So steht es um Standmitteilungen von Lebensversicherungen

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Marktwächter-Untersuchung zeigt: Informationsgehalt oft zu gering.
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Verschickt werden sie oft, informativ sind sie nur selten. Viele Standmitteilungen von Kapitallebensversicherungen gehen am Informationsbedarf von Verbrauchern vorbei. Im Rahmen des Projekts Marktwächter Finanzen hat die Verbraucherzentrale Hamburg den Informationsgehalt und die Verständlichkeit von Standmitteilungen bei Kapitallebensversicherungen untersucht.

Im Zeitraum Juni 2015 bis Februar 2016 erhielt das Marktwächter-Team Standmitteilungen zu rund 900 Verträgen von Verbrauchern. Insgesamt hat das Team von 48 der rund 90 Lebensversicherer in Deutschland mindestens eine Standmitteilung erhalten und ausgewertet. Diese Gesellschaften vereinen 89 Prozent des gesamten Bruttoumsatzes der Branche. Unter den Schreiben befinden sich auch die jährlichen Briefe der 22 größten Lebensversicherer bundesweit. Besonders problematisch: Ein Viertel der untersuchten Standmitteilungen erfüllt nicht einmal die gesetzlichen Vorgaben vollständig.

Schon die Bezeichnung des Dokuments unterscheidet sich oft: Standblatt, Werteblatt, Überschussmitteilung, Unterrichtung und Kontoauszug sind nur einige der 16 verschiedenen Begriffe, mit denen Versicherer die untersuchten Standmitteilungen überschreiben. Überschüsse heißen mal Bonusguthaben, mal Gewinnanteil, mal Ansammlungsguthaben. Einheitliche Standards gibt es nicht. Auch das gesetzlich vorgeschriebene Informationspensum umfasst nur wenige Angaben. Doch manche Versicherer nennen nicht einmal die. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat sich mit den Erkenntnissen aus dieser Untersuchung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gewandt.

Die gesetzlichen Vorgaben im Einzelnen:

  • Ablaufleistung: Dies ist der Betrag, der den Kunden ausgezahlt werden soll, wenn sie den Vertrag nicht kündigen und Ihre Beiträge weiterhin zahlen. Ob der Versicherer als Ablaufleistung eine garantierte Summe oder eine Prognose nennen sollte, ist gesetzlich allerdings nicht geregelt. Zwei der 68 untersuchten Standmitteilungen enthalten keine Angaben zur Ablaufleistung.
  • Todesfallleistung: Verstirbt die versicherte Person während der Laufzeit des Vertrages, wird Angehörigen oder anderen nahestehenden Menschen diese Summe ausgezahlt. Sie wird in vier der untersuchten Standmitteilungen nicht genannt.
     
  • Garantierte Überschüsse: Bringt das eingezahlte Kapital mehr als die Mindestverzinsung, so muss der Versicherer die Kunden daran beteiligen. Ob Überschüsse gezahlt werden und wie hoch sie sind, sollte der Verbraucher in der Standmitteilung erfahren. In der Praxis geschieht dies nicht immer. So wird der Verbraucher in 14 der 68 untersuchten Standmitteilungen über die garantierten Überschüsse bei Ablauf im Unklaren gelassen.

Garantierte Leistungen werden nicht immer angegeben

Prognosen sind schwierig, besonders wenn Sie die Zukunft betreffen. Dieses geflügelte Wort gilt auch für Kapitallebensversicherungen. Wer weiß schon, wie sich die Erträge der Versicherer in den nächsten 20 oder 30 Jahren entwickeln werden? Eine informative Standmitteilung sollte Verbrauchern deshalb nicht nur eine unverbindliche Musterrechnung liefern. Sie sollten auch erfahren, wieviel sie am Ende garantiert ausbezahlt bekommen, wenn sie den Vertrag bis zum Ende durchhalten. In sechs der 68 untersuchten Standmitteilungen wird jedoch keine garantierte Ablaufleistung angegeben.

Weitere wichtige Angaben: Rückkaufswert und beitragsfreie Versicherungssumme

Lebensläufe verlaufen nicht so planmäßig wie die Musterrechnungen der Versicherer. Was passiert also, wenn ein Versicherungskunde seinen Vertrag kündigt? Eine informative Standmitteilung sollte ihn darüber nicht im Unklaren lassen. 14 der 68 untersuchten Standmitteilungen weisen jedoch keinen sogenannten Rückkaufswert (Leistung bei Kündigung) aus. In neun weiteren Standmitteilungen fehlt die Angabe der garantierten Überschüsse bei Rückkauf. Wie hoch die Ablaufleistung ist, wenn der Vertrag beitragsfrei gestellt wird, erfahren Verbraucher nur in 20 der 68 untersuchten Standmitteilungen.

Summe der Einzahlungen fehlt in allen untersuchten Standmitteilungen

Wenn Verbraucher über Jahre hinweg in einen Versicherungsvertrag einzahlen, kommt ein stattlicher Betrag zusammen. Diese Summe der insgesamt eingezahlten Beiträge wird aber in keiner der untersuchten Standmitteilungen genannt. Solange der Versicherungsbeitrag in immer gleicher Höhe gezahlt wird, können Verbraucher die Gesamtsumme zwar ohne großen Aufwand selbst errechnen. Bei vielen Verträgen sind jedoch jährliche Beitragserhöhungen vorgesehen. Kompliziert wird es auch, wenn der Versicherungskunde seinen Vertrag zeitweise beitragsfrei gestellt oder die Beitragshöhe herabgesetzt hat. In solchen Fällen kann der Verbraucher die Gesamtsumme seiner Beiträge nur anhand von alten Kontoauszügen und Versicherungsunterlagen selbstständig ermitteln. In Standmitteilungen bekommen Verbraucher bestimmte Summen in Aussicht gestellt. Die Wertentwicklung Ihres Vertrages können sie aber nur dann einschätzen, wenn sie wissen, was sie eingezahlt haben und aktuell einzahlen, um an diese Leistungen zu gelangen.


Update: Ausgelöst durch die Untersuchung der Marktwächter wurde der §155 Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), der die Standmitteilungen regelt, inzwischen konkretisiert und ist seit dem 1. Juli 2018 in Kraft. Standmitteilungen müssen nun auch die Informationen enthalten, deren Fehlen die Marktwächter kritisiert hatten, also etwa die Rückkaufswerte, die Ablaufleistungen bei Beitragsfreistellung oder die bisher eingezahlten Beiträge (bei Neuverträgen ab Juli 2018).

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