Podcast: Was macht die SCHUFA mit meinen Daten?

Stand:
Eine Transparenzoffensive hatte die SCHUFA im letzten Jahr angekündigt. Dabei soll auch die App 'bonify' helfen, mit der sich Verbraucher:innen kostenlos über ihre Kreditwürdigkeit informieren können. Aber wie viel ist dran an den guten Vorsätzen der seit Jahren in der Kritik stehenden Auskunftei?
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Darum geht es:

Wie kommt die SCHUFA an unsere Daten, was macht sie damit und wo sollte sie gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern transparenter sein?

Zuletzt hatte sich Bundesministerin Steffi Lemke wiederholt kritisch hinsichtlich der mangelnden Transparenz der SCHUFA Holding im Umgang mit Verbraucherdaten geäußert. Aber auch die Verbraucherzentralen kritisieren seit langer Zeit unter anderem, dass es das Unternehmen immer noch unnötig schwer macht, den persönlichen SCHUFA-Eintrag kostenlos abzufragen und zu korrigieren, obwohl man ein Recht darauf habe. In unserem ausführlichen Gespräch beleuchten wir die Arbeitsweise der SCHUFA und anderer Auskunfteien, erläutern Vor- und Nachteile von Bonitätsprüfungen vor Vertragsschlüssen und Ratenzahlungen, gehen dem kryptischen SCHUFA Score auf den Grund und benennen Ihre Rechte gegenüber dem Anbieter.

Diesmal zu Gast: Christine Steffen, Juristin in der Gruppe Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen

genau genommen - Der Podcast der Verbraucherzentralen wird gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags.

Wir freuen uns über Lob, Kritik und Themenwünsche per E-Mail an podcast@vz-bln.de. Weitere Informationen finden Sie auf verbraucherzentrale.de.

 

Transkript

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Das folgende Transkript wurde mit Einsatz von Google Speech-to-Text API und ChatGPT v3.5 erstellt und anschließend auf Richtigkeit geprüft. Manche in der Podcastfolge getätigte Aussagen wurden zugunsten besserer Verständlichkeit gekürzt oder zusammengefasst, ohne deren Aussage zu verändern. Sollten Ihnen inhaltliche Fehler auffallen, mailen Sie bitte Ihre Hinweise an lohmeier@vz-bln.de (Patrick Lohmeier). Vielen Dank!

Intro:

Patrick Lohmeier: Schufa, Schufa, Schufa…. Da war doch was. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber die Schufa ist ein Unternehmen, über das ich mir schon mehrmals in meinem Leben jahrelang gar keine Gedanken gemacht habe und dann plötzlich wieder sehr, sehr viele. Zum Beispiel bei der Wohnungssuche. Oder wenn ich mich über einen Kredit informiere. Und das sind meistens keine besonders erfreulichen Gedanken. Aber tue ich dem Unternehmen da vielleicht sogar Unrecht. Welchen Mehrwert bietet die Schufa ihren Kunden, aber vielleicht auch uns Verbraucherinnen und Verbrauchern? Welche Informationen gelangen auf welchen Wegen zur Schufa und wieso sind wir von den Verbraucherzentralen der Meinung, dass über das Geschäft mit unseren Daten deutlich besser aufgeklärt werden müsste? Und was kann oder muss die Politik hier leisten? Meine Kollegin, Datenschutz-Expertin Christine Steffen kann solche Fragen mit einer gleichermaßen starken Haltung wie auch starken Fakten beantworten. Und das sollten Sie sich anhören in der heutigen Folge von genau genommen. Mein Name ist Patrick Lohmeier und ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung mit unserem Gespräch.

Expertengespräch:

Patrick Lohmeier: In dieser Folge wollen wir uns mit den Fragen beschäftigen, wie die Schufa eigentlich an unsere persönlichen Daten gelangt und was sie damit macht. Als Expertin begrüße ich meine Kollegin Christine Steffen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Hallo, Christine.

Christine Steffen: Hallo! Schön, dass ich dabei sein darf.

Patrick Lohmeier: Christine, könntest du uns zunächst etwas über deine Aufgaben und dein Fachgebiet bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erzählen?

Christine Steffen: Sicher, bei der Verbraucherzentrale NRW bin ich Juristin und zuständig für das Gebiet Digitales und Datenschutz als Referentin.

Patrick Lohmeier: Bevor wir uns auf die Schufa konzentrieren, lassen mich kurz auf den Begriff "Auskunfteien" eingehen. Dieser beschreibt einen ganzen Wirtschaftszweig, der eng mit der Schufa verknüpft ist. Könntest du uns zunächst erklären, was sich hinter diesem Begriff verbirgt und welche Unternehmen stehen dahinter?

Christine Steffen: Ja, das ist richtig. Oftmals denken Verbraucher fälschlicherweise, dass es sich bei Auskunfteien um Behörden oder staatlich beauftragte Institute handelt. Das ist jedoch nicht der Fall. Auskunfteien sind privatwirtschaftliche Unternehmen, die kommerziell tätig sind. Ihr Ziel ist es, Gewinne zu erzielen, und sie haben sich selbst die Aufgabe gestellt, die Wirtschaft davor zu schützen, Verträge mit Kunden abzuschließen, die am Ende die vereinbarten Zahlungen nicht leisten können.

Christine Steffen: Mit anderen Worten, Auskunfteien sorgen dafür, dass Unternehmen nur mit solchen Kunden Verträge abschließen, die sie auch finanziell bedienen können. Dies hat auch einen positiven Aspekt, da es Verbraucher vor Überschuldung schützt, indem sie keine Verträge eingehen, die sie nicht bezahlen können und dies kann zu einer negativen Spirale führen mit Folgen wie beispielsweise Wohnungsverlust und so weiter. In gewisser Weise schützt also das Auskunfteisystem die Verbraucher davor.

Patrick Lohmeier: Welche sind die bekanntesten Unternehmensnamen, die man in diesem Geschäftsfeld kennen sollte?

Christine Steffen: Am bekanntesten ist die Schufa, die vor allem für Verbraucher eine der wichtigsten ist. Daneben gibt es aber auch andere Auskunfteien, von denen man vielleicht noch nicht gehört hat, wie zum Beispiel infoscore, Creditreform, boniversum oder die CRIF. Für Verbraucher ist die Schufa jedoch die bedeutendste, da sie über die meisten Daten und Informationen zu privaten Kunden in Deutschland verfügt.

Patrick Lohmeier: Das ist wohl ein klassischer Fall, bei dem der Name eines Unternehmens bekannter ist als das Produkt, das es herstellt oder der Geschäftszweig, in dem es tätig ist. Ähnlich wie bei Produkten wie Tipp-Ex oder Tempo. Aber nun zu Schufa und den anderen Unternehmen in diesem Geschäftsfeld: Wie finanzieren sie sich? Zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher die Unternehmen, die sie beauftragen, oder wer finanziert sie?

Christine Steffen: Die Schufa finanziert sich größtenteils dadurch, dass sie Kooperationen mit Unternehmen eingeht. Das bedeutet, Unternehmen liefern Informationen an die Schufa und erhalten im Gegenzug Informationen über die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden. Zusätzlich bietet die Schufa inzwischen auch eigene Produkte für Verbraucher an, für die sie Gebühren erhebt. Das können Auskunftsdienste sein, für die einmalige Entgelte oder Abonnement-Modelle verlangt werden. Die Schufa hat auch Tochterunternehmen und hat ihr Geschäftsfeld vielfältig ausgebaut, bleibt jedoch im Kern auf die Bewertung der Bonität von Wirtschaftsbeteiligten ausgerichtet.

Patrick Lohmeier: Diese Bonität oder Kreditwürdigkeit bemisst sich also anhand des sogenannten Scores, wie ich vor unserem Gespräch recherchiert habe. Bevor wir tiefer ins Detail gehen, wie dieser Score zustande kommt, könntest du erklären, wofür dieser Score eigentlich benötigt wird?

Christine Steffen: Der Score ist in vielen Alltagssituationen von großer Bedeutung und kann eine entscheidende Rolle spielen. Zum Beispiel kann er beeinflussen, ob ich eine Wohnung mieten oder einen Kredit von einer Bank erhalten kann. Aber auch beim Bezahlen auf Rechnung in einem Onlineshop oder beim Abschluss eines Mobilfunk- oder Energieliefervertrags kann der Score eine Rolle spielen.

Christine Steffen: Allerdings müssen wir streng genommen über viele verschiedene Score-Werte sprechen, denn die Schufa berechnet nicht nur einen einzigen Score, sondern verschiedene Scores für verschiedene Branchen, teilweise sogar mehrere Score-Werte für denselben Bereich, wie Telekommunikation oder Banken. Hier liegt bereits ein erster Kritikpunkt, denn es ist für Verbraucher oft schwer nachvollziehbar, welcher Score in welcher Situation relevant ist und wie er überhaupt ermittelt wird.

Patrick Lohmeier: Kannst du trotzdem einen Wert nennen? Ich denke gerade an ein Interview mit Tanja Birkholz, der aktuellen Chefin der Schufa, das vor einigen Wochen veröffentlicht wurde. Sie wurde gleich zu Beginn gefragt, welchen Schufa-Score sie persönlich hat. Kannst du einen groben Wert nennen, bei dem man sagen kann, wenn man darunter fällt, wird es schwierig, Kredite zu bekommen, auf Rechnung zu zahlen oder Mobilfunkverträge abzuschließen?

Christine Steffen: Generell kann man sagen, dass das Scoring-System von 0 bis 100 reicht, wobei 100 der beste Score ist, den man erreichen kann. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass viele Menschen tatsächlich einen Wert von 100 erreichen. Im besten Fall liegt der Score bei 98 oder höher. Alles, was darunter liegt, kann problematisch werden. Ein Score unter 90 birgt bereits relativ hohe Risiken, bestimmte Verträge abzuschließen oder Kredite zu erhalten. Allerdings ist das für die Betroffenen äußerst undurchsichtig, da die Schufa in der Praxis argumentiert, dass sie lediglich den Score-Wert berechnet und die eigentlichen Vertragspartner, wie zum Beispiel die Bank, darüber entscheiden, ob der Vertrag gewährt wird oder nicht. Das führt oft zu Unzufriedenheit bei den Verbrauchern, da sie in einem Ping-Pong-Spiel der Verantwortlichkeiten gefangen sind und nicht genau wissen, warum sie einen Vertrag nicht abschließen konnten oder nicht zu den gewünschten Konditionen.

Patrick Lohmeier: Die Kritik an Wirtschaftsauskunfteien wie der Schufa bezüglich der fehlenden Verantwortlichkeit ist weit verbreitet. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Datenlage für viele wie eine Black Box erscheint. Menschen, die ihren Schufa-Score für verschiedene Zwecke benötigen, wissen oft nicht genau, wie dieser Score zustande kommt. Ich habe dazu eine zweigeteilte Frage: Erstens, ist diese Kritik berechtigt? Und zweitens, aus welchen Datenquellen und Daten setzt sich der Schufa-Score zusammen? Kann man das nachvollziehen?

Christine Steffen: Ja, zu deiner ersten Frage, die Kritik ist berechtigt. Für die Betroffenen bleibt der Schufa-Score und seine Zusammensetzung eine Black Box. Zwar haben Verbraucher die Möglichkeit, bei der Schufa eine Auskunft einzuholen. Dabei geht es jedoch nicht um die Bonitätsauskunft, die sie im Wirtschaftsverkehr vorlegen, sondern um die Datenauskunft, auf die sie gemäß der Datenschutz-Grundverordnung ein Recht haben und die ihnen kostenlos erteilt werden muss. Sie können diese Datenauskunft auch regelmäßig anfordern. Dieses Auskunftsrecht umfasst, dass die Schufa Ihnen mitteilen muss, ob und welche personenbezogenen Daten über Sie gespeichert sind, einschließlich der involvierten Logik, wenn wir über automatisierte Entscheidungen sprechen.

Christine Steffen: Bis heute vertritt die Schufa jedoch den Standpunkt, dass die Score-Berechnung keine automatisierte Verarbeitung darstellt, da sie den Score nicht direkt gegenüber Verbrauchern verwendet, sondern nur an Handelspartner weitergibt. Erst wenn man eine Auskunft einholt, stehen zwar Daten auf dem Auskunftsdokument, aber für den Leser ist es oft immer noch schwer verständlich, wie die einzelnen Score-Werte zusammengesetzt sind. Die Score-Werte sind auch nur Durchschnittswerte der letzten 3 Monate und daher nicht unbedingt tagesaktuell. Es werden auch Symbole wie 1+ oder 2+ verwendet, was für jemanden, der sich nicht mit dem Schufa-System auskennt, nicht leicht verständlich ist. Diesen Vorwurf gegenüber der Schufa gibt es schon seit langer Zeit, und leider hat sich daran bis heute nichts geändert, auch nicht durch den neuen Score Simulator, den die Schufa inzwischen auf ihrer Website anbietet.

Patrick Lohmeier: Was kann der?

Christine Steffen: Man kann sozusagen durchspielen, welche Faktoren den Score-Wert beeinflussen. Das sind beispielsweise Punkte wie die Anzahl der Wohnortwechsel, die Anzahl der laufenden Girokonten, die Dauer dieser Konten, und welche Kreditverträge aktuell bedient werden, einschließlich Hauskredite. Insgesamt sind das sieben Kriterien, die durchaus plausibel erscheinen und den Score beeinflussen können. Es handelt sich jedoch nur um eine Simulation, bei der einige wenige ausgewählte Kriterien berücksichtigt werden, bei denen es einigermaßen verständlich ist, dass sie eine Rolle spielen. Der Score gibt jedoch keine konkreten Informationen über eine bestimmte Person, sondern bleibt ein objektives System, bei dem man lediglich sehen kann, wie sich der Score beeinflussen lässt, aber nicht auf die individuelle Situation bezogen.

Christine Steffen: Es gibt jedoch Einzelfälle, die immer wieder auftreten, bei denen das mathematische Modell, das dem Score zugrunde liegt, fehlerhaft ist. Das kann entweder daran liegen, dass die gespeicherten Daten fehlerhaft sind, oder dass die daraus gezogenen Schlüsse nicht korrekt sind.

Patrick Lohmeier: Erzähle gerne von einem solchen Einzelfall, der beispielhaft für deine Erfahrungen mit diesem Thema ist.

Christine Steffen: Zum Beispiel betrifft das häufig junge Menschen, die gerade eine Ausbildung abgeschlossen haben und möglicherweise noch keinen Kredit aufgenommen haben. In den Augen der Schufa konnten sie bisher nicht nachweisen, dass sie ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen können. Diese jungen Menschen sind jedoch oft ausbildungsgemäß häufig umgezogen, sei es wegen Praktika oder Universitätswechsel. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass sie vor Gläubigern fliehen. Es ist einfach eine notwendige Folge der Ausbildung, häufig den Wohnort zu wechseln.

Christine Steffen: Gerade diese jungen und flexiblen Arbeitnehmer, die möglicherweise keine Festanstellung haben oder nur einen befristeten Vertrag, sind oft gezwungen, den Wohnort zu wechseln. Sie werden quasi vorverurteilt und erhalten einen schlechten Score. Dies kann dann zu weiteren Problemen führen, da ein schlechter Score oder ein Score knapp über 90 nicht ausreicht, um eine stabile finanzielle Basis aufzubauen. Junge Menschen sind in diesem System daher systematisch benachteiligt.

Patrick Lohmeier: Ja, das ist natürlich alles andere als angenehm für die Betroffenen. Ich erinnere mich, dass ich das Konzept des Schufa-Scores zum ersten Mal während meines Studiums kennengelernt habe, als ich selbst häufig umziehen musste. Aber nun zu einer anderen Perspektive: Ich denke, es ist wichtig, auch die Sichtweise potenzieller Vermieter, Kreditgeber und Vertragspartner zu betrachten. Haben sie tatsächlich das Recht, alle Details meines Scores einzusehen? Du hast bereits angedeutet, dass es hier Unterschiede gibt.

Christine Steffen: Genau. Grundsätzlich, wenn man sich die grundlegende Aufgabe von Auskunfteien und insbesondere der Schufa ansieht - nämlich die Bewertung der Bonität -, dann haben potenzielle Geschäftspartner, die ein kreditgebendes Risiko eingehen, durchaus ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob ich meinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen und Zahlungen leisten kann. Das ist ein wichtiger Aspekt. Wenn ich beispielsweise einen Kredit beantrage oder etwas auf Rechnung in einem Onlineshop kaufen möchte, geht der Verkäufer in Vorleistung. Daher hat er auch das berechtigte Interesse zu wissen, ob er dieses Risiko eingehen kann. Gleiches gilt für Vermieter, die solvente Mieter haben möchten. Sie haben zwar kein Recht auf diese Informationen, aber sie dürfen danach fragen und den Mietvertrag vom Ergebnis der Bonitätsprüfung abhängig machen.

Christine Steffen: Der kritische Punkt, den wir hier ansprechen, ist, dass einige Daten, die bei der Schufa landen, dort teilweise unzulässigerweise erfasst werden und von der Schufa unzulässigerweise in die Bewertung einbezogen werden. Wir müssen uns darüber Gedanken machen, welche Daten als bonitätsrelevant gelten. Es gibt streng genommen verschiedene Arten von Merkmalen, die bei der Schufa gemeldet werden können. Diese können harte Negativmerkmale sein, wie die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder gerichtlich titulierte Forderungen, die nicht durchgesetzt werden können. Es gibt jedoch auch weiche Kriterien, wie die Mitteilung, dass eine Rechnung bis heute nicht beglichen wurde, obwohl der Betroffene sie bestritten hat. Hier ist noch nicht klar, ob der Unternehmer diesen Betrag tatsächlich einfordern darf, beispielsweise weil die bestellte Ware mangelhaft war. Solche Daten sollten eigentlich überhaupt nicht bei der Schufa auftauchen, und dennoch sehen wir in der Praxis immer wieder, dass Inkassobüros solche Forderungen bei der Schufa melden, obwohl sie bestritten wurden, was ein Fehler in der Meldekette oder ungerechtfertigte Schufa-Einträge darstellt.

Christine Steffen: Oftmals liegt der Ursprung solcher Probleme in Namensverwechslungen. Wenn Inkassounternehmen beispielsweise versuchen, eine Forderung einzutreiben, fragen sie normalerweise bei Adresshändlern nach Informationen über die Person, bei der die Forderung eingetrieben werden soll. Dabei kann es jedoch zu zahlreichen Fällen kommen, in denen die vom Adresshändler bereitgestellten Informationen einer Person tatsächlich zu einer anderen Person mit dem gleichen Namen gehören. In solchen Fällen wird es für die Betroffenen zu einer regelrechten Hürde, die falschen Einträge und die damit verbundenen Probleme zu korrigieren.

Christine Steffen: Um dies zu korrigieren, müssen sie zunächst gegenüber dem Inkassounternehmen klarstellen, dass sie nicht die Person sind, für die sie gehalten werden. Gleichzeitig müssen sie der Schufa mitteilen, dass die bei ihnen eingetragenen negativen Merkmale schlichtweg fehlerhaft sind. Dies kann jedoch dazu führen, dass in der Zwischenzeit Verträge nicht abgeschlossen werden können, der Energieversorger nicht gewechselt werden kann und sogar der Dispokredit gekündigt wird. Betroffene stehen dann vor zahlreichen Problemen, für die sie eigentlich keine Verantwortung tragen und die aufgrund von fehlerhaften Einträgen verursacht werden.

Christine Steffen: Dies sollte aus unserer Sicht nicht akzeptabel sein, da die Schufa im Grunde ein Geschäftsmodell mit Daten betreibt, die Verbraucher ihr nie bewusst zur Verfügung gestellt haben. Wenn dann etwas schief geht, sind die Verbraucher die Leidtragenden. In der Praxis ist dies äußerst ärgerlich und verunsichert die Verbraucher erheblich. Wir fordern daher seit Langem, dass die Schufa beispielsweise Verbraucher benachrichtigen sollte, wenn sich ihr Score drastisch verschlechtert, um die Ursache zu klären und frühzeitig eingreifen zu können, um negative Konsequenzen für die Betroffenen zu verhindern.

Patrick Lohmeier: An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal die Frage nach den Quellen stellen, aus denen dieser Score tatsächlich zusammengesetzt ist. Gleichzeitig würde ich gerne wissen, aus welchen Quellen er deiner Meinung nach zusammengesetzt sein sollte und ob es Quellen gibt, die überhaupt keine Relevanz mehr haben oder möglicherweise sogar illegitim sind, um diesen Score zu beeinflussen.

Christine Steffen: Ja, dieser allgemeine Datenbestand setzt sich zum einen aus Anfragen und Anmeldungen der Vertragspartner zusammen und zum anderen aus Informationen aus öffentlichen Verzeichnissen oder anderen öffentlichen Quellen. Was bedeutet das konkret? Öffentliche Verzeichnisse können beispielsweise Insolvenzbekanntmachungen bei den Amtsgerichten sein, bei denen öffentlich bekannt gegeben wird, wenn jemand sich in Privatinsolvenz befindet. Dies ist ein hartes Negativmerkmal, das die Bonität erheblich beeinflusst. Diese Daten sollten gelöscht werden, wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist. Besonders problematisch sind jedoch die sogenannten Positivmerkmale.

Christine Steffen: Positivmerkmale sind Informationen darüber, dass ein Vertrag abgeschlossen wurde, beispielsweise mit einem Mobilfunkunternehmen oder einem Energieversorger. Sie werden als "positiv" bezeichnet, weil sie nur anzeigen, dass ein Vertrag geschlossen wurde, ohne dass ein Fehlverhalten zugrunde liegt. Der Vertrag wurde einfach nur abgeschlossen, und die Schufa weiß davon, selbst wenn kein Fehlverhalten vorliegt. Wir betrachten dies als problematisch, da es streng genommen keine rechtliche Grundlage dafür gibt, solche Informationen an die Schufa weiterzugeben.

Christine Steffen: Unternehmen können dies nicht auf ihr berechtigtes Interesse stützen, da es in diesem Zusammenhang einfach keinen Anlass gibt, diese Daten der Schufa mitzuteilen. Die Schufa dürfte diese Daten eigentlich nicht verarbeiten, da sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht bonitätsrelevant sind. Im Gegenteil, sie könnten sogar dazu führen, dass Verbraucher am Wirtschaftsleben nicht wie beabsichtigt teilnehmen können. Zum Beispiel, wenn die Schufa erfährt, dass ich mehrere Mobilfunkverträge abgeschlossen habe und dies negativ bewertet, obwohl es eigentlich nichts mit meiner Bonität zu tun hat.

Patrick Lohmeier: In jedem Fall hat dies etwas mit Bonität zu tun, nämlich mit der Frage, ob ich kreditwürdig bin und ob ich meinen Zahlungsverpflichtungen nachkomme. Es ist daher durchaus legitim und nachvollziehbar, dass ein Versanddienstleister beispielsweise an die Schufa meldet, wenn ein Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen oder Ratenzahlungen nicht nachkommt oder als unzuverlässig eingestuft wird. Aber um ganz klar zu sein, unter Gesichtspunkten des Datenschutzes frage ich mich, ob dies auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der meisten Dienstleister festgehalten ist. Wenn ich etwas bei Amazon, Otto oder einem anderen Unternehmen bestelle, dürfen sie dann diese Informationen weitergeben und feststellen, dass die Person XY zahlungsunwillig ist?

Christine Steffen: Da muss man auseinanderhalten. Zum einen gibt es die sogenannte Schufa-Klausel, die uns immer wieder begegnet. Diese Klausel besagt im Wesentlichen, dass Daten zur Prüfung der Bonität an die Schufa weitergegeben werden. Das betrifft genau die Fälle, die du gerade genannt hast, wie das Kaufen auf Rechnung oder das Ratenzahlungsmodell. In solchen Fällen ist das völlig in Ordnung, da hier ein kreditrelevantes Risiko besteht. Streng genommen bräuchte das Unternehmen dafür nicht einmal eine Einwilligung, da es ein berechtigtes Interesse hat, das in diesem Fall mein Interesse, meine Daten nicht zu teilen, überwiegt.

Christine Steffen: Überdies müssen wir uns jedoch fragen, welche Daten in solchen Fällen an die Schufa weitergegeben werden, die tatsächlich nichts mit dem Vertragsschluss zu tun haben. Dieser Vertragsschluss, wie beispielsweise der Abschluss eines Kaufvertrags oder eines Mobilfunkvertrags, steht oft in den Nutzungsbedingungen und Datenschutzhinweisen. Dies halten wir für unzulässig und es gibt auch bereits erstinstanzliche Gerichtsentscheidungen des Bundesverbandes und der Verbraucherzentrale NRW gegen Energieversorger und Telekommunikationsunternehmen, bei denen wir zumindest teilweise Recht bekommen haben. Es gibt juristische Bewertungen und die Datenschutzkonferenz der Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern unterstützt unsere Auffassung, dass die Übermittlung von Positivdaten nicht rechtens ist.

Patrick Lohmeier: Hättest du mir vor diesem Gespräch verraten, dass es tatsächlich Maßnahmen oder Handlungen seitens Verbraucher:innen gibt, im Rahmen eines Kreditvertrags, die objektiv sogar positiv zu bewerten sind, aber dennoch negative Konsequenzen haben können? Wovon sprichst du da genau?

Christine Steffen: Ja, das können z.B. gekündigte Kreditverträge sein.

Patrick Lohmeier: Genau, weil ich plötzlich solvent bin und einfach den Kredit vorzeitig zurückzahle, und gut, damit ist er erledigt.

Christine Steffen: Richtig, oder weil der Anbieter vielleicht sagt: "Hier, ich erhöhe meine Preise, der Zinssatz ändert sich, oder die Konditionen ändern sich so drastisch, dass der Verbraucher sagt: "Unter diesen Umständen möchte ich die Kreditkarte nicht mehr nutzen," und dann kündige ich.

Patrick Lohmeier: Das ist nachvollziehbar.

Christine Steffen: Ja, dann sollte das Merkmal "Kredit gekündigt" eigentlich nicht negativ bewertet werden oder zu einer negativen Score-Bewertung führen.

Patrick Lohmeier: Wie bewertet das die Schufa? Weil man quasi die vorher vereinbarte Dienstleistung mit dem Kreditgeber nicht bis zum Ende in Anspruch genommen hat, erhält die Auskunftei ein Signal, dass etwas nicht stimmt?

Christine Steffen: Ja, das ist auch ein Stück weit wahr. Generell besteht das Problem darin, dass jemand, der keinen Kredit hat, möglicherweise von der Schufa erst einmal schlechter eingestuft wird. Jemand, der vielleicht schon seit Jahren einen Kredit hat, konnte sich über eine gewisse Zeit hinweg beweisen, dass er seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommt. Aber jemand, über den möglicherweise gar nichts gespeichert ist, außer vielleicht der Name und der Wohnort, gibt die Schufa selbst zu. In solchen Ausnahmefällen gibt die Schufa dann lediglich aufgrund von Name und Adresse eine Bewertung ab, die schlecht ausfallen kann, weil die Schufa einfach nichts über die Person weiß. Das kann eigentlich nicht sein, und die Schufa macht das auch nicht kenntlich. In solchen Fällen wäre es auf jeden Fall verbraucherfreundlicher, wenn man wüsste, dass der Score in so einem Fall deswegen zustande kommt, weil die Schufa eigentlich gar nichts über mich weiß. Doch darüber informiert sie dann eben auch nicht.

Patrick Lohmeier: Alles klar, okay. Ich denke, du kannst jetzt mit dem nächsten Abschnitt beginnen. Wir haben zu Beginn über mangelnde Transparenz, fehlende Verantwortlichkeit und die sprichwörtliche Blackbox gesprochen. Ich muss sagen, trotz der vielen Erklärungen, die du geboten hast, ist mir das Thema immer noch nicht ganz klar. Gibt es viele Dinge, die die Schufa oder allgemein Auskunfteien betreffen? Jetzt gibt es ja die bonify App von der Schufa, die auch sehr stark beworben wird in den letzten Wochen und Monaten. Sie soll für mehr Transparenz und Klarheit sorgen. Tut sie das denn auch?

Christine Steffen: Die Bonify App der Vorteil GmbH, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Schufa, bietet verschiedene Dienste an, darunter auch die Vermittlung von Krediten. Neu ist, dass man mit dieser App seinen Schufa Score abrufen kann oder das zumindest möglich sein soll. Das Problem, das wir bei der bonify App sehen, ist, dass sie damit lockt, indem sie sagt: "Ist Ihr Schufa Score vielleicht nicht so gut, stellen Sie sich bei uns vor, wir haben schon das passende Kreditangebot für Sie." Das hat ein gewisses Geschmäckle.

Christine Steffen: Was diese App betrifft, ist aber das Bezahlen an dieser App ein Aspekt. Sie bietet die Möglichkeit, sich über sein Bankkonto zu identifizieren. Natürlich muss der Anbieter wissen, mit wem er es zu tun hat. Allerdings muss man sich nicht unbedingt so "nackig" machen, dass man bonify Zugang zu seinem Girokonto gewährt. Man sollte bedenken, dass Menschen mit Girokonten, die Online-Banking nutzen, normalerweise sicherstellen, dass ihre Zugangsdaten sicher verwahrt sind und niemand in der Lage ist, auf ihr Konto zuzugreifen. Normalerweise lässt man auch niemanden über die Schulter schauen, wenn man seine Umsätze ansieht oder Überweisungen tätigt. Diese App soll jedoch im Prinzip genau das tun dürfen – sich die Umsätze auf meinem Konto anschauen, um daraus Informationen zu erhalten und mir im besten Fall entsprechende Angebote zu unterbreiten.

Patrick Lohmeier: Okay, ich wollte gerade fragen, reagiert die Schufa bzw. ihr Tochterunternehmen immer noch nur als Mittelmann? Sind sie selber kein Finanzdienstleister, der mir einen Kredit gewährt oder ablehnt? Denn das wäre ja auch ein ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteil. Ich glaube, das Bundeskartellamt hätte da auch etwas zu meckern, wenn sie behaupten würden, wir haben hier quasi den Kunden vor uns, sind transparenter als andere und können nun darüber entscheiden, ob er einen Kredit bekommt oder nicht. Die vermitteln nur, oder?

Christine Steffen: Die Schufa selber ist es nicht, und sie schaut auch nicht direkt auf Konten. Es handelt sich erst einmal nur um bonify. Bonify ist ein eigenständiges Unternehmen, die Vorteil GmbH. Als Nutzer hat man jedoch die Möglichkeit, freiwillig zusätzliche Daten einzugeben, die den Scorewert bei der Schufa verbessern könnten. Man kann einwilligen, dass diese Daten, die den Score verbessern, an die Schufa weitergegeben werden und dort in den normalen Schufa-Score einfließen. Aber auch das sehen wir durchaus kritisch, da Verbraucher, die bereits einen schlechten oder keinen besonders guten Score haben, sich unter Druck gesetzt fühlen könnten, sich über die bonify-App quasi "nackig" zu machen und einen Einblick in ihr Konto zu gewähren, um zu sehen, ob sie ihren Schufa-Score verbessern können. Die Verbesserung des Scores ist jedoch fraglich und keinesfalls garantiert. Ein Einblick ins Konto ist ein recht invasiver Eingriff, da viele sensible Informationen dabei offengelegt werden, wie das Einkommen, der Arbeitgeber und andere sensible Daten wie Spenden, Arztrechnungen oder Transaktionsdaten von Dritten. Das ist eine Menge an Informationen, über die man sich gut überlegen sollte, ob man sie preisgeben möchte. In vielen Situationen dürfte die Freiwilligkeit, hier eine Einwilligung zu erteilen, gar nicht gegeben sein, da die Zwangslage für den Verbraucher so hoch sein kann, dass er keine andere Wahl hat, als diese Informationen preiszugeben, um überhaupt eine Chance auf einen Kredit zu haben.

Patrick Lohmeier: Okay, dann höre ich jetzt mal heraus, dass ihr explizit davon abratet, aber zumindest zu großer Vorsicht rät, wenn es um die Verwendung der bonify App im September 2023 geht. Das sollte als Ergänzung erwähnt werden. Ich muss auch sagen, dass solche Angelegenheiten sowohl inhaltlich als auch technisch weiterentwickelt werden, und wer weiß, ob diese Aussagen, die gerade getroffen wurden, in sechs oder zwölf Monaten noch gültig sind. Vorsicht ist auf jeden Fall geboten, würden wir sagen. Oder?

Christine Steffen: Genau, und man muss das ja auch nicht tun. Man kann sich anderweitig gegenüber der bonify App identifizieren und muss nicht unbedingt diesen vermeintlich schnelleren Weg über das Bankkonto wählen.

Patrick Lohmeier: Und es gibt bereits eine sogenannte Transparenzoffensive von der Schufa, die offensichtlich ihre gesellschaftspolitische Verantwortung wahrnimmt und medial sehr prominent beworben wird. Was ist deine Einschätzung dazu?

Christine Steffen: Uns geht es nicht darum, dass die Schufa den Score offenlegt. Wir interessieren uns eigentlich nicht dafür, wie genau der Score zustande kommt. Aber es gibt ein Mittelding zwischen den Informationen, die Verbraucher aktuell erhalten, und den Score offenlegen. Es geht darum zu erklären, wie der Score zustande kommt, aus was er sich zusammensetzt und mit welcher Gewichtung. Die Schufa beruft sich immer auf ihr Geschäftsgeheimnis, das ihr der Bundesgerichtshof vor neun Jahren tatsächlich zugesprochen hat, aber das steht der Verbraucheraufklärung nicht im Wege. Eine Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes steht momentan an und da wird auch aktuell versucht, einen Paragraphen zu etablieren, mit dessen Hilfe man das Auskunftsrecht mit Berufung auf das Geschäftsgeheimnis verweigern kann. Und darin sehen wir eine Gefahr für Verbraucher. Also zusammengefasst kann man sagen, die Sachlage ist zwar kompliziert, aber es ginge verständlicher und transparenter. Und das muss das Ziel sein, wenn es mit der Transparenzoffensive der Schufa etwas werden soll.

Patrick Lohmeier: Kannst du mir, auch zu meinem besseren Verständnis, einmal eine konkrete Maßnahmen zugunsten der Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher nennen, die die Schufa angehen muss?

Christine Steffen: Wir kritisieren beispielsweise seit Jahren, dass die Schufa die kostenlose Auskunft, die mir zusteht, auf ihrer Webseite ein wenig versteckt. Das hat sie mittlerweile etwas verbessert, aber es gibt immer noch Raum für Verbesserungen. Aber wenn ich zum Beispiel in der Suchmaschine "Schufa-Auskunft" eingebe, wird immer zuerst die kostenpflichtige Auskunft angezeigt, für die ich derzeit knapp 30 € bezahlen muss. Diese kostenpflichtige Auskunft bringt mir jedoch überhaupt nichts, wenn es mir zunächst nur darum geht, die Daten abzufragen, die die Schufa über mich bearbeitet. Die kostenlose Auskunft, die die Schufa als "Daten-Kubik" bezeichnet, ist oft so versteckt auf der Webseite platziert, dass man sie im Zweifel übersieht. Die Schufa hat zwar nachgebessert, zum Beispiel auf der Seite schufa.de, wo sie relativ weit oben platziert ist, aber auf meineschufa.de wird sie recht gut versteckt. Wenn ich über eine Suchmaschine suche, wird mir oft nur "Meine Schufa" angezeigt, was bedeutet, dass ich immer in Richtung kostenpflichtiger Angebote gelenkt werde. Das ist immer noch unzureichend.

Christine Steffen: Ein letzter Tipp betrifft Kreditanfragen bei Banken. Wenn man einen Kredit anfragt und dies als verbindliches Angebot gewertet wird, meldet die Bank dies der Schufa. Aber wenn man sich erstmal einen Überblick darüber verschaffen möchte, welche Banken welche Kredite anbieten können, kann dies nachteilig sein, da der Eindruck entstehen kann, dass gezielt Kreditanfragen bei verschiedenen Banken gestellt werden, obwohl man noch keinen Kredit erhalten hat. Das kann dazu führen, dass man den Kredit nicht bekommt. Es ist jedoch seit geraumer Zeit üblich, explizit eine sogenannte Konditionenanfrage zu stellen, was bedeutet, dass dies noch keine verbindliche Anfrage an die Bank ist, sondern lediglich eine Anfrage, um sich einen Überblick zu verschaffen. Dies ist sinnvoll, da man so nicht das erstbeste Angebot annimmt, sondern verschiedene Angebote vergleicht, um am Ende das beste Angebot zu erhalten. Die Bank sollte diese Information auch nur als Konditionenanfrage an die Schufa weiterleiten.

Patrick Lohmeier: Konditionenanfrage, also etwas, was ich mir unbedingt merken sollte. Alles klar, ich verstehe und danke dir, Christine, für die Erklärungen. Ich habe jetzt viel mehr verstanden als zuvor in der halben Stunde. Die Schufa und andere Auskunfteien sind komplex, aber danke für die Aufklärung. Zum Abschluss gebe ich gerne noch einen positiven Ausblick auf die Dinge. Ich glaube, wir alle haben darauf gewartet, dass sich die Praktiken der Auskunfteien ändern, und dies wurde auch seitens des Europäischen Gerichtshofs angeregt. Was ist da gerade im Gange?

Christine Steffen: Ja, gut, dass du es ansprichst. Das finale Urteil ist noch nicht gesprochen, aber vor der Sommerpause hatte der Generalanwalt beim EuGH seine Stellungnahme abgegeben. Dabei geht es letztendlich um das Geschäftsmodell der Schufa und die Berechnung des Scorewerts. Die zentrale Frage ist, ob die Scorewert-Berechnung als automatisierte Entscheidungsfindung anzusehen ist. Der Generalanwalt sagt ja, es handelt sich um eine automatisierte Entscheidungsfindung. Das hätte zur Folge, dass die Schufa nicht einfach so weitermachen kann wie bisher, oder zumindest die Bedingungen ändern müsste. Bei automatisierten Prozessen gelten höhere Anforderungen nach europäischem Datenschutzrecht. Das würde bedeuten, dass Verbraucher in solchen Fällen der Verarbeitung ihrer Daten widersprechen könnten, wenn die Entscheidungen zu ihrem Nachteil führen. Allerdings behauptet die Schufa in diesem Fall, dass die europäischen Regeln hier nicht anwendbar seien, da sie nicht diejenige sei, die die Entscheidung gegenüber dem Verbraucher treffe. Ich bin sehr gespannt darauf, wie der EuGH in diesem Fall entscheiden wird. Ich hoffe natürlich, dass der EuGH dem Plädoyer des Generalanwalts folgt, was aus Verbrauchersicht sehr zu wünschen wäre. In diesem Fall müssten die Betroffenen explizit gefragt werden, ob die Datenverarbeitung auf diese Weise in Ordnung ist, und die Schufa müsste transparenter werden.

Christine Steffen: Ja, wir möchten Verbraucher auf jeden Fall ermutigen, regelmäßig von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch zu machen, indem sie eine Datenauskopie anfordern. Dies ermöglicht es, zu überprüfen, ob die von der Schufa gespeicherten oder übermittelten Daten korrekt sind. Darüber hinaus wünschen wir uns für die Zukunft, dass die Schufa ihr Versprechen, transparenter zu werden, einhält und weiter daran arbeitet. Es ist wichtig, dass Verbraucher verstehen, was genau bei der Schufa passiert, und dass sie geeignete Werkzeuge zur Verfügung haben, um falsche Annahmen zu korrigieren oder zu klären.

Patrick Lohmeier: Vielen Dank, Christine, für deine Erläuterungen und Ratschläge zum Umgang mit der Schufa. Wie ich bereits sagte, schien deren Geschäftsmodell und Umgang mit Verbraucherdaten vor unserem Gespräch wie eine Blackbox, und du hast viel Licht ins Dunkel gebracht. Ich hoffe, dass die meisten Menschen, die jetzt zuhören, ähnliche Erkenntnisse gewonnen haben. Vielen Dank für deine Expertise und dein Engagement.

Christine Steffen: Sehr gerne, vielen Dank, dass ich dabei sein durfte, und gerne wieder.

Outro:

Patrick Lohmeier: Wie immer gilt mein Dank allen Menschen, die diese Podcastreihe ermöglichen. Und natürlich möchte ich mich bei Ihnen für Ihr Interesse bedanken. Viele weitere Folgen von genau genommen können Sie in so gut wie allen Podcatchern und Audio Apps hören, wo Sie uns kostenlos abonnieren können. Wenn Sie uns bereits bei Spotify, Apple Podcast oder Audible hören und Ihnen unser Format gefällt, bewerten Sie uns doch mit ein paar Sternchen. Wir sind ein kostenfreies, nichtkommerzielles Informationsangebot, deswegen freue ich mich umso mehr über jede Weiterempfehlung. Weitere Informationen rund um Auskunfteien, insbesondere die Schufa, und die Sicherheit Ihrer persönlichen Daten finden Sie unter www.verbraucherzentrale.de. In ein paar Tagen hören wir uns mit einer Podcastfolge zu einem anderen spannenden Thema wieder. Bis dahin erreichen Sie mich für Feedback und Themenwünsche per E-Mail an podcast@vz-bln.de. Dies war genau genommen – Der Podcast der Verbraucherzentralen, mein Name ist Patrick Lohmeier und freue mich aufs Wiederhören.

 

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Verbraucherzentrale Bundesverband reicht Sammelklage gegen Vodafone ein

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) verklagt Vodafone Kabel wegen unzulässiger Preiserhöhungen. Hintergrund: 2023 erhöhte das Unternehmen bei laufenden Verträgen für Internet und Festnetzanschluss einseitig die Preise. Jetzt ist das Klageregister eröffnet und Sie können sich eintragen.
Gaspreis wird mit Zeigefinger an einem Chronograph geberemst

Energiepreisbremsen, Härtefallfonds: Die Maßnahmen der Bundesregierung

Mit den Preisbremsen bei Strom, Gas und Fernwärme hielt der Staat die Preise für 2023 im Zaum, erst darüber wurde es deutlich teurer. Für Heizöl und andere Brennstoffe gab es einen Härtefallfonds. Hier finden Sie alle Informationen, die für diese Zeit galten und können Ihre Rechnungen prüfen.
Ein Mann fährt auf einem Lastenfahrrad

Verkaufsstopp bei Babboe: Zwei weitere Modelle sind betroffen

Die niederländische Behörde für Lebensmittel- und Verbrauchsgütersicherheit hatte im Februar den Verkauf von Lastenrädern der Marke Babboe gestoppt. Da bei einigen Modellen Sicherheitsmängel vorlagen, die zum Teil in Rahmenbrüchen endeten, muss sich der Lastenfahrrad-Hersteller nun mit strafrechtlichen Ermittlungen auseinander setzen.