Containern, also das Mitnehmen von weggeworfenen Lebensmitteln aus Abfallcontainern, ist Diebstahl. Anfang 2023 befasste sich der Bundestag erstmals mit einem Gesetz, das Containern entkriminalisieren soll. Doch eine Gesetzesänderung kam bislang nicht zustande.
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Das Wichtigste in Kürze:
- Containern ist rechtswidrig und stellt den Straftatbestand des Diebstahls dar. 2023 befasste sich der Bundestag erstmals mit einem Gesetzentwurf, um das Containern zu entkriminalisieren, was jedoch scheiterte.
- Regelmäßig werden Forderungen aus politischen Kreisen dazu jedoch wiederholt.
- Bereits das geltende Recht bietet aber Möglichkeiten, von einer Bestrafung abzusehen. Meist blieb es bei Geldstrafen oder Sozialstunden.
- Der Handel lehnt die Legalisierung des Containerns ab. Unter anderem deshalb, weil Lebensmittel aus Abfallcontainern bei Verzehr die Gesundheit schädigen können und der Handel dafür haftet.
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Was ist Containern und warum ist es strafbar?
Containern oder Mülltauchen bedeutet, dass Sie entsorgte, aber vermutlich noch genießbare Lebensmittel mitnehmen, zum Beispiel aus Abfallcontainern von Supermärkten und Discountern. Das ist rechtswidrig. Es stellt den Straftatbestand des Diebstahls dar und wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Gut zu wissen: Schon wenn Sie das Gelände eines Supermarktes oder Discounters betreten, auf dem der Container steht, kann das als Hausfriedensbruch gelten. Oft sind die Container mit Schlössern, Toren oder anderen Vorrichtungen gesichert. Deshalb entsteht beim Öffnen meist ein Sachschaden.
Wird Containern bald straffrei?
Im Januar 2023 schlugen Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesernährungsminister Cem Özdemir vor, zukünftig im Einzelfall von Strafverfahren wegen Containern abzusehen. Die Straffreiheit bezieht sich allerdings nur auf entsorgte Lebensmittel. Wer sich beispielsweise Zugang zu abgeschlossenen Toren und Tonnen verschafft, muss weiterhin mit Strafen wegen Hausfriedensbruchs oder Sachbeschädigung rechnen.
Straffreiheit ist bereits jetzt möglich
Das geltende Recht bietet aber bereits jetzt Wege, eine Bestrafung zu umgehen:
- Der Eigentümer des Discounters oder Supermarktes kann auf ein Strafantragsrecht verzichten, wenn etwa der Hausfriedensbruch, die Sachbeschädigung und/oder der Diebstahl geringwertig ist.
- Die Staatsanwaltschaft kann von einer Verfolgung der Tat absehen oder das Strafverfahren vorzeitig einstellen.
- Das Strafgericht kann auch nur eine Verwarnung aussprechen.
Trotzdem werden immer wieder Forderungen nach einer Entkriminalisierung aus der Politik vorgetragen. Dies sei eine gute Möglichkeit, um Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Aus Sicht der Verbraucherzentralen würde sich jedoch weder etwas an der Abfallstatistik ändern noch an dem Verhalten des Handels. entsch
Ist eine Änderung von Straf- und Bußgeldverfahren für das Containern überhaupt nötig?
Der Vorschlag der damaligen Bundesminister sah vor, die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren zu ändern. Nur die Bundesländer hätten diese Änderung beschließen können, was nicht passierte. Eine Gesetzesänderung auf Bundesebene ist dagegen vorerst nicht geplant.
Bisher haben Staatsanwaltschaften und Gerichte die Ermittlungsverfahren bei Anzeigen wegen Containern meistens eingestellt oder es blieb bei Geldstrafen oder Sozialstunden. Die Bundesländer begründen ihre Ablehnung der Gesetzesänderung damit, dass die Entkriminalisierung des Containerns im Strafgesetzbuch und nicht im Verfahrensrecht erfolgten müsste. 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht ähnlich argumentiert und eine Klage zweier Studentinnen abgewiesen. Danach blieb Containern strafbar, da nur der Bundestag über Straffreiheit entscheiden kann.
Trotzdem werden immer wieder Forderungen nach einer Entkriminalisierung aus der Politik vorgetragen. Dies sei eine gute Möglichkeit, um Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Aus Sicht der Verbraucherzentralen würde sich jedoch weder etwas an der Abfallstatistik ändern noch am Verhalten des Handels.
Darum ist der Handel gegen eine Änderung der Strafverfahren
Der Handel lehnt die Legalisierung des Containerns ab. Hintergrund: Wenn Händler Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum verkaufen, gehen die Gewährleistung und damit auch die Haftung, was Lebensmittelsicherheit angeht, vom Hersteller auf den Händler über. Dies gilt auch für "unentgeltlich abgegebene" Lebensmittel. Haftungsrisiken aufgrund von Lebensmittelinfektionen durch "containerte" Lebensmittel, die gerade bei leicht verderblichen Lebensmitteln bestehen können, wollen Händler aber nicht riskieren.
Grundsätzlich sind Lebensmittel zwar auch nach Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums noch verzehrs- und verkaufsfähig, aber dafür wäre eine vorherige Qualitätskontrolle durch den Händler nötig, um sich rechtlich abzusichern. Dies aber will der Handel aber mit Verweis auf die Kosten nicht leisten.
Containern bedarf also großer Aufmerksamkeit und eines gewissen Fachwissens. Sollte es dazu kommen, dass der Vorschlag der Politik doch noch umgesetzt wird, ist zu erwarten, dass der Handel seine Container und Grundstücke noch besser sichert oder gar Presscontainer verwendet, so dass ein Zugang zu entsorgten Lebensmitteln nicht mehr möglich ist.
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Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.