Energiearmut: Das können Betroffene tun

Stand:
Hohe Energiepreise machen vor allem Menschen mit geringem Einkommen zu schaffen. Wer den Überblick über die Ausgaben verliert oder wem eine Energiesperre droht, sollte schnellstmöglich Hilfe suchen.
Stecker und eine leere Hosentasche symbolisieren Energiearmut.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Behalten Sie Ihre Einnahmen und Ausgaben im Blick, zum Beispiel mit einem Haushaltsbuch
  • Zahlen Sie Strom- und Gasrechnungen immer zuerst
  • Handeln Sie bei einer angedrohten Energiesperre sofort
  • Wenn eine Energiesperre eingetreten ist und Sie bemerken, dass Sie alleine nicht zurechtkommen, suchen Sie schnellstmöglich Hilfe bei Beratungsstellen

 

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Energiearmut: Wann liegt sie vor? Bin ich betroffen?

Die hohen Energiekosten treiben Verbraucher:innen nun schon seit Monaten um. Während im vergangenen Jahr die Preise auf dem Energiemarkt in die Höhe schnellten, flatterten kurz danach auch bei vielen Verbraucher:innen Schreiben ihrer Energieversorger oder Vermieter:innen ins Haus. Mit Verweis auf die hohen Energiepreise erhöhten sie die monatlichen Abschlagszahlungen, etwa um sehr hohe Nachzahlungen am Ende des Abrechnungszeitraumes zu vermeiden. Das wiederum forderte insbesondere Verbraucher:innen mit geringem Einkommen heraus: Wie die monatlichen Mehrkosten bezahlen?

Verbraucher:innen mit geringem Einkommen mieten oft günstigeren Wohnraum an. Doch genau dieser entpuppt sich in der Energiekrise häufig als Kostenfalle, auch, weil sich viele günstigere Mietwohnungen mitunter in einem eher schlechten Zustand befinden. So sind ältere Heizungsmodelle oder Stromdirektheizungen vermehrt in günstigeren Miethäusern zu finden – und die treiben die Kosten zusätzlich. Zudem sind hier oft die Außenwände nicht ausreichend gedämmt oder Fenster und Türen undicht. Das hat zur Folge, dass viel Wärme verloren geht. Wer die Wohnung dennoch warmhalten will, muss entsprechend mehr heizen – und auch das treibt die Energiekosten weiter in die Höhe. So können viele Verbraucher:innen die hohen Ausgaben für Energie nur noch stemmen, weil sie an anderen Stellen eisern sparen oder verstärkt auf ihren Energieverbrauch achten und diesen, wo sie nur können, reduzieren. Und dennoch: Das Risiko für Energiearmut steigt.

Was ist Energiearmut?

Energiearmut beschreibt eine Situation, in der Menschen aufgrund geringer oder fehlender finanzieller Mittel keinen oder nur beschränkten Zugang zu Strom, Gas oder Heizöl haben. Als ein Richtwert gilt etwa das Verhältnis der Ausgaben zum Haushaltsnettoeinkommen: Liegen die Ausgaben für Heizen, Warmwasser und Strom bei mehr als zehn Prozent des Nettoeinkommens eines Haushaltes, liegt Energiearmut vor.

 Das Geld wird knapp? So behalten Sie ihre Ausgaben im Blick

Sind die Abschläge der Energieversorger oder Vermieter:innen derart stark gestiegen, dass es finanziell eng wird, sollten sich Verbraucher:innen umgehend einen Überblick über ihre Finanzen verschaffen. Hilfreich kann es sein, regelmäßig ein Haushaltsbuch zu führen. Das kann zum Beispiel ein Notizbuch sein, in dem die Einnahmen und Ausgaben händisch eintragen werden, eine Excel-Liste oder eine nutzerfreundliche App. Wichtig ist dabei, dranzubleiben, regelmäßig einzutragen und am Ende des Monats Bilanz zu ziehen: Wie viel Geld bleibt am Monatsende übrig? Wo hätte ich sparen können? Was kann ich im nächsten Monat besser machen?

Wenn das Geld nicht mehr reicht – Was kann ich tun?

Verträge richtig priorisieren

Zahlen Sie Ihre Miete, Strom- und Gasrechnungen immer zuerst – auch wenn andere Rechnungen offen sind und Sie hier bereits zur Zahlung aufgefordert wurden. Warum? Kommen Sie den Forderungen der Energieversorger nicht zeitnah nach, droht Ihnen schon bei Rückständen von zwei Abschlägen, die zusammen mindestens 100 Euro betragen müssen, eine Strom- und Gassperre.

Prüfen Sie die Höhe der Abschläge

Prüfen Sie, ob die Höhe der Rechnungen und der Abschläge stimmt, ob die Preisbremse richtig berechnet wurde und der Tarif stimmt. Suchen Sie im Zweifel Beratungsstellen auf und holen Sie sich Unterstützung. Verbraucherzentralen machen die Erfahrung, dass die Abschläge oder Entlastungsbeträge bei vielen Verbraucher:innen falsch berechnet sind. So kommt es vor, dass Verbraucher:innen beispielsweise einen Abschlag von monatlich 400 Euro für Gas bezahlen. Nach richtiger Berechnung und Anpassung an den tatsächlichen Verbrauch liegt der Abschlag jedoch bei nur noch 150 Euro.

Wechseln Sie den Anbieter

Vergleichen Sie die Tarife von anderen Anbietern. Ein Anbieterwechsel kann sich derzeit wieder lohnen und helfen, die Energiekosten in einen bezahlbaren Bereich zu bringen oder Freiräume zu schaffen, um einen Rückstand aus einer Rechnung zu begleichen.

Zähler ablesen und Höhe der Abschläge prüfen

Prüfen Sie zunächst, ob der Betrag stimmt, den der Versorger fordert. Denn der darf Strom oder Gas erst dann sperren, wenn Rückstände in Höhe von zwei Monatsabschlägen und mindestens 100 Euro bestehen. Da Abschläge immer Vorauszahlungen auf einen geschätzten Verbrauch sind, sollten Sie in solchen Fällen zuallererst den Zähler ablesen und schauen, ob Sie vielleicht weniger verbraucht haben. Falls ja, teilen Sie die korrekten Werte dem Versorger umgehend mit. Dann kann der Abschlag korrigiert werden und der Rückstand schrumpfen – und die Sperre ist mit etwas Glück vom Tisch.

Kontakt mit Versorger aufnehmen und um Ratenplan bitten

Stimmt der Rückstand und Sie können ihn nicht begleichen? Dann nehmen Sie sofort Kontakt mit dem Versorger auf. Wenn eine Sperre droht ist der Versorger verpflichtet Ihnen im Rahmen einer Abwendungsvereinbarung einen zinslosen Ratenplan mit Mindestlaufzeiten anzubieten. Wichtig: Bietet der Versorger lediglich eine Ratenvereinbarung über 6 Monate an, können Sie dagegen vorgehen. Bei Forderungen über 300 Euro muss die Abwendungsvereinbarung aus mindestens 12 bis 24 Raten bestehen.

Ratenhöhe zu hoch? Hilfe suchen!

Sollte die Ratenhöhe immer noch zu hoch sein, nehmen Sie Kontakt mit Organisationen der freien Wohlfahrtspflege in ihrer Nähe auf. (Zum Beispiel Caritas, Diakonie usw.)

Sozialbehörden (Zum Beispiel Sozialamt, Jugendamt o.Ä.) können ein Darlehen für Energieschulden anbieten. In bestimmten Fällen sind sie dazu auch verpflichtet. Organisationen der freien Wohlfahrtspflege haben in Notfällen manchmal Möglichkeiten, einen Zuschuss zu gewähren, damit die Rate bezahlbar wird.

Achtung, Ratenzahlung!

Sofern Sie einen Ratenplan mit Ihrem Versorger vereinbart haben, um Rückstände abzubauen, zahlen Sie immer pünktlich und gewissenhaft. Allein schon eine fehlende Rückzahlungsrate hat böse Folgen: Die sogenannte Abwendungsvereinbarung in Form des Ratenplans platzt. Der Versorger darf Ihnen dann sofort Strom oder Gas sperren. Wenn es mal finanziell sehr eng wird, nehmen Sie umgehend Kontakt zu Ihrem Versorger auf und beantragen Sie die Stundung der Raten. Verbraucher:innen können bis zu drei Raten aussetzen – allerdings nur, wenn sie ihren Versorger im Vorfeld informiert haben.

Begleichen Sie den Rückstand

Verbraucher:innen, die den Rückstand sofort begleichen, kommen schneller wieder an Strom und Gas. Versorger sind verpflichtet, die Sperrung unverzüglich wieder aufzuheben, sobald der Rückstand beglichen wurde. Je nach Auslastung des Sperrdienstes kann das beim Strom aber ein paar Tage dauern. Komplizierter ist es beim Gas, hier muss erst ein Gasinstallateur eine Druckprüfung machen – und je nach Auslastung der Betriebe kann das den Vorgang verzögern.

Verhandeln Sie mit dem Versorger

Können Sie den Rückstand nur teilweise begleichen, versuchen Sie, mit dem Versorger zu verhandeln. Manche bieten die Möglichkeit an, beispielsweise die Hälfte der Schulden anzuzahlen und die andere Hälfte in Raten abzuzahlen.

Beantragen Sie staatliche Hilfen

Sollten Sie den Rückstand gar nicht begleichen können und sollte Ihr Versorger keinem Ratenplan (mehr) zustimmen, vereinbaren Sie schnellstmöglich einen Beratungstermin beim örtlichen Jobcenter oder Sozialamt Ihres Wohnortes. Hier können Sie ein einmaliges Bürgergeld oder Darlehen für Energieschulden beantragen, um so den Rückstand zu begleichen.

Vorsicht: Umzug!

Manche Menschen, die gar keine Möglichkeiten haben, die Rückstände zu begleichen, versuchen manchmal umzuziehen oder den Versorger zu wechseln. Ersteres funktioniert aber nur dann, wenn die Wohnung nicht im gleichen Versorgungsgebiet liegt. Falls doch, wird der Versorger auch hier sperren, wenn er den gleichen Vertragspartner an einer anderen Anschrift vorfindet. Wichtig: Ein Umzug oder Anbieterwechsel kann Ihnen im besten Falle nur Zeit gewähren, um die Schulden zu begleichen. Die Schulden holen Sie immer ein, wenn auch verspätet und dann oft in Form eines Inkassoschreibens mit Zinsen und noch höheren Gebühren.

Kostenfalle: Energiesperre

Eine Energiesperre kann teuer werden: Zinsen auf offene Beträge, Sperrkosten, Entsperrkosten und Mahnkosten erhöhen die offenen Forderungen zusätzlich. Diese sind von Versorger zu Versorger sehr unterschiedlich und können zwischen 30 und 300 Euro betragen.

In den folgenden Bundesländern berät die Verbraucherzentrale Kunden mit Schulden und Versorgungssperren im Bereich Strom, Gas und Fernwärme. Wenn nicht anders gekennzeichnet, ist die Beratung kostenlos.

In allen Bundesländern, auch denen die oben nicht genannt sind, steht bei rechtlichen Problemen mit dem Energieversorger eine juristische Beratung zur Verfügung. Darüber hinaus berät die Energieberatung bundesweit kostenlos dazu, wie Sie einen hohen Strom- oder Heizwärmeverbrauch dauerhaft senken können.

Bundesgerichtshof

BGH-Urteil: Postbank kann Zustimmung nicht uneingeschränkt einholen

Banken können Ihre Zustimmung, etwa zu geänderten AGB und Preisen, nicht einfach unterstellen. Das entschied der Bundesgerichtshof. Geben Verbraucher:innen die geforderte ausdrückliche Zustimmung nicht ab, drohen Banken aber mit der Kündigung. Dürfen Banken kündigen - und was können Sie dagegen tun?

Mögliche Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH: Verbraucheraufruf

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg prüft derzeit die Voraussetzungen einer Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH, Köln. Wir suchen daher Verbraucher:innen, die von diesem Unternehmen mit dem Vorwurf des Falschparkens konfrontiert wurden, daraufhin ein „Vergleichsangebot“ angenommen und Geld an die Kanzlei gezahlt haben.

Musterfeststellungsklage gegen GASAG AG

2. Dezember 2021: Kunden:innen der GASAG in der Grund- oder Ersatzversorgung mit Gas zahlten vor diesem Datum 6,68 Cent pro Kilowattstunde. All jene Verbraucher:innen, bei denen der Belieferungsbeginn zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 30. April 2022 lag, zahlten mehr als 18 Cent. Der Tarif für Bestandskund:innen blieb wesentlich günstiger.
Davon betroffen sind zehntausende Verbraucher:innen. Für sie kann sich der Preisunterschied schnell auf hunderte von Euro summieren und existenzbedrohend sein.
Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen.