Lebensmittel mit Algen: Gute Jodquelle oder Risiko?

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Algenprodukte liegen im Trend. Sie können Jod liefern – manchmal aber auch zu viel. Eine Untersuchung zeigt: Einzelne Produkte bergen gesundheitliche Risiken.
Algen angerichtet auf einem Teller

Das Wichtigste in Kürze:

  • Eine Analyse von 19 algenhaltigen Lebensmitteln ergab sehr unterschiedliche Jodgehalte – von vernachlässigbaren bis zu gesundheitlich bedenklichen Jodmengen.
  • Algenprodukte können zur Jodversorgung beitragen.
  • Acht Produkte überschritten den Richtwert, ab dem Warnhinweise und Angaben zum Jodgehalt empfohlen sind. Diese Angaben und Empfehlungen zur maximalen Verzehrmenge fehlten meist.
  • Bei einzelnen Produkten genügen bereits kleine Portionen, um die tolerierbare tägliche Jodmenge zu überschreiten.
  • Die Verbraucherzentralen fordern Pflichtangaben und gesetzliche Höchstmengen für Algenprodukte mit hohen Jodgehalten.
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Was haben Algen mit Jod zu tun?

Algen gelten als nährstoffreiche und zukunftsfähige Lebensmittel. Sie sind sowohl in traditionellen asiatischen Gerichten als auch in neuen Produktentwicklungen als Zutat sehr beliebt.

Eine Besonderheit der Meeresalgen ist ihre Fähigkeit, große Mengen Jod anzureichern. Das bietet zum einen Potential für eine bessere Jodversorgung, birgt aber auch die Gefahr einer übermäßigen Jodaufnahme, die die Schilddrüse schädigen kann. 

Als optimale Aufnahmemenge gelten 150 Mikrogramm Jod pro Tag, dauerhaft sollten es nicht mehr als 600 Mikrogramm täglich sein. In Algen werden zum Teil sehr hohe Jodgehalte festgestellt, die je nach Art und Herkunft stark variieren können.

Im Rahmen der Lebensmittelüberwachung stehen bislang vor allem unverarbeitete Algen im Fokus. Das Problem zu hoher Jodgehalte ist daher bereits bekannt: Im Jahr 2023 wiesen laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) 75 von 82 untersuchten Algenproben Gehalte über 2.000 Mikrogramm pro 100 Gramm Trockenmasse auf. Ab diesem Wert empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Warnhinweise sowie Angaben zum Jodgehalt und zur maximalen Verzehrmenge

Dennoch fehlte bei fast jeder siebten Probe die erforderliche Kennzeichnung. Ohne diese Angaben ist für Verbraucher:innen kaum erkennbar, ob ein Produkt unbedenklich oder riskant ist.
 

Jod – das richtige Maß

  • Jod ist wichtig für eine gesunde Schilddrüsenfunktion – sowohl ein Mangel als auch eine Überversorgung können Probleme verursachen.
  • Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Jugendlichen und Erwachsenen eine Aufnahme von 150 Mikrogramm Jod pro Tag.
  • In Deutschland ist die Jodversorgung unzureichend. Viele Menschen nehmen zu wenig Jod auf.
  • Eine dauerhafte hohe Jodaufnahme kann jedoch ebenfalls die Schilddrüse belasten.
  • Deshalb rät die DGE, täglich nicht mehr als 600 Mikrogramm Jod aus allen Quellen — wie Fisch, Milchprodukten, jodiertem Speisesalz, aber auch Nahrungsergänzungsmitteln oder algenhaltigen Lebensmitteln — zusammen aufzunehmen.
  • Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen sollten besonders vorsichtig sein und bei Unsicherheit ärztlichen Rat einholen.

Was ergaben die Analysen der Algenprodukte?

Für die Untersuchung wählten die Verbraucherzentralen 19 algenhaltige Produkte, darunter Salate, Snacks, Nudeln, Tee und vegane Fischersatzprodukte. Die Ergebnisse zeigen: von vernachlässigbaren bis gesundheitlich bedenklichen Jodmengen ist alles dabei:

  • Die Jodgehalte lagen zwischen weniger als 10 Mikrogramm und 8.720 Mikrogramm pro 100 Gramm Lebensmittel.
  • 8 von 19 Produkten überschritten den Richtwert von 2.000 Mikrogramm Jod pro 100 Gramm Trockenmasse - ab diesem Wert sind Warnhinweise, Jodgehaltsangaben und Verzehrempfehlungen empfohlen.
  • Keines dieser Produkte trug alle empfohlenen Angaben.

Vernachlässigbare Jodgehalte

Zwei Produkte können trotz Meeresalgen als Zutat keinen nennenswerten Beitrag zur Jodversorgung leisten. Bei einer veganen Alternative zu Schillerlocken lag der Jodgehalt unter der Bestimmungsgrenze und auch der untersuchte Grüntee mit Wakame lieferte in 100 Millilitern lediglich 11 Mikrogramm Jod. 

Ein möglicher Beitrag zur Jodversorgung

Die Mehrheit der Produkte – 14 von 19 – kann einen Beitrag zur Jodversorgung leisten. Entscheidend sind dabei neben dem Jodgehalt auch die üblichen Portionsgrößen. 

So enthielten etwa Algensnacks und ein Gewürz zwar hohe Jodgehalte, werden aber nur in kleinen Mengen gegessen. Das Risiko einer Überversorgung ist daher gering. 

Andere Produkte wie Salate aus der Wakame-Alge, ein Algen-Tatar oder eine vegane Thunfischalternative enthielten mittlere Jodmengen, werden jedoch in größeren Portionen gegessen. Sie können einen Beitrag zur Jodversorgung leisten, sollten jedoch nicht regelmäßig in großen Mengen verzehrt werden. 

Achtung: zu viel kann gefährlich werden. Eine Dose veganer Thunfischersatz (140 Gramm) oder eine Portion Wakame-Salat (150 Gramm) lieferten etwa 200 bis 315 Mikrogramm Jod – und damit mehr als die empfohlene Tageszufuhr. Sie tragen deutlich zur Gesamtaufnahme bei, die dauerhaft nicht über 600 Mikrogramm liegen sollte – aus allen Quellen zusammen, einschließlich Jodsalz, Fisch, Milch, Nahrungsergänzungsmitteln und eben algenhaltigen Lebensmitteln.

Wichtig ist daher eine klare Kennzeichnung. Nur wenn Verbraucher:innen über Jodgehalte, maximale Verzehrmengen und Warnhinweise informiert werden, können sie Produkte sicher konsumieren. Bei einem Drittel der Produkte fehlten diese Informationen. Das kann dazu führen, dass Verbraucher:innen unbemerkt zu viel Jod aufnehmen. 

Bedenklich hohe Jodmengen

Drei Produkte führten bereits bei üblichen Verzehrmengen zu gesundheitlich bedenklich hohen Jodaufnahmen.

Ein Rooibostee mit Kombu wurde von den Verbraucherzentralen als unsicher eingestuft: Schon etwa 55 Milliliter reichten aus, um die tägliche Höchstmenge zu erreichen – eine normale Tasse (150 ml) enthielt fast das Dreifache. Angaben zum Jodgehalt, der Verzehrmenge oder Warnhinweise fehlten völlig.

Auch zwei Algenpasta-Produkte wiesen sehr hohe Jodgehalte auf. Besonders problematisch: Auf einer der Verpackungen stand ein sehr niedriger, völlig unbedenklicher, allerdings falscher Jodgehalt. Gerade einmal 12 Gramm Algenpasta genügen, um die tolerierbare tägliche Höchstmenge an Jod zu erreichen– für Pasta eine völlig unrealistisch kleine Portion.

Diese Beispiele zeigen: Eine sichere Einschätzung ist für Verbraucher:innen schwer möglich.

Wie wurde untersucht?

Im Rahmen eines Marktchecks zu Lebensmitteln mit und aus Algen untersuchten die Verbraucherzentralen im Jahr 2024 die Kennzeichnung von 142 Produkten. Im Mai und Juni 2025 erwarben die Verbraucherzentrale 19 dieser Produkte im Handel und ließen sie in einem nach DIN EN 17025 akkreditierten Labor analysieren.

Die Bestimmung des Jodgehaltes erfolgte mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma nach der Norm DIN EN 15111:2007-06. Die Bestimmungsgrenze lag bei 10 Mikrogramm Jod pro 100 Gramm. Zusätzlich wurde die Trockenmasse rechnerisch bestimmt, durch die Bestimmung des Wassergehaltes mittels Normmodifikation auf Matrix Lebensmittel nach § 64 LFGB L 06.00-3: 2014-08, mit einer Bestimmungsgrenze von 0,5 Gramm pro 100 Gramm. Außerdem prüften die Verbraucherzentralen die Verpackungen auf Warnhinweise, Jodangaben und Verzehrempfehlungen.

Die Stichprobe ist nicht repräsentativ – die Jodgehalte in Algen und daraus hergestellten Produkten können stark variieren.
 

Das fordern die Verbraucherzentralen

Damit Verbraucher:innen sicher entscheiden können, fordern die Verbraucherzentralen bei Lebensmitteln mit Algen:

  • Pflichtangabe des Jodgehalts in der Nährwertdeklaration,
  • Klare Empfehlungen zur maximalen Verzehrmenge,
  • Warnhinweise bei hohen Jodgehalten,
  • Angabe der verwendeten Algenart und des Anteils im Produkt,
  • gesetzliche Höchstmengen für Jod in Algen
  • und dass Hersteller ihrer Sorgfaltspflicht bei Kennzeichnung und Kontrolle nachkommen.

Tipps für die Jodversorgung im Alltag

  • Achten Sie auf die Angabe "Algen" in der Zutatenliste - sie kann ein Hinweis auf Jod sein. Achtung: Kombu ist besonders jodreich!
  • Berücksichtigen Sie Warnhinweise und Verzehrempfehlungen.
  • Für eine ausreichende Jodversorgung eignet sich der regelmäßige Verzehr von Seefisch und Meeresfrüchten sowie von Milch und Milchprodukten.
  • Wenn Sie Salz bei der Lebensmittelzubereitung nutzen, verwenden Sie jodiertes Speisesalz.
  • Bei Fertiglebensmitteln lohnt sich ein Blick in die Zutatenliste, die den Einsatz von Jodsalz kennzeichnet.
  • Auch algenhaltige Lebensmittel dürfen einen Platz in einer ausgewogenen Ernährung haben.
  • Wenn Sie eine Schilddrüsenerkrankung haben, fragen Sie vor dem Verzehr den Hersteller nach dem Jodgehalt des Erzeugnisses.

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