Was sind Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)?

Stand:
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen, die Patient:innen grundsätzlich selbst bezahlen müssen, weil sie nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherungen gehören.
Ein Mann hält ein Holzklötzchen mit einem aufgemalten Herzschlag in der Hand

Das Wichtigste in Kürze:

  • Individuelle Gesundheitsleistungen sind Leistungen bei Ärzt:innen, die Patient:innen selbst bezahlen müssen. Sie heißen kurz „IGeL“ oder „Selbstzahlerleistungen“.
  • IGeL sind ein Zusatzangebot. Patient:innen sind nicht verpflichtet, sie anzunehmen.
  • Es gibt verschiedene Arten von Individuellen Gesundheitsleistungen, von der Früherkennung bis zur Schönheitsoperation. Häufig ist der Nutzen nicht belegt.
  • Der IGeL-Markt ist unübersichtlich. Informieren Sie sich vor einer Entscheidung.
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Was bedeutet IGeL?

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) werden von vielen ärztlichen Fachpersonen angeboten, auch von Psychotherapeut:innen und Zahnärzt:innen. Es handelt sich um verschiedene Diagnose- und Behandlungsmethoden, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen und nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gehören. IGeL müssen privat bezahlt werden.

Der IGeL-Markt wächst seit vielen Jahren kontinuierlich. Genaue Zahlen gibt es nicht, weil angebotene und abgerechnete Selbstzahlerleistungen nicht systematisch erfasst werden. Als Gründe gibt der IGeL-Monitor beispielsweise an, dass IGeL keiner einheitlichen Definition unterliegen und das Anbietern keine Grenzen gesetzt sind. Denn in der ärztlichen Praxis dürfen auch Verfahren praktiziert werden, bei denen eine Wirkung nicht nachgewiesen ist. Dies betrifft besonders die Alternativmedizin, da sie beliebige Behandlungen als Heilverfahren anbieten kann.

Nach Hochrechnungen der Krankenkassen nahmen gesetzlich versicherte Patient:innen 2018 vermutlich gut 15 Millionen IGeL in Anspruch – und bezahlten dafür rund eine Milliarde Euro. (Quelle: WidO-Monitor 2019)

Welche IGeL gibt es?

Von der Augeninnendruckmessung bis zum PSA-Test gibt es eine große Bandbreite an IGeL Ein Attest kann ebenso dazugehören wie eine Extra-Ultraschalluntersuchung bei Frauenärzt:innen oder ein neues medizinisches Diagnose-Verfahren bei Augenärzt:innen. Grob kann man zwei Arten von IGeL unterscheiden:

1. Eine Leistung, die nicht medizinisch notwendig ist, aber im Einzelfall sinnvoll sein kann:

Es gibt ärztliche Untersuchungen und Beratungen, die auf Wunsch der Patient:innen erfolgen, ohne dass sie medizinisch notwendig sind. Solche Leistungen dienen weder zur Krankenbehandlung noch zur Früherkennung von Krankheiten. Sie gehören deshalb nicht zu den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung und werden somit grundsätzlich nicht von den Krankenkassen bezahlt. Im Einzelfall kann es sich jedoch um medizinisch sinnvolle und empfehlenswerte Leistungen handeln. Hierzu zählen:

  • Ärztliche Atteste und Serviceleistungen für Freizeit, Sport und Urlaub
    Beispiele: Sportmedizinische Untersuchungen, Beratung vor Fernreisen und Reiseimpfungen, Untersuchung und Bescheinigung bei Reiserücktritt
  • Medizinisch-kosmetische Leistungen
    Hier besteht meist keine medizinische Notwendigkeit, etwa bei Schönheitsoperationen oder Entfernung von Tätowierungen
  • Psychotherapeutische Leistungen (zum Beispiel Paartherapien)


2. Arztleistungen, die ohne begründeten Krankheitsverdacht oder mit innovativen Behandlungsmethoden durchgeführt werden

Der größte Teil der heutzutage in der Praxis durchgeführten IGeL sind Früherkennungs- oder Vorsorgeuntersuchungen. Beispiele sind der Ultraschall der Brust, die Glaukom-Früherkennung (Grüner Star) sowie der Ultraschall der Eierstöcke oder der Halsschlagader. Manche dieser Untersuchungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen nur in bestimmten Risikofällen (familiäre Vorbelastung) oder bei begründetem Krankheitsverdacht. In allen anderen Fällen, in denen die zusätzlichen Untersuchungen auf eigenen Wunsch der Patient:innen ohne medizinische Notwendigkeit erfolgen, müssen die Kosten selbst bezahlt werden.

Bevor Sie sich für eine IGeL entscheiden, informieren Sie sich, ob diese Leistung für Sie sinnvoll ist. Einmal gezahlt, erhalten Sie die Kosten von der Kasse nicht zurück. Fragen Sie auch im Vorfeld bei Ihrer Krankenkasse nach, ob eine IGeL möglicherweise als freiwillige Leistung übernommen wird. Eine Nachfrage lohnt sich auch bei begründetem Krankheitsverdacht oder wenn Sie zu einer Risikogruppe gehören. Wissenschaftlich geprüfte und verständliche Fachinformationen zu den wichtigsten IGeL bietet der online verfügbare IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes.

IGeL in der Praxis

Im IGeL-Monitor finden sich derzeit 62 Verfahren mit einer Bewertung. Bei den meisten überwiegt der Schaden vor dem Nutzen oder sie schneiden mit dem Ergebnis "unklar" ab.

Der Medizinische Dienst Bund spricht von fragwürdigem Umgang mit IGeL in den Praxen. Beispielsweise berichten Patient:innen, dass sie in fachärztlichen Praxen für Regeluntersuchungen Wochen und Monate auf einen Termin warten müssen. Gleichzeitig bekommen sie aber von denselben Praxen einen sofort verfügbaren Termin für Selbstzahlerleistungen angeboten.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der IGeL-Report 2023: Laut der Befragung sind die meisten Versicherten verständlich über die IGeL informiert und über deren Nutzen aufgeklärt worden. Mögliche Risiken oder Schäden der IGeL werden meist weniger thematisiert. Außerdem gaben zwei von zehn Versicherten an, bei der Entscheidung für oder gegen eine IGeL zeitlich unter Druck gesetzt worden zu sein.

Warum zahlen die Krankenkassen nicht?

Wer gesetzlich krankenversichert ist, hat Anspruch auf Leistungen zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten. Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen aber nur Leistungen bezahlen, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Welche neuen medizinischen Leistungen in diesen Leistungskatalog der Kassen aufgenommen werden, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), ein Gremium aus Vertretern von Ärzt:innen und Krankenkassen.

Bevor Angebote wie etwa die lasergestützten Augenuntersuchungen HRT (Heidelberg Retina Tomograph) oder OCT (Optische Cohärenztomographie) von den Krankenkassen bezahlt werden, müssen die wissenschaftlichen Studien dazu ausgewertet sowie Kosten, Nutzen und Schaden abgewogen werden. Den Antrag dazu können sowohl die Kassen als auch die ärztlichen Fachpersonen stellen. Bei der OCT etwa war die Studienauswertung positiv, so dass der G-BA 2018 beschloss, sie zur Kassenleistung zu machen, allerdings nur zur Diagnostik und Therapiesteuerung der neovaskulären altersbedingten Makuladegeneration (nAMD) und des Makulaödems bei diabetischer Retinopathie (DMÖ).

Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die der Gemeinsame Bundesausschuss bereits als negativ bewertet hat und die deshalb keine Kassenleistung werden dürfen, sind jedoch als IGeL erlaubt. Beispiele: Ozontherapie, Bioresonanztherapie, Colon-Hydro-Therapie oder die Ultraviolettbestrahlung des Blutes. Diese Therapien haben nach erfolgter wissenschaftlicher Analyse keinen Nutzen, sind medizinisch nicht notwendig oder nicht wirtschaftlich.

  • Manche IGeL werden bei konkretem Krankheitsverdacht zur Kassenleistung.

  • IGeL können ohne Qualitätsprüfung angeboten werden.

  • Wenn eine Untersuchungs- oder Behandlungsmethode vom höchsten Beschlussgremium des Gesundheitswesens negativ bewertet wurde, darf sie keine Kassenleistung werden. Als IGeL ist sie aber erlaubt.

  • Wissenschaftlich abgesicherte und verständliche Informationen zu den wichtigsten IGeL erhalten Sie beim IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes.

Gibt es eine gültige IGeL-Liste?

Hinter IGeL verbergen sich eine Vielzahl unterschiedlicher Untersuchungs- und Therapieverfahren. Schätzungen gehen von mehreren hundert Angeboten aus. Eine verbindliche Liste, die Aufschluss über das gesamte Spektrum gibt, existiert nicht. Es gibt lediglich eine Zusammenstellung für Ärzt:innen aus dem Jahr 2011.

Ärzt:innen können Zusatzleistungen anbieten, die sie entweder selbst entwickeln oder von Firmen übernommen haben, die sich auf IGeL spezialisiert haben. Da die Palette breit gefächert ist und sich ständig erweitert, haben Patient:innen kaum eine Chance, den medizinischen Nutzen sowie Qualität und Preis der Angebote zu überprüfen und miteinander zu vergleichen.

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