Hierbei kann es wegen regional unterschiedlicher Netzentgelte deutliche Abweichungen geben. Daher unterscheiden sich auch die Preise eines Anbieters je nach Wohnort. 

Dynamischer Stromtarif - Zusammensetzung

Quelle: Verbraucherzentrale NRW

Da der größte Teil des Arbeitspreises fix ist, haben Sie in der Regel auch dann Kosten pro Kilowattstunde, wenn der Börsenpreis zeitweilig negativ ist. Dazu kann es kommen, wenn es ein Überangebot von Strom gibt. Das bedeutet dann tatsächlich, dass ein Stromkäufer Geld für die Abnahme von Strommengen bekommt.

Dynamischer Stromtarif - Vergleich

Quelle: Verbraucherzentrale NRW

Wie verlaufen Strombörsenpreise am Spotmarkt?

Der Verlauf der Börsenpreise innerhalb eines typischen Werktages ähnelt meist der Form eines "M": Morgens gegen 8 Uhr und abends gegen 18 Uhr sind die Preise häufig am höchsten. Zu diesen Zeiten wird viel Strom verbraucht, gleichzeitig wird nur wenig oder gar kein Strom mit Photovoltaikanlagen erzeugt. Mittags und nachmittags sowie nachts sind die Preise häufig niedriger.

Am Wochenende sieht der Preisverlauf typischerweise etwas anders aus: Hier sind ebenfalls häufig abends die Preise am höchsten, an sonnigen Tagen gibt es mittags ein Preistief. Ein ausgeprägtes Preishoch am Morgen, wie an Werktagen, gehört nicht zum typischen Preisverlauf. Am Wochenende sind die Börsenpreise durchschnittlich etwas niedriger.

Wichtig zu wissen: Die Preise ändern sich jeden Tag und es gibt deutliche Abweichungen von diesem typischen Verlauf. An Tagen mit viel Wind und Sonne können die Preise recht niedrig sein und an Tagen mit wenig Wind und Sonne sehr hoch. Zudem beeinflussen weitere Faktoren das Preisniveau, beispielsweise ein zu geringes Angebot an Gas wie in der Energiekrise oder auch ein zu geringes Stromangebot im Ausland. 

Auch eine Veränderung der Nachfrage beeinflusst die Preise. Wie hoch die "Day-Ahead-Preise" heute sind und in der Vergangenheit waren, können Sie anhand von Grafiken der Bundesnetzagentur nachvollziehen. Dies lässt allerdings nur begrenzt Rückschlüsse auf die Zukunft zu.

 

Wie werden stündliche Preisveränderungen abgerechnet?

Um die stündlichen Preisveränderungen genau abrechnen zu können, ist ein intelligentes Messsystem, umgangssprachlich „Smart Meter“, erforderlich. Dieses übermittelt einmal täglich viertelstündliche Verbrauchsdaten an den Messstellenbetreiber.

Ab 2025 kann jeder Haushalt den Einbau eines intelligenten Messsystems verlangen. Dieses muss dann innerhalb von vier Monaten vom zuständigen Messstellenbetreiber installiert werden. 

Die jährlichen Kosten für ein intelligentes Messsystem betragen für Haushalte bis 10.000 Kilowattstunden Stromverbrauch 20 Euro pro Jahr und für Haushalte mit Wärmepumpe und Elektroauto-Ladestation 50 Euro pro Jahr. Die vorzeitige Ausstattung kostet zusätzlich einmalig 30 Euro. 

Gut zu wissen: Ein digitaler Stromzähler ist noch nicht gleich ein intelligentes Messsystem, sondern eine moderne Messeinrichtung. Erst durch Aufsetzen eines sogenannten Gateway, gemeint ist eine Kommunikationseinheit für Datenaustausch, wird die moderne Messeinrichtung zum intelligenten Messsystem, also Smart Meter. 

Monatliche Abrechnungsinformation und Abschläge

Intelligente Messsysteme melden die Zählerstände automatisch an den Messstellenbetreiber. Ein Abschlag ist bei dynamischen Tarifen nicht erforderlich. Eine Abrechnungsinformation muss laut Energiewirtschaftsgesetz monatlich für alle Haushalte mit intelligentem Messsystem erfolgen.

Kurze Vertragslaufzeit empfehlenswert

Sofern Sie sich für einen dynamischen Tarif entscheiden, sollten Sie auf eine kurze Vertragslaufzeit achten. Wenn sich der Tarif als nicht passend herausstellt, ist ein schneller Wechsel in einen Festpreistarif möglich. Die meisten aktuell am Markt befindlichen dynamischen Tarife haben kurze Vertragslaufzeiten, es gibt allerdings vereinzelt auch dynamische Tarife mit einer Mindestlaufzeit von bis zu einem Jahr.

Monatlich variable Tarife

Das Energiewirtschaftsgesetz versteht unter dynamischen Tarifen ausschließlich Tarife, bei denen die Preise des Spotmarktes in den gleichen Abrechnungsintervallen direkt an Verbraucher:innen weitergegeben werden. Auf dem Markt gibt es allerdings auch Tarife, deren Preis sich monatlich in Abhängigkeit vom Börsenpreis ändert. Bei diesen Tarifen wird ein Durchschnitt des Börsenpreises des letzten Monats gebildet, welcher dann der Arbeitspreis ist, den Sie zahlen müssen. Die Tarife schaffen keinen Anreiz, Last zu verlagern und kommen ohne intelligentes Messsystem aus. Diese Tarife arbeiten teilweise noch mit Abschlägen, zudem ist eine Abrechnung spätestens nach einem Jahr erforderlich. 

Variable Tarife, also Tarife, die zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Preise haben und Anreize setzen, sind nichts Neues. Für Geräte wie die Nachtspeicherheizung und Wärmepumpen werden variable Tarife schon lange genutzt. Hier stehen die (Lade)Zeiten und Preise allerdings für jeden Tag fest.

Gut zu wissen: Ab dem 1. Januar 2025 müssen alle Stromanbieter Stromkund:innen mit intelligentem Messsystem einen dynamischen Tarif anbieten. Stromanbieter müssen dabei umfassend über die Kosten sowie die Vorteile und Nachteile eines Tarifs informieren.

Checkliste vor der Wahl eines dynamischen Tarifs

Das sollten Sie beachten, bevor Sie einen Vertrag abschließen:

  • Versuchen Sie abzuschätzen, wie gut Ihre Möglichkeiten zum Verschieben Ihres Stromverbrauchs sind.
  • Wie hoch ist die Gebühr für den Anbieter? Neben einem fixen monatlichen Preis gibt es häufig zusätzlich einen Aufschlag auf den Arbeitspreis. Suchen Sie gezielt nach der Gebühr, denn sie ist der zentrale Unterschied zwischen verschiedenen dynamischen Tarifen.
  • Schauen Sie sich die Preisentwicklung der Börsenpreise im Tagesverlauf für zurückliegende Zeiträume an.
  • Ist bei Ihnen ein intelligentes Messsystem des zuständigen Messstellenbetreibers verfügbar? Bei intelligenten Messsystemen anderer Dienstleister können höhere Kosten anfallen, die gesetzlichen Preisobergrenzen gelten dann nicht. Beachten Sie: Ab Januar 2025 muss Ihnen Ihr grundzuständiger Messstellenbetreiber ein intelligentes Messsystem auf Ihren Wunsch hin einbauen.
  • Prüfen Sie, wie, wann und wo Sie die Preise für den nächsten Tag abrufen können.
  • Achten Sie auf die Laufzeit des Tarifs. Die meisten Tarife sind monatlich kündbar. Es gibt aber auch Tarife mit 12 Monaten Laufzeit. Davon raten die Verbraucherzentralen ab.
  • Sprechen Sie Ihren Anbieter an, wenn Sie Fragen haben.
  • Vorsicht vor unseriösen Werbeversprechen wie "bis zu 500 € Ersparnis pro Jahr" oder Ähnlichem, die nicht realistisch sind. Auch das Werben mit negativen Börsenpreisen ist weit verbreitet und vernachlässigt, dass Umlagen, Netzentgelte und Abgaben weiterhin zu zahlen sind.
  • Wer eine steuerbare Verbrauchseinrichtung wie eine Wärmepumpe oder ein Elektroauto hat, profitiert von reduzierten Netzentgelten. Diese Regelung nach §14a EnWG besteht komplett losgelöst von dynamischen Stromtarifen und stellt keinen Vorteil eines dynamischen Tarifs dar.
  • Einige Tarife werden nur zusammen mit Hardware, etwa Batteriespeicher, Photovoltaikanlage oder Energiemanagementsystem, angeboten. Solche Bündelangebote sollten Sie besonders kritisch prüfen. 

Vorteile & Nachteile von dynamischen Tarifen im Überblick

VorteileNachteile
Günstige Börsenpreise wirken sich direkt auf Verbraucherpreise aus.Das Preisrisiko liegt komplett bei den Verbraucher:innen.
Verbraucher:innen können von den positiven Effekten der Energiewende profitieren und an ihr teilhaben.Der wirtschaftliche Nutzen ist nur schwer abschätzbar.
Marktdienliches Verbrauchsverhalten: Stromverbrauch bei einem hohen Angebot an erneuerbaren Energien.Die Tarife sind sehr komplex, sehr unterschiedlich, schwer zu verstehen und schwer zu vergleichen.
Transparenz der Marge des Anbieters, die sonst im Strompreis eingepreist und nicht offen erkennbar ist.Ein intelligentes Messsystem ist notwendig.
 
Keine Abschläge, daher keine Probleme mit Auszahlung von Guthaben bei Jahresrechnung und Insolvenz, ebenso keine hohen Rückzahlungen.Eine Verbrauchssteuerung und -planung entsprechend der Börsenpreise ist sinnvoll. Dazu ist weitere Hardware (oder viel Zeit) erforderlich.
Die meisten Verträge haben sehr kurze Vertragslaufzeiten.Keine Abschläge: Die Stromkosten sind wenig planbar, es gibt wahrscheinlich Monate mit hohen und andere mit niedrigen Kosten.

Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.

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