App-Test »Emyze«: Erst das Wissen, dann der Klimaschutz!

Stand:
"Emyze" überrascht nicht nur mit einem schwer auszusprechenden Namen, sondern auch mit dem Ehrgeiz, Nutzerinnen und Nutzer durch umfassende Informationen zur Verschlankung des eigenen CO2-Fußabdrucks zu ermächtigen. Wir prüfen, ob die App dieses Versprechen einlösen kann.
Illustration des Buchstaben "e" (Logo der App "Emyze") mit Blättern

Emyze möchte wirklich alles besser machen als vergleichbare Angebote, mit denen Verbraucherinnen und Verbraucher ihre täglichen CO2-Emissionen überwachen und senken können. Nicht nur Mobilität, Ernährung und Energieversorgung hat die App im Blick, sondern erfasst auf Wunsch so gut wie jeden alltäglichen Handgriff und jede Gewohnheit, die Einfluss auf unsere individuelle Klimabilanz hat. Von der Dauer der morgendlichen Dusche bis zum abendlichen Streaming-Programm kann alles getracked und mit dem monatlichen CO2-Budget verrechnet werden, das es einzuhalten gilt. Was genau die Folgen sind, wenn man dieses überzieht, erklärt die App ebenfalls. Übrigens genauso wie die Aussprache des Namens Emyze, nämlich "Ih-Mais". Dabei sind die vertonten Videos und Animationen hilfreich, mit denen der Anbieter seine App zu Beginn vorstellt. Eine hilfreiche Maßnahme, denn die App platzt geradezu vor Ideen und Funktionen.  

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Name: Emyze - dein CO2 verstehen (Google Play) | Emyze. All in for less (Apple App Store)
Anbieter: Mother Nature GmbH (emyze.com)
Kategorie: Digitale Welt | Umwelt & Haushalt | Energie | Reise & Mobilität
Zielgruppe: Erwachsene
Betriebssystem: iOS | Android
Preis: kostenlos
Links: Apple App Store | Google Play Store

Lohnender Klimaschutz-Crashkurs

So einladend die professionelle und zeitgemäße Optik von Emyze auch ist, kann sie doch nicht verschleiern, wie komplex die Herausforderungen an effektiven Klimaschutz sind. Nicht etwa, dass der Anbieter, das junge Berliner Unternehmen (The Mother Earth), dies im Sinn hat. Die Vielschichtigkeit der in der App vermittelten Informationen und Maßnahmen werten wir durchaus als Plus. Zumindest solange, wie Emyze all unsere Fragen beantwortet, die wir im Laufe der Nutzung haben. Nach dem Download steht aber zunächst die obligatorische Registrierung an, für die man zugunsten der Datensparsamkeit auf die eigene E-Mail-Adresse anstatt auf ein Google- oder Apple-Profil setzen sollte. In den AGB und Datenschutzbestimmungen fielen uns mit Ausnahme des Trackings eines Werbeanbieters keine kritischen Inhalte auf. Anschließend warten mehrere kurze Tutorials darauf, angehende CO2-Sparer:innen in die in wichtigsten Fachbegriffe und Funktionen einzuweisen. Dies geschieht in Form von Videos, Infografiken, persönlicher Ansprache des Emyze-Teams und mal mehr, mal weniger kurzen Texten. Eine ganze Menge an Informationen, die allerdings so attraktiv und teils verspielt aufbereitet ist, dass man sich gerne davon umgarnen lässt.

Ein Emissionsprofil mit Liebe zum Detail

Nachdem wir uns durch die einführenden Infokacheln auf der Startseite geguckt und gelesen haben, gilt es, das persönliche Emissionsprofil zu erstellen. Emyze nimmt es dabei sehr genau und zeigt spätestens hier, dass sich die App an ambitionierte Klimaschützer:innen wendet. Als Grundlage und Zielsetzung aller in der App erfassten Gewohnheiten und Handlungen dient das individuelle CO2-Budget von 208 kg je Monat. Dies ist die durchschnittliche Menge an Treibhaus-Emissionen, die in Deutschland lebende Menschen nicht überschreiten dürfen, wenn das bei der Pariser Klimakonferenz 2015 beschlossene Klimaziel von maximal 1,75°C globaler Erwärmung bis 2050 erreicht werden soll. Da so gut wie alles in unserem privaten wie beruflichen Alltag schädliche Emissionen verursacht, ist die Errechnung eines belastbaren Werts für das eigene CO2-Profil nur möglich, wenn die zahlreichen Faktoren möglichst ausnahmslos erfasst werden. Über den mit einem "Plus" gekennzeichneten Menüpunkt kann man innerhalb der Kategorien "Ernährung", "Zuhause & Büro", "Mobilität", "Shopping" und "Freizeit & Digitales" zahlreiche Alltagsroutinen erfassen, die mit dem eigenen CO2-Budget verrechnet werden. Jenseits naheliegender Faktoren wie Heizen, Fleischkonsum und ÖPNV-Nutzung kann man hier auch Angaben zur täglichen Internetnutzung, Haustieren, Kaffeezubereitung und Verbrauch von Toilettenpapier machen. Bei jedem dieser und Dutzender weiterer Konsumgewohnheiten sind weitere qualitative Unterscheidungen wichtig: Browsen im Internet oder Streaming von Videos? Katzen, Hunde oder Nager? Filterkaffee, Siebträger oder Kapselmaschine? Recycling- oder Normalpapier? Und natürlich: Wie häufig oder über welchen Zeitraum geht man diesen Gewohnheiten nach? Emyze gibt Nutzer:innen dabei bestimmte Eintragungen durch eine Sortierung vor, alternativ kann man sich aber auch alle Menüpunkte alphabetisch anzeigen lassen.

 

Beispielhafte Screenshots der Klimaschutz-App "Emyze"
Der Startscreen bietet täglich aktualisierte Beiträge rund um Klimawandel und Klimaschutz (Abb.1). Das individuelle CO2-Budget wird mit Details zu Energieverbrauch, Mobilität und Ernährung befüllt (Abb.2). Auch für mehr oder weniger ungewöhnliche Freizeitaktivitäten errechnet die App Emissionswerte (Abb.3). Überall, wo es darauf ankommt, finden Nutzer:innen weiterführende Informationen (Abb.4). (Quelle: Screenshots)

Futter gegen Wissenshunger

Überschreitet man - basierend auf den eigenen Eintragungen - das individuelle CO2-Budget von 208 kg monatlich, bietet Emyze zahlreiche und mit Quellen belegte Informationen zum Einsparen. Diese umfassen im Falle von Ressourcen wie Gas, Strom oder Wasser auch Angaben zu Verbrauchskosten. Sparfüchse erfahren hier quasi nebenbei, dass beispielsweise die Spielekonsole eines Herstellers deutlich "energiehungriger"und somit teurer im Betrieb ist als die der Konkurrenz. Solch überraschendem Wissen begegnet man in der App an jeder Stelle. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass die CO2-Emissionen durch den eigenen Stromverbrauch zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich hoch sind. Ein Fingertipp unterhalb der Statistik führt zu weiteren Informationen, die verständlich aufbereitet und ansprechend illustriert sind. Umfassendere Antworten zu grundsätzlichen Fragen rund um den eigenen Beitrag zum Klimaschutz beantworten die regelmäßig aktualisierten Infokacheln auf der Startseite, beispielsweise zur Definition des sogenannten CO2-Fußabdrucks und Mobilität. Auch bei letzterem zeigt sich das im besten Sinne nerdige Interesse des App-Anbieters, geht es doch im Beitrag um viel mehr als Elektroautos, Benziner, Bus und Bahn, sondern auch um sichere und warme Kleidung für Fußwege und Radfahrten.

Fazit

Vor einer Klimaschutz-App wie dieser muss man Hochachtung haben. Emyze gibt keine schnellen Antworten und Tipps zur Bekämpfung des Klimawandels, sondern will seine Verbraucherinnen und Verbraucher durch ein großes Informationsangebot dazu ermächtigen, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen und Maßnahmen zu ergreifen. Diesem Ehrgeiz wird die App auch ohne unmittelbar befriedigende Belohnungssysteme wie Prämien und Highscores gerecht. Eine ausgeprägte Begeisterung für einen klimafreundlichen Lebenswandel setzt Emyze aber voraus. Gelegenheitsnutzer:innen könnten sich von der Menge an Inhalten überfordert fühlen, da es gelegentlich an Übersicht und Bedienkomfort mangelt. Zumindest eine Suchfunktion wäre angesichts der weit über hundert Emissionsfaktoren zur Errechnung des CO2-Budgets wünschenswert. Und die Trackingfunktion mit einer wöchentlichen Übersicht der eigenen Klimabilanz ist erst durch vertikales Scrollen auf dem Startscreen zu finden und damit leicht zu übersehen. Den positiven Gesamteindruck schmälern diese in einer zukünftigen Version der App hoffentlich beseitigten Kritikpunkte aber kaum.

Handhabung 3 Sterne
Spaß 3 Sterne
Mehrwert 5 Sterne
Motivation 5 Sterne
Datensparsamkeit 4 Sterne
Gesamtwertung 4 Sterne

Haben Sie Hinweise, Korrekturen oder sonstiges Feedback zu unserem App-Test? Ich freue mich über Ihre E-Mail an lohmeier[at]vz-bln.de. Danke für Ihr Interesse! (Patrick Lohmeier)

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