Musterfeststellungsklage gegen BEV

Die BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH (BEV) ist insolvent. Hunderttausende Verbraucher:innen sind betroffen. Der Insolvenzverwalter macht ihnen auch den Bonus streitig, der die Strom- und Gasverträge der BEV attraktiv machte. Der vzbv klagt dafür, dass den Betroffenen dieser Neukundenbonus nicht verweigert wird.
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In erster Instanz bekam der vzbv vor dem Oberlandesgericht München in vollem Umfang Recht. Der Bundesgerichtshof hat dieses Urteil am 27. Juli 2023 bestätigt und die Revision des Insolvenzverwalters zurückgewiesen. Damit ist das Urteil rechtskräftig.

Ablauf des Verfahrens

  • Mittwoch, 11. Dezember 2019
    Wir klagen
    Der vzbv reicht beim OLG München die Musterfeststellungklage gegen den Insolvenzverwalter der BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH ein.
  • Montag, 27. Januar 2020
    Verbraucher:innen können sich für Klage anmelden
    Das Bundesamt für Justiz (BFJ) öffnet das Klageregister. Betroffene können sich beim BFJ für die Klage anmelden.
  • Freitag, 27. März 2020
    Mindestens 50 Betroffene haben sich für Klage angemeldet
    Mindestens 50 Verbraucher:innen müssen sich bis zu diesem Stichtag in das Register eintragen, damit das Verfahren weiterläuft. 3.698 Verbraucher haben sich angemeldet.
  • Montag, 20. Juli 2020
    Anmeldungen sind nicht mehr möglich
    Betroffene konnten sich bis zum Ablauf des Tages vor der mündlichen Verhandlung zur Klage anmelden.
  • Dienstag, 21. Juli 2020
    Mündliche Verhandlung und Urteil
    Beim Gericht fand die erste mündliche Verhandlung statt. Verbraucher:innen können ihre Anmeldung nach Ablauf dieses Tages nicht mehr zurücknehmen. Das Gericht gab der Musterfeststellungsklage in vollem Umfang statt. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig, da der Insolvenzverwalter Revision eingelegt hat.
  • Montag, 10. August 2020
    Revisionsverfahren
    Der Insolvenzverwalter hat beim Bundesgerichtshof Revision gegen das Urteil eingelegt.
  • Donnerstag, 15. Juni 2023
    Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH)
    Der Bundesgerichtshof verhandelt über die Klage.
  • Donnerstag, 27. Juli 2023
    BGH weist Revision des Insolvenzverwalters zurück und bestätigt Urteil des OLG
    Der Bundesgerichtshof entscheidet zugunsten der an der Musterfeststellungsklage beteiligten Verbraucher:innen

Häufig gestellte Fragen

Worum ging es in der Klage?

Die Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH (BEV) erregte mit preisgünstigen Strom- und Gaslieferverträgen die Aufmerksamkeit vieler Verbraucher. Vor allem auf Vergleichsportalen im Internet stachen diese Angebote hervor. Mit der Ankündigung eines bis zu 25-prozentigen Neukundenbonus gewann die BEV eine sechsstellige Zahl an Kunden:innen. Es dauerte nicht lange, bis diese die Kehrseite dieser attraktiven Konditionen zu spüren bekamen: Zunächst versuchte die BEV die Preise nach Vertragsschluss zu erhöhen, im Januar 2019 folgte der Insolvenzantrag und die Belieferung wurde eingestellt. Die Betroffenen fielen in die erheblich teurere Ersatzversorgung. Der Insolvenzverwalter verweigerte ihnen außerdem den Neukundenbonus.

Dagegen klagte der vzbv. Er ist der Meinung, dass der Bonus unabhängig davon zu gewähren ist, ob Betroffene ein Jahr lang beliefert wurden. Dies gelte umso mehr, weil es allein in der Verantwortung des Unternehmens lag, dass der Vertrag nicht erfüllt werden konnte. Die Verrechnung des Neukundenbonus mit einer Forderung aus der Endabrechnung funktioniert auch in der Insolvenz.

Wie hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden?

Bereits das OLG München hat der Musterfeststellungsklage des vzbv in vollem Umfang stattgegeben. Es hat also entschieden, dass der Insolvenzverwalter Betroffenen den Neukundenbonus nicht allein deshalb vorenthalten darf, weil sie kein volles Jahr lang beliefert wurden. Es hat außerdem geurteilt, dass der Neukundenbonus von der Nachforderung des Insolvenzverwalters abzuziehen ist. Das Urteil des OLG im Volltext finden Sie hier.

Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof am 27. Juli 2023 bestätigt und die Revision des Insolvenzverwalters zurückgewiesen. Damit ist das Urteil des OLG rechtskräftig. Nach Auffassung des BGH beschränke sich die Gewährung des Neukundenbonus nicht auf eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr. Vielmehr werde der Neukundenbonus neben dem Grund- und dem Arbeitspreis mit einem Anteil vom Jahresumsatz im Sinne eines laufzeitunabhängigen, einmaligen Rabatts aufgeführt. Daher handele es sich nicht um eine eigenständige Forderung, sondern nur um einen im Rahmen der Jahresverbrauchsabrechnung abzusetzenden Rechnungsposten. Die Berücksichtigung des Rabatts stelle deswegen keine insolvenzrechtlich unzulässige Aufrechnung oder Verrechnung dar.

Was bedeutet das Urteil für die teilnehmenden Verbraucher:innen?

Für alle Betroffenen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, steht jetzt verbindlich fest, dass der Insolvenzverwalter den Neukundenbonus nicht deshalb verweigern darf, weil die Betroffenen insolvenzbedingt kürzer als ein Jahr beliefert wurden. Außerdem hat der BGH festgestellt, dass der Insolvenzverwalter den Neukundenbonus von seiner Forderung abzuziehen hat.

Der Insolvenzverwalter hat sich an das BGH-Urteil zu halten. Er muss bereits erstellte Rechnungen korrigieren. Im Ergebnis bedeutet das, dass die Verbraucher:innen entweder weniger oder vielleicht sogar gar nichts zahlen müssen. Sollte der Insolvenzverwalter trotzdem versuchen, die Forderungen gegen Teilnehmer:innen der Musterfeststellungsklage gerichtlich durchzusetzen, wäre das damit befasste Gericht an das Ergebnis der Musterfeststellungsklage und damit an die positiven Urteile des OLG München und des BGH gebunden.

Bekomme ich vom Insolvenzverwalter jetzt den Neukundenbonus ausgezahlt?

Der Insolvenzverwalter hat angekündigt das Urteil umzusetzen und inzwischen auf der Website bev-inso.de Informationen dazu veröffentlicht, wie dies geschehen soll. Sie finden sich insbesondere in den Fragen und Antworten, dort unter "Allgemeine Informationen zum Insolvenzverfahren/ Welche Konsequenzen hat das vom Bundesgerichtshof (BGH) am 27.07.2023 getroffene Urteil?".

Verbraucher sollen ihre Anforderungen an die E-Mail-Adresse bev@mhbk.de richten.

Ich habe an der Klage nicht teilgenommen. Kann ich trotzdem vom Urteil des BGH profitieren?

Gesetzlich bindend ist das Urteil des BGH nur für die Verbraucher:innen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben.
Dennoch nehmen untere Gerichte in der Regel das BGH-Urteil als Maßstab, selbst wenn keine gesetzliche Bindung vorgeschrieben ist. Somit können Sie sich gegenüber dem Insolvenzverwalter auf das Urteil berufen, selbst wenn Sie sich nicht der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben.

Aktuelle Meldung zur Klage

Musterklage gegen BEV: Insolvenzverwalter verspricht Neuabrechnung und Erstattung

Der Insolvenzverwalter der BEV hat angekündigt, das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. Juli 2023 umzusetzen. Er will die Rechnungen neu erstellen und zu Unrecht geforderte Beträge erstatten, wenn Verbraucher:innen diese ab dem 16. Oktober 2019 gezahlt haben.

Bundesgerichtshof

BGH-Urteil: Postbank kann Zustimmung nicht uneingeschränkt einholen

Banken können Ihre Zustimmung, etwa zu geänderten AGB und Preisen, nicht einfach unterstellen. Das entschied der Bundesgerichtshof. Geben Verbraucher:innen die geforderte ausdrückliche Zustimmung nicht ab, drohen Banken aber mit der Kündigung. Dürfen Banken kündigen - und was können Sie dagegen tun?

Mögliche Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH: Verbraucheraufruf

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg prüft derzeit die Voraussetzungen einer Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH, Köln. Wir suchen daher Verbraucher:innen, die von diesem Unternehmen mit dem Vorwurf des Falschparkens konfrontiert wurden, daraufhin ein „Vergleichsangebot“ angenommen und Geld an die Kanzlei gezahlt haben.

Musterfeststellungsklage gegen GASAG AG

2. Dezember 2021: Kunden:innen der GASAG in der Grund- oder Ersatzversorgung mit Gas zahlten vor diesem Datum 6,68 Cent pro Kilowattstunde. All jene Verbraucher:innen, bei denen der Belieferungsbeginn zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 30. April 2022 lag, zahlten mehr als 18 Cent. Der Tarif für Bestandskund:innen blieb wesentlich günstiger.
Davon betroffen sind zehntausende Verbraucher:innen. Für sie kann sich der Preisunterschied schnell auf hunderte von Euro summieren und existenzbedrohend sein.
Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen.