Europäische Masthuhn-Initiative: Lebensmittelhändler verpflichten sich
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30 europäische Tierschutzorganisationen haben die Europäische Masthuhn-Initiative gegründet. Sie richtet sich an Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft. Wir erklären Ihnen, was sich dahinter verbirgt.
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Europäische Masthuhn-Initiative
Das Wichtigste in Kürze:
Die Initiative zielt darauf ab, die größten Tierschutzprobleme in der Hühnermast zu entschärfen. Ihre Anforderungen sind strenger als der gesetzliche Mindeststandard.
Die teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich, die Kriterien der Initiative bis spätestens 2026 zu erfüllen.
Die Verbraucherzentralen begrüßen diese Initiative und insbesondere, dass sich auch die Lebensmittelindustrie und die Gastronomie ihrer Verantwortung für das Tierwohl stellen.
Wir halten die Initiative für einen ersten Schritt in die richtige Richtung.
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Die Masthühnerhaltung hat sich in den letzten Jahrzehnten extrem verändert. Es wurden spezielle Mastrassen gezüchtet, die in kürzerer Zeit immer mehr an Gewicht zulegen und eine stark vergrößerte Hühnerbrust haben. Doch die wirtschaftlichen Vorteile gehen zulasten der Tiere: Tiergesundheitsprobleme und hoher Arzneimitteleinsatz sind weit verbreitet.
Europäische Tierschutzorganisationen (für Deutschland: Albert-Schweitzer Stiftung, Deutscher Tierschutzbund, Vier Pfoten, Provieh, Menschen für Tierrechte) wollten nicht länger tatenlos zusehen und beschreiten einen neuen Weg. Dabei wenden sie sich nicht an die Tierhalter, sondern direkt an die Lebensmittelwirtschaft. Die soll sich der Europäischen Masthuhn-Initiative anschließen.
Die Teilnehmer verpflichten sich, spätestens ab dem Jahr 2026 ausschließlich Hühnerfleischprodukte zu verwenden, die aus verbesserter Haltung stammen. Ganz unterschiedliche Unternehmen sind bereits im Boot: Lebensmittelhersteller, Akteure der Gemeinschaftsverpflegung, Fast-Food-Gastronomie und Lebensmittelhändler wie beispielsweise Nestlé, Unilever (Knorr und Unox), Danone, Dr. Oetker, Frosta, Iglo, Rügenwalder Mühle, Bofrost sowie die Caterer Apetito, Sodexo und Sander. Auch das Möbelhaus Ikea, die Hotelkette Accor, die Fast-Food-Ketten KFC, Domino`s Pizza, Subway, Hans im Glück oder Dean & David gehören dazu. Verschiedene Studentenwerke (u. A. München, Stuttgart, Saarland, Freiburg, Mainz, Siegen, Dortmund oder Aachen) und auch Hello Fresh sind ebenfalls dabei. Auch die Discounter Aldi und Norma sowie die Supermärkte Globus und Tegut haben sich der Europäischen Masthuhn-Initiative angeschlossen.
Kriterien der Masthuhn-Initiative im Vergleich mit anderen Regelwerken
Hier stellen wir einzelne Kriterien der europäischen Masthuhn-Initiative anderen Regelungen gegenüber: dem gesetzlichen Mindeststandard in Deutschland, der Initiative Tierwohl, dem Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbunds und der EU-Öko-Verordnung. Eine Übersicht können Sie auch als Tabelle im PDF-Format herunterladen.
Wie viele Tiere dürfen pro Quadratmeter im Stall stehen?
Europäische Masthuhn-Initiative:
bis zu 20 Tiere pro Quadratmeter bzw. 30 Kilogramm pro Quadratmeter
Gesetzlicher Mindeststandard:
bis zu 26 Tiere bzw. 39 Kilogramm
Initiative Tierwohl:
bis zu 23 Tiere bzw. 35 Kilogramm
Tierschutzlabel (Einstiegsstufe):
bis zu 17 Tiere bzw. 29 Kilogramm
EU-Öko-Verordnung:
bis zu 10 Tiere bzw. 21 Kilogramm
Welche Hühnerrassen sind vorgeschrieben?
Europäische Masthuhn-Initiative:
Bestimmte Rassen sind vorgeschrieben (langsam wachsend, robust)
Tierschutzlabel (Einstiegsstufe):
Außenklimakontakt im Kaltscharrraum
EU-Öko-Verordnung:
Ja, Zugang zu Freigelände
Wie sieht die Kontrolle aus?
Europäische Masthuhn-Initiative:
Nachweis der Einhaltung der Standards durch Audits unabhängiger Dritter und jährliche öffentliche Berichterstattung zum Fortschritt der Umsetzung
Gesetzlicher Mindeststandard:
Keine zusätzliche Kontrolle zu der staatlichen Kontrolle
Initiative Tierwohl:
Jährliche Audits durch Dritte
Tierschutzlabel (Einstiegsstufe):
Mind. 2 unangekündigte Audits pro Jahr durch Dritte
EU-Öko-Verordnung:
Jährliche Audits durch Öko-Kontrollstelle
Einschätzung der Verbraucherzentralen
Die Verbraucherzentralen begrüßen jede Maßnahme, die zu mehr Tierwohl beiträgt. Die Europäische Masthuhn-Initiative unterscheidet sich deutlich von anderen Ansätzen zur Verbesserung der Nutztierhaltung.
Zum einen ist es bemerkenswert, dass so viele europäische Tierschutzorganisationen sich auf gemeinsame Kriterien verständigen konnten.
Außerdem sind Lebensmittelindustrie und Gemeinschaftsverpflegung Zielgruppen, die bisher eher weniger im Fokus der Tierschutzinitiativen standen. Doch gerade diese Akteure der Lebensmittelwirtschaft spielen eine zunehmend wichtige Rolle als Abnehmer von Frischfleisch, denn immer mehr Menschen essen außer Haus und greifen für Mahlzeiten zu Hause auf vorverarbeitete Lebensmittel zurück.
Da so große Unternehmen an der Initiative teilnehmen, erhoffen wir uns davon eine Signalwirkung für weitere Unternehmen aus diesen Branchen und damit eine europaweite Verbesserung des Tierwohls in der Masthühnerhaltung – und einen Anstoß zu weiteren Initiativen für andere Nutztierarten.
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