Isoflavone – Hilfe in den Wechseljahren?

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Nahrungsergänzungsmittel mit Soja- und Rotklee-Isoflavonen - auch als Alternative zur Hormon-Therapie - sind umstritten. Wem nützen sie, wem nicht?
Nahrungsergänzungsmittel mit Soja- und Rotklee-Isoflavonen sind umstritten.

Das Wichtigste in Kürze:
Wirkung nicht bewiesen!

  • Isoflavon-haltige Nahrungsergänzungsmittel  sollen bei Wechseljahresbeschwerden helfen und vor Osteoporose schützen - die Aussagen sind allerdings nicht ausreichend gesichert.
  • Die Sicherheit isoflavonhaltiger Produkte für Frauen während der Menopause ist aufgrund mangelnder Datenlage nicht vollständig geklärt. Die empfohlene Dosis und die angegebene Einnahmedauer sollten daher keinesfalls überschritten werden.
  • Ein Marktcheck 2024 zeigt: Noch immer überschreitet ein großer Teil der erhältlichen Produkte die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlene maximale Tagesdosis für Isoflavone. Auch die empfohlenen Hinweise zur maximalen Einnahmedauer sind absolute Mangelware, bei 82 % fehlen sie.
  • Frauen, die an einem hormonabhängigen Brust-oder Gebärmutterkrebs erkrankt sind oder erkrankt waren, sollten ohne Rücksprache mit Ärztin oder Arzt auf keinen Fall isoflavonhaltige Nahrungsergänzungsmittel verwenden.
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Was steckt hinter der Werbung zu Isoflavonen?

Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und vieles mehr können sehr lästig und unangenehm sein. Immerhin bis zu 85 % der Frauen in den Wechseljahren berichten von Hitzewallungen. Östrogene sollen da Abhilfe schaffen.

Die klassische Hormonersatztherapie in den Wechseljahren wird wegen schwerwiegender Nebenwirkungen heute seltener angewendet. Seitdem ist das Interesse an alternativen Behandlungsmethoden gewachsen. In Drogerien, Reformhäusern, Apotheken oder Internet werden Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen aus Soja, Rotklee oder Kudzu-Wurzel angeboten. Sie werden als wirkungsvolle und nebenwirkungsfreie Naturprodukte angepriesen. Die Struktur der Isoflavone ähnelt der des menschlichen Hormons Östrogen, weshalb sie auch als pflanzliches Östrogen bezeichnet werden.

Von Asiatinnen, die sich traditionell ernähren und regelmäßig Sojaprodukte verzehren, wird berichtet, dass sie kaum unter Wechseljahresbeschwerden leiden. Ob und inwieweit diese Beobachtung tatsächlich auf eine sojareiche Ernährung zurückgeht, ist allerdings umstritten. Außerdem ist wichtig zu unterscheiden, ob Isoflavone aus komplexen Lebensmitteln - wie bei einer sojareichen Ernährung - oder in isolierter, hochdosierter und angereicherter Form mit Nahrungsergänzungsmitteln aufgenommen werden.

Eine Ausnahme bildet das Phytoöstrogen Genistein. Es gibt Hinweise darauf, dass dieser Pflanzenstoff in höherer Dosierung (60 mg/Tag) möglicherweise die Anzahl der täglich auftretenden Hitzewallungen ein wenig senken kann. Genistein darf aber nicht isoliert in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden. Es fehlen entsprechende Langzeituntersuchungen zur Sicherheit. Berichtet wird u.a. von häufigeren Magen-Darm-Beschwerden. Auch Produkte, die im Namen mit Genistein werben, enthalten nur einen nicht standardisierten Sojaisoflavonextrakt. Insgesamt spielt der Placebo-Effekt bei diesen Produkten eine große Rolle.

Laut Europäischer Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) gibt es keine ausreichend gesicherten Hinweise, dass isolierte Soja-Isoflavone bei Wechseljahresbeschwerden helfen. Auch eine vorbeugende Wirkung bei Osteoporose durch Isoflavone ist nach derzeitigem Wissensstand nicht ausreichend erwiesen.

Isoflavone dürfen deswegen nicht als Hilfe bei Wechseljahrs­beschwerden beworben werden, trotzdem gibt es etliche Produkte auf dem Markt. Die Hersteller umgehen dieses Verbot nämlich, in dem sie zu den Isoflavon-Zubereitungen bestimmte Vitamine wie B6 ("trägt zur Regulierung der Hormontätigkeit bei"), C und K ("zur Erhaltung gesunder Knochen") oder B1 und B12 ("wichtig für die Nervenfunktion") hinzugeben, für die die genannten Gesundheitsaussagen erlaubt sind. Der Tagesbedarf an diesen Vitaminen lässt sich aber in der Regel durch eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung decken. Eine zusätzliche Gabe ist selten sinnvoll.

Wegen der unklaren Sicherheitslage bei der Einnahme von Isoflavonen haben die EFSA und das Bundesinstitut für Risikobewertung bereits 2015 Tageshöchstmengen (siehe nächster Abschnitt) empfohlen. Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen im Oktober 2024 zeigte: Immer noch überschreiten 41 % der isoflavonhaltigen Produkte (vor allem mit Rotklee) diese Tagesmengen.

Auf was sollte ich bei der Verwendung isoflavonhaltiger Produkte achten?

  • Für gesunde Frauen nach den Wechseljahren gibt es von der EFSA empfohlene Orientierungswerte für die Dosierung und Einnahmedauer von Nahrungsergänzungsmitteln mit isolierten Isoflavonen.
    Das sind bei Präparaten auf Soja-Basis max. 100 mg Isoflavone pro Tag für höchstens zehn Monate, für Präparate auf Rotklee-Basis max. 43,5 mg Isoflavone pro Tag für höchstens drei Monate.
    Ein großer Teil der am Markt erhältlichen Produkte enthält höhere Mengen, vor allem Rotklee-Produkte. Vor allem fehlen die Empfehlungen zur maximalen Einnahmedauer.
     
  • Für Frauen in den Wechseljahren gibt es überhaupt keine Daten zur Sicherheit. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät auch diesen Frauen diese Orientierungswerte vorbehaltlich neuer Erkenntnisse nicht zu überschreiten. Die Verbraucherzentralen raten dieser Personengruppe von der Einnahme Isoflavon-haltiger Nahrungsergänzungsmittel eher ab, empfehlen auf jeden Fall eine ärztliche Überwachung. Es besteht immer noch eine gewisse Unsicherheit darüber, ob das bei Frauen in den Wechseljahren ohnehin gesteigerte Brustkrebsrisiko durch die Verwendung solcher Produkte weiter erhöht werden könnte.
     
  • Wenn Sie an einem östrogenabhängigen Brust- oder Gebärmutterkrebs erkrankt sind oder erkrankt waren, sollten Sie auf keinen Fall isoflavonhaltige Nahrungsergänzungsmittel ohne ärztliche Rücksprache konsumieren.
     
  • Nach Auffassung der Verbraucherzentralen sollten Frauen, in deren Familien bei nahen Verwandten bereits Brust- oder Gebärmutterkrebs aufgetreten ist, ebenfalls besondere Vorsicht walten lassen und sicherheitshalber das Arztgespräch suchen.
     
  • Wenn Sie das Schilddrüsenhormon Thyroxin einnehmen müssen, sollten Sie Isoflavon-haltige Nahrungsergänzungsmittel ebenfalls nur nach ärztlicher Rücksprache nehmen, da die Einstellung des Medikamentenspiegels erschwert sein kann.
     
  • Grundsätzlich ist es besser, wenn Sie isoflavonhaltige Nahrungsergänzungsmittel nur nach ärztlicher Beratung verwenden.
     
  • Durch die Einnahme isoflavonhaltiger Nahrungsergänzungsmittel können kurzfristig akute Beschwerden wie Übelkeit, Verstopfung, Schwellungen oder Hautrötungen auftreten. Dabei handelt es sich möglicherweise um allergische Reaktionen auf das in den Produkten enthaltene Sojaeiweiß. Durch sogenannte Kreuzallergien können sojahaltige Lebensmittel auch bei Personen mit Birkenpollenallergie schwere allergische Reaktionen auslösen
     
  • Lebensmittel, wie Sojamilch oder Tofu, enthalten neben den in die natürliche Lebensmittelmatrix eingebetteten Isoflavonen noch wertvolle Proteine und Ballaststoffe. In normalen Mengen können solche Lebensmittel bedenkenlos gegessen werden.

 

Produkte, die Cimicifuga (Wurzelstock der Traubensilberkerze) oder Mönchspfeffer (Keuschlamm, Vitex agnus-castus) enthalten, sind eigentlich (traditionelle) pflanzliche Arzneimittel, keine Nahrungsergänzungsmittel. Die Expertenkommission Stofflisten aus Deutschland / Österreich / Schweiz empfiehlt, den Einsatz von Cimicifuga in Lebensmitteln (incl. Nahrungsergänzungsmitteln) zu verbieten, den von Mönchspfeffer einzuschränken.

Auch für Cimicifuga gibt es zu wenig Daten hinsichtlich der Langzeitsicherheit, so dass diese Arzneimittel maximal sechs Monate eingenommen werden sollten. Hinzu kommt, dass einige Frauen während der Einnahme von Cimicifuga teils schwere Leberschäden entwickelten. Mönchspfeffer kann allergische Reaktionen, Hautausschläge, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Bauchschmerzen verursachen und hat Wechselwirkungen mit einer Reihe von Medikamenten. Beides besser nicht ohne ärztlichen Rat verwenden.

 

Was sind Isoflavone?

Isoflavone sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die insbesondere in Sojabohnen aber auch in Rotklee oder Kudzu vorkommen. Die Struktur und Wirkungsweise der Isoflavone ähnelt der des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen, weshalb es auch als Phytoöstrogen bezeichnet wird. Die wichtigsten Isoflavone sind Genistein (Soja, Rotklee) und Daidzein (Soja). In Kichererbsen und Rotklee gibt es außerdem das noch schwächer wirkende Isoflavon Biochanin A.
Neben den Isoflavonen hat auch eine weitere Gruppe sekundärer Pflanzenstoffe, die Lignane, eine schwache östrogene Wirkung. Lignane kommen vor allem in Leinsamen (max. 2 EL pro Tag), Sesamsamen, Sonnenblumenkernen und Oliven vor, aber auch in Getreide (Weizenkleie, Roggen, Buchweizen, Hafer), Gemüse wie Möhren, Brokkoli, Fenchel, Zwiebeln oder Knoblauch sowie bestimmten Obstsorten (Äpfel, Birnen, Kirschen, Pfirsiche, Pflaumen).

Tipp: Eine (kleine) US-Studie über 12 Wochen hat gezeigt, dass insbesondere schwere Hitzewallungen durch eine fettarme, vegane Ernährung, bei der täglich eine halben Tasse gekochte Sojabohnen (86 Gramm) verzehrt werden, deutlich gebessert werden könnten. Durch die rein pflanzliche Kost wird das Bakterienspektrum im Darm verändert, was allerdings einige Wochen dauert. Die "neuen" Bakterien wandeln das in den Sojabohnen enthaltene Genistein in das etwas stärker wirkende Phytoöstrogen Equol um. Außerdem enthält eine solche Kostform auch sehr viel mehr Lignane. Vielleicht probieren Sie es mal mit der Umstellung? Achten Sie bei einer rein veganen Ernährung aber auf eine zusätzliche Supplementierung mit Vitamin B12 und eine ausreichende Versorgung mit Jod.

 

Weitergehende Informationen:

Marktcheck Isoflavone für die Wechseljahre, Nachprüfung Oktober 2024

Wechseljahre: Krebsrisiko durch Hormone? Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen – was dagegen hilft und nicht schadet, Krebsinformationsdienst, Stand: 19.06.2023

Wechseljahrsbeschwerden selbst lindern, gesundheitsinformation.de, Stand: 02.01.2023

Wechseljahresbeschwerden / klimakterische Beschwerden. Frauenärzte im Netz, Stand: 18.05.2018

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Ernährung in den Wechseljahren, Stand: November 2023

 

Quellen:


Barnard N et al. (2021): The Women's Study for the Alleviation of Vasomotor Symptoms (WAVS) a randomized, controlled trial of a plant-based diet and whole soybeans for postmenopausal women. Menopause: 12.07.2021

BfR: Isoflavone (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

BfR (2023): Sojahaltige Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel: Gesundheitliche Aspekte. Aktualisierte Mitteilung Nr. 36/2023 vom 02.08.2023

Bundesinstitut für Risikobewertung BfR: Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen: Bei Einnahme in und nach den Wechseljahren Orientierungswerte für Dosierung und Anwendungsdauer einhalten. Mitteilung Nr. 043/2015 vom 16.11.2015 (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

Bundesinstitut für Risikobewertung BfR: Isolierte Isoflavone sind nicht ohne Risiko Aktualisierte Stellungnahme Nr. 039/2007 des BfR vom 03.04.2007, aktualisiert am 29.10.2007 (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

EFSA: Isoflavone in Nahrungsergänzungsmitteln für Frauen nach der Menopause: kein Hinweis auf schädliche Wirkung, Stand: 21.10.2015 (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

BfArM: Cimicifuga-haltige Arzneimittel: Leberschäden, Stufenplan, Stufe II. Stand: 12.06.2009 (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

Stofflisten des Bundes und der Bundesländer. Unter Mitwirkung von Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. 2. Auflage, Stand: 29.09.2020 (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

Kerschner B (2015): Wechseljahre: Mit Pflanzenkraft gegen Hitzewallungen? Medizin transparent, Stand: 27.08.2015 (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

Mair I (2022): Mönchspfeffer: Wirkung wenig belegt. Medizin transparent, Stand: 05.09.2022 (zuletzt abgerufen am 06.02.2024)

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