Fernwärme: Kosten sparen und gleichzeitig das Klima schonen

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Heizen mit Fernwärme gilt als komfortabel und umweltschonend. Das stimmt aber nur unter gewissen Voraussetzungen. Die Verbraucherzentrale erklärt die Vor- und Nachteile.
Ein Haus wird mit einem Schal gewärmt

Das Wichtigste in Kürze:

  • Fernwärme gelangt über Rohrleitungen von einem Kraftwerk in Ihre Wohnung. Eine eigene Heizanlage brauchen Sie nicht.
  • Wettbewerb fehlt: Jedes Fernwärmenetz ist ein lokales Monopol, der Wechsel zu einem anderen Versorger ist nicht möglich.
  • Mit der Entscheidung für Fernwärme binden Sie sich also langfristig an einen Anbieter. Wägen Sie die Vor- und Nachteile von Fernwärme deswegen vorher individuell ab.
  • Sie können eine Reduzierung der Leistung neuerdings während der Vertragslaufzeit verlangen. Das wirkt sich kostensenkend auf den Grundpreis aus.
  • Bei der Entscheidung, ob Fernwärme oder eine andere Heizungsart für Sie in Frage kommt, helfen Ihnen die unabhängigen Energieberater der Verbraucherzentralen.
  • Musterfeststellungsklagen E.ON und HanseWerk Natur: Klageregister sind eröffnet
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Was ist Fernwärme?

Unter Fernwärme versteht man die Versorgung von Gebäuden mit Raumwärme und häufig auch Warmwasser, die durch überwiegend erdverlegte, isolierte Rohrleitungen direkt in die angeschlossenen Wohngebäude geleitet wird. Fernwärme-Kund:innen brauchen daher zu Hause keine eigene Heizanlage. Zur Herstellung der Wärme dienen unter anderem Energieträger wie fossile Brennstoffe (Öl, Erdgas), Biomasse, Müll oder industrielle Abwärme und zunehmend auch erneuerbare Energiequellen. Fernwärme wird in der Regel in Heizkraftwerken hergestellt. 

Die Grafik zeigt, welche Energieträger an der Erzeugung von Fernwärme beteiligt sind. 

Fernwärme 1

In der folgenden Grafik sehen Sie in einer gröberen Aufteilung, mit welchen Energieträgern Fernwärme erzeugt wird.

Fernwärme 2

Besonderheiten bei Fernwärme

Bei Fernwärme ist der Wechsel des Wärmelieferanten nicht möglich. Planung und Betrieb des Kraftwerks und der Netze liegen in der Hand eines Unternehmens. Der Aufbau einer doppelten Infrastruktur durch ein weiteres Unternehmen wäre unwirtschaftlich. Daher ist jedes Fernwärmeunternehmen ein lokaler Monopolist.

Eine weitere Besonderheit ist, dass Kommunen für manche Grundstücke einen Anschluss- und Benutzungszwang vorsehen. Als Eigentümer:in sind Sie dann gezwungen, Ihr Haus mit Fernwärme zu versorgen. Es ist aber in den meisten Kommunen möglich, alternativ Heizungstechnik mit erneuerbaren Energien zu nutzen.

Zudem gibt es rechtliche Besonderheiten bei Fernwärme: Beispielsweise dürfen Verträge für die Dauer von bis zu zehn Jahren geschlossen werden. Die rechtlichen Grundlagen zwischen Ihnen als Kunden und den Fernwärmeanbietern sind in der AVB Fernwärme V geregelt.

Wann eignet sich Fernwärme?

Generell rechnet sich Fernwärme dann, wenn möglichst viele Nutzer an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. Denn die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen sind in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden. Zudem ist eine für die Wirtschaftlichkeit erforderliche Mindestabnahmemenge pro Meter Netz erforderlich. Aus diesen beiden Gründen eignet sich Fernwärme vor allem in dicht besiedelten Gebieten. Bei Fernwärme gilt, dass Ihr Gebäude einen gewissen Energieverbrauch haben sollte, damit sich Fernwärme für Sie eignet. Denn Sie finanzieren das Kraftwerk und die Wärmenetze anteilig über Ihren Grundpreis mit.

Auf dem Land kann sich Fernwärme lohnen, wenn Wärme lokal günstig bereitgestellt werden kann, etwa über die Verwertung von Holzhackschnitzeln oder Biogas.

Auch in Neubaugebieten kann ein Anschluss sinnvoll sein. Neben einer dichten Bebauung oder großer Wärmeabnehmer kann auch vorhandene Wärme, zum Beispiel aus industriellen Prozessen oder aus der Müllverbrennung, zu einer wirtschaftlichen Umsetzung beitragen. Durch den guten energetischen Gebäudezustand in diesen Gebieten sind wiederum auch andere technische Lösungen für ein Wärmenetz möglich, die mit geringeren Temperaturen betrieben werden.

Wenn Sie Eigentümer eines Altbaus sind, sollten Sie beim nächsten anstehenden Kesseltausch Ihrer Öl- oder Gasheizung über einen Umstieg auf Fernwärme nachdenken. Die Energieberater:innen der Verbraucherzentralen helfen Ihnen dabei gern. Eine erste Einschätzung, ob sich der Umstieg auf eine neue Heizung lohnen würde, finden sie hier.

Bei der Abschätzung, ob sich Fernwärme für Sie lohnt, sollten Sie unbedingt einen sogenannten Vollkostenvergleich anstellen. Hierbei werden alle anfallenden Kosten - von der Anschaffung der Heizung über die Wartung, bis hin zu den Schornsteinfegerkosten - über den Nutzungszeitraum Ihrer Heizung berücksichtigt.

Hintergrund: Bei Fernwärme erhalten Sie das fertige Produkt „Wärme“. Im Fernwärmepreis sind also bereits Umwandlungsverluste enthalten, die bei der Erzeugung der Wärme entstehen. Bei einer Gas- oder Ölheizung entstehen diese Erzeugungsverluste hingegen erst vor Ort im Heizungskessel. Sie benötigen also mehr Gas oder Öl, um die gleiche Menge Wärme zu erzeugen. Daher greift ein reiner Vergleich der Preise von Fernwärme mit Öl oder Erdgas zu kurz.

Was kostet Fernwärme?

Die Fernwärmepreise fallen je nach Anbieter sehr unterschiedlich aus. Betreibt ein Anbieter mehrere Fernwärmenetze, so hat häufig sogar jedes Netzgebiet einen anderen Preis. Das kann sogar innerhalb derselben Stadt zu unterschiedlichen Preisen führen.
Fernwärmepreise setzen sich in der Regel aus diesen Bestandteilen zusammen:

  • dem Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde
  • dem Grundpreis pro Kilowatt angeschlossener Leistung (auch als „Anschlusswert“ oder „Leistungspreis“ bezeichnet)

Über den Arbeitspreis wird der tatsächliche Wärmeverbrauch abgerechnet. Der Grundpreis ist ein Fixpreis pro Jahr und beinhaltet die anteiligen Kosten an Kraftwerk und Netzen. Durchschnittlich macht der Grundpreis einen Anteil an den Gesamtkosten von etwa 25 Prozent aus, der Arbeitspreis ungefähr 75 Prozent. Ein durchschnittlicher Preis für Fernwärme liegt bei etwa 16 Cent pro Kilowattstunde, wobei der Grundpreis hier anteilig enthalten ist. Von diesem Durchschnittspreis gibt es allerdings deutliche Abweichungen nach oben und unten.

Sie können auch während der Vertragslaufzeit verlangen, dass der Anbieter die Leistung anpasst. Das heißt, dass die Wärmemenge, die maximal bereitgestellt wird, reduziert wird. Dabei sollte darauf Rücksicht genommen werden, dass am statistisch kältesten Tag des Jahres weiterhin eine Raumtemperatur von 20 Grad Celsius erreicht werden können sollte. Die Anpassung der Leistung wird Ihren Grundpreis drücken. Die Fernwärme-Verordnung sieht vor, dass eine solche Anpassung einmal im Jahr möglich ist (§ 3 Absatz 1). Achten Sie darauf, dass dabei eine Frist von 4 Wochen gilt und Sie eine Änderung immer nur zum Ende eines Kalendermonats fordern können. Möchten Sie also zum Beispiel ab Mai 2022 eine andere Leistung bekommen, sollten Sie das zum 30. April 2022 fordern und sich mindestens vier Wochen vorher beim Anbieter melden.

Sie müssen bei einer solchen Forderung den niedrigeren Bedarf nicht nachweisen, wenn die Reduktion der Leistung 50 Prozent nicht überschreitet. Um mehr als 50 Prozent können Sie nur dann reduzieren, wenn Sie die reduzierte Leistung durch erneuerbaren Energien ersetzen - und das auch belegen können.

Wenn Sie komplett auf erneuerbare Energien wechseln, können Sie den Vertrag sogar ganz kündigen. Dabei gilt eine zweimonatige Frist.

Beim Wechsel auf Fernwärme fallen bei einem kleineren Gebäude zudem einmalige Umstellungskosten in Höhe von etwa 8.000 bis 15.000 Euro an. Darunter fallen die Entsorgung der Altanlage, der Anschluss an das Fernwärmenetz und der Einbau der sogenannten Fernwärmeübergabestation. Außerdem müssen Fachleute die Verteilung der Wärme in Ihrem Gebäude passend einstellen.

Urteil zu Fernwärmepreisgleitklauseln

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 26. Januar 2022 entschieden, dass ein Versorger Fernwärmepreisgleitklauseln nur dann während der Vertragslaufzeit einseitig ändern darf, wenn die zuvor vereinbarten Klauseln unwirksam waren oder durch veränderte Umstände (z.B. Änderung der verwendeten Energieträger) unwirksam geworden sind. Eine einseitige Änderung der Preise durch die Versorger hat der BGH vollständig abgelehnt.

Für Sie bedeutet das:

  • Sie können unwirksamen Preiserhöhungen widersprechen und auf die Abrechnung nach den bisherigen Preisen bestehen.
  • Sofern bereits zu Unrecht erhöhte Preise abgerechnet und bezahlt wurden, können Sie eine Erstattung des Betrages verlangen.

Sammelklage E.ON und Hansewerk Natur: Klageregister eröffnet

Seit 2020 haben E.ON und HanseWerk Natur ihre Fernwärmepreise um ein Vielfaches erhöht. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hält die Preiserhöhungen für rechtswidrig und verklagt die Unternehmen. Tragen Sie sich ins Klageregister ein, um an der Sammelklage teilzunehmen. Mehr Infos finden Sie auf dieser Seite.

Ist Fernwärme klimafreundlich?

Die Klimafreundlichkeit von Fernwärme ist sehr unterschiedlich - je nach eingesetztem Energieträger, Effizienz der Erzeugung im Kraftwerk und der Höhe der Leitungsverluste. Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung hat eine hohe Energieausbeute, und auch die Nutzung von Abwärme, die zum Beispiel bei der Müllverbrennung entsteht, ist sinnvoll.

Kraft-Wärme-Kopplung bedeutet, dass Strom und Wärme zusammen in einem Prozess erzeugt und auch beide Produkte im Anschluss genutzt werden. Dadurch wird eine sehr hohe Energieausbeute von etwa 80 Prozent erreicht. Zum Vergleich: Bei Kraftwerken, die nur Strom erzeugen und die dabei anfallende Wärme ungenutzt an die Umgebung abgeben, liegt die Energieausbeute bei ungefähr der Hälfte.

Sie können die Klimafreundlichkeit Ihrer Fernwärme nur dann beurteilen, wenn Ihr Anbieter freiwillig aufschlüsselt, welche Energieträger bei der Erzeugung der Wärme eingesetzt werden und welche CO2 -Emissionen dabei anfallen. Diese Informationen erhalten Fernwärmekunden leider nur selten.

Wichtiger Faktor für die Effizienz eines Wärmenetzes sind die Netzverluste. Indirekt werden die Netzverluste auf die Kund:innen umgelegt, denn je höher die Netzverluste sind, desto mehr Energie muss eingesetzt werden, um die Fernwärme zu erzeugen. Fernwärmeanbieter müssen die Netzverluste im Internet in leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form veröffentlichen.

Checkliste: Wichtige Argumente für und gegen Fernwärme

Was spricht für Fernwärme?

  • Fernwärme punktet in Sachen Komfort: Sie benötigen keinen eigenen Heizkessel und keinen Raum zur Lagerung von Brennstoffen. Sie haben daher weder eine einmalig hohe Investition noch müssen Sie sich um den Brennstoffkauf, die Wartung der Technik oder den Schornsteinfeger kümmern.
  • Fernwärme ermöglicht einen Beitrag zum klimafreundlichen Heizen, indem Kraft-Wärme-Kopplung und ohnehin anfallende Wärme aus Industrie und Gewerbe genutzt werden. Darüber hinaus werden vermehrt auch erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Wenn Ihnen das wichtig ist, sollten Sie sich genau ansehen, welchen Mix Ihr Fernwärmeanbieter nutzt.
  • Manche Anbieter bieten attraktive Preise, so dass Fernwärme für Sie eine günstige Art zu Heizen sein kann.
  • Mehrere Stadtwerke und einzelne Kommunen fördern den Anschluss an das Fernwärmenetz mit Zuschüssen von etwa 500 bis 3.000 Euro, je nach Wärmebedarf des angeschlossenen Gebäudes.

Förderprogramme finden

Tipp: Erkundigen Sie sich bei Ihrem Stadtwerk und Ihrer Kommune nach lokalen Förderprogrammen. Auch die KfW und einige Bundesländer fördern Fernwärme. Gerne helfen Ihnen Energieberater:innen der Verbraucherzentralen hiermit weiter.

Was spricht gegen Fernwärme?

  • Ein klarer Nachteil für Fernwärme-Kunden ist der fehlende Wettbewerb: Jedes Fernwärmenetz ist ein lokales Monopol. Anders als bei Strom und Gas können Sie den Fernwärme-Lieferanten deswegen nicht wechseln. Das ist insbesondere nachteilig, wenn Ihr Lieferant überdurchschnittlich teuer ist. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert daher Reformen des Monopolsektors Fernwärme.
  • Die Entscheidung für einen Fernwärmeanschluss treffen Sie für viele Jahre. Sie sollte deshalb gut überlegt sein.

Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.

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Musterfeststellungsklage gegen GASAG AG

2. Dezember 2021: Kunden:innen der GASAG in der Grund- oder Ersatzversorgung mit Gas zahlten vor diesem Datum 6,68 Cent pro Kilowattstunde. All jene Verbraucher:innen, bei denen der Belieferungsbeginn zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 30. April 2022 lag, zahlten mehr als 18 Cent. Der Tarif für Bestandskund:innen blieb wesentlich günstiger.
Davon betroffen sind zehntausende Verbraucher:innen. Für sie kann sich der Preisunterschied schnell auf hunderte von Euro summieren und existenzbedrohend sein.
Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen.