So erkennen Sie seriöse Anbieter:
Energieanbieter müssen nicht direkt Insolvenz anmelden, um Schwierigkeiten bei Verbraucher:innen zu verursachen. Es reicht schon, dass sie zu Vertragsabschluss versprochene Boni zu spät oder überhaupt nicht zahlen, überschüssiges Guthaben horten, Preise unzulässig erhöhen oder bei Rückfragen nicht erreichbar sind. Wer sich solche Probleme ersparen will, kann ein paar Vorkehrungen treffen:
- Kundenbewertungen gehen zwar immer nur auf Einzelfälle zurück, häufen sich die negativen Erfahrungen aber, kann das ein Zeichen für schlechten Service sein.
- Die Verbraucherzentralen beobachten Energieanbieter schon länger und kriegen live mit, was bei manchen schief läuft. Auf Anfrage teilen die Verbraucherzentralen in der Regel mit, ob zu bestimmten Unternehmen auffällig viele Beschwerden vorliegen. Alternativ können Sie das Verzeichnis der Abmahnungen der Verbraucherzentralen durchsehen.
- Anbieter, die länger am Markt sind, haben gegebenenfalls ein erprobtes Geschäftsmodell und schon andere Krisen durchstanden. Verbraucherzentralen können in der Regel darüber informieren, ob zu einen Unternehmen aktuelle in ein erhöhtes Beschwerdeaufkommen vorliegt.
- Zu günstige Energiepreise deutlich unter dem Marktschnitt können ein Zeichen für eine unwirtschaftliche Energiebeschaffung sein. Das Geschäftsmodell könnte in Phasen von Energieknappheit unter Druck geraten.
In vier Schritten zum neuen Stromvertrag
Schritt 1: Preise vergleichen
Energiekosten teilen sich in Grund- und Arbeitspreis. Der Grundpreis ist ein Fixbetrag pro Monat, der Arbeitspreis richtet sich nach den verbrauchten Kilowattstunden. Ein günstiger Grundpreis beim Strom liegt in der Regel um die 10 Euro pro Monat, aufs Jahr gerechnet sollte er nicht teurer als 150 Euro sein. Beim Gas beginnen günstige Grundpreise bei 5 Euro pro Monat. Die Arbeitspreise sollten in beiden Fällen unter der Energiepreisbremse liegen.
Ein guter Ausgangspunkt für die Anbietersuche sind Vergleichsportale. Diese verdienen an der Provision ihrer Vertragspartner und haben deshalb ein Interesse daran, zunächst die Unternehmen zu listen, die auch ein Vermittlungsentgelt bezahlen. Wer sucht, will gegebenenfalls aber auch Tarife von Anbietern sehen, die keinen Vertrag mit dem Vermittlungsportal haben. Sie können Ihre Suche optimieren durch:
- Alle Tarife: Wählen Sie unter den Sucheinstellungen aus, dass die Portale auch wirklich alle Energieanbieter einbeziehen. Diese Option ist manchmal etwas umständlich formuliert: "Nur Tarife mit direkter Wechselmöglichkeit anzeigen", schreibt beispielsweise ein Portal. Auch der Baustein „Hohe Kundenempfehlungsquote“ wirkt verzerrend.
- Baustein Prämien: Vergleichsportale rechnen mit Durchschnittspreisen aus Wechselprämien und Co. Um einen guten Vergleich anzustellen, sollten Sie auch den tatsächlichen Grund- und Arbeitspreis ohne Wechsel-Boni betrachten. Wer sich für einen Vertrag mit Prämie entscheidet, muss sich darauf einstellen, nach einem Jahr wieder zu wechseln. In vielen Fällen sind die Grund- und Arbeitspreise nämlich höher als bei der Konkurrenz. Der dargestellte Jahrespreis wird nur durch den einmalig gezahlten Bonus so günstig.
- Baustein Preisgarantie: Arbeitspreise sind entweder variabel vereinbart oder können auf ein Jahr fixiert sein – mit einer sogenannten Preisgarantie. Meist sind die Tarife etwas teurer, dafür haben Verbraucher:innen Planungssicherheit. Aber aufgepasst: Diese Garantien gelten nicht uneingeschränkt.
Oftmals vereinbaren Energieunternehmen im Kleingedruckten, dass sie Erhöhungen weitergeben dürfen, wenn sie die Preissteigerung nicht beeinflussen konnten. Das kann beispielsweise eine veränderte Steuer sein, aber auch höhere Abgaben oder Umlagen der Regierung. Im Gegenzug haben ihre Kund:innen nach einer Erhöhung ein Sonderkündigungsrecht und können ihren Energieversorger zum nächsten Monat verlassen. Der Preisbestandteil, den Unternehmen beeinflussen können, die Beschaffungskosten, sind von jeder Preisgarantie abgedeckt.
Schritt 2: Realistisch kalkulieren
Schätzen Sie Ihren Stromverbrauch realistisch und versuchen Sie, nicht zu hohe Verbräuche anzugeben. Orientieren Sie sich dabei am besten an ihrem letzten Jahresverbrauch, den Sie Ihrer Rechnung entnehmen können. Ist diese nicht vorhanden, können Sie sich an den Empfehlungen der Vergleichsportale orientieren, beim Gas ist es etwas komplizierter. In beiden Fällen hilft auch die Energieberatung der Verbraucherzentrale weiter. Achten Sie darauf, dass die monatlichen Abschläge zu ihrem voraussichtlichen Verbrauch passen. Das spart potenziellen Ärger, falls der Energieversorger doch pleitegehen sollte und das Guthaben nicht zurückzahlen kann. Zu niedrige Abschläge sind aber auch nicht empfehlenswert, denn dann kann eine hohe Nachzahlung drohen. Aus dem gleichen Grund sollten Sie auch zwölf und nicht – wie manchmal üblich – elf Abschläge wählen. So halten Sie den Verlust im Pleitefall gering. Außerdem sollten Sie eine Vertragslaufzeit von einem Jahr wählen. Dann stehen Sie nicht plötzlich ohne Versorger da.
Der Baustein Ökostrom trägt kaum zur Energiewende bei, weil der Ausbau klimafreundlicher Energien vor allem über das Erneuerbare-Energie-Gesetz finanziert wird. Wer dennoch Interesse an grünem Strom hat, sollte sich an den Labeln "ok-power" und "Grüner Strom Label" orientieren. Beim Gas gibt es keine vergleichbaren Siegel.
Schritt 3: Richtig kündigen
Checken Sie die Restlaufzeit Ihres bestehenden Vertrags. Diese finden Sie in der Regel auf der letzten Strom- oder Gasrechnung. Wenn die Mindestlaufzeit eines alten Vertrags abgelaufen ist, kann sich ihr Vertrag um bis zu 12 Monate verlängern, sofern er vor dem ersten März 2022 geschlossen wurde. Sind Sie in der Grundversorgung können Sie jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen kündigen.
Wenn die Mindestlaufzeit des bisherigen Energievertrags abgelaufen ist, können Sie den Wechselservice des neuen Anbieters nutzen. Dieser kündigt den bisherigen Vertrag und rückt an dessen Stelle. Wer innerhalb der Laufzeit wegen einer Preiserhöhung kündigt und von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht, müsste seinen neuen Anbieter zur Kündigung beim alten Anbieter bevollmächtigen.
Viele Anbieter kennen diese Variante der außerordentlichen Kündigung und bieten beim Auftragsformular eine entsprechende Passage zum Ausfüllen an. Suchen Sie diese Passage "Bevollmächtigung zur Kündigung wegen Preiserhöhung"oder Ähnliches. Falls Sie nicht Bestandteil des Auftrag ist, müssen Sie selbst kündigen und dann zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Vertrag mit dem neuen Anbieter abschließen.
Automatische Wechselservices für Strom- und Gaslieferverträge lohnen sich in den wenigsten Fällen, weil auch hier der Aufwand erheblich ist. Stellen Sie sich lieber eine Erinnerung in Ihrer Kalender-App und organisieren Sie den Wechsel selbst, wenn der Energievertrag ausläuft! Wer das nicht kann, ist bei einem Wechselservice aber besser aufgehoben, als sich überhaupt nicht darum zu kümmern.
Wenn Sie Ihren Vertrag gekündigt haben, ohne einen neuen abzuschließen, müssen Sie nicht befürchten, dass bald der Strom abgestellt wird. Sie fallen automatisch in die Grundversorgung zurück – bis Sie einen neuen Sondertarif abschließen.
Schritt 4: Daten löschen
Lassen Sie personenbezogenen Daten bei Ihrem alten Energieanbieter löschen. Dabei hilft dieser Musterbrief der Verbraucherzentrale. Bei Vielwechslern kann es nämlich passieren, dass Sie bei einem Energielieferanten trotz guter Bonität abgelehnt werden. Diesen kommt es regelmäßig darauf an, ihre Kund:innen zu halten.