Nur noch jeder Fünfte vertraut der Politik beim Verbraucherschutz

Stand:
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zieht Halbzeitbilanz der Großen Koalition. Bei einer repräsentativen Umfrage sagten gerade noch 17 Prozent der Befragten, sie vertrauten der Politik beim Verbraucherschutz.
Eine Fahrradfahrerin vor dem Reichstag.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Verbraucherschützer schauen zwei Jahre nach der letzten Bundestagswahl mit gemischten Gefühlen auf die Halbzeitbilanz der Großen Koalition.
  • Der Verbraucherreport 2019 des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) zeigt: Das Vertrauen der Verbraucher in die Politik sinkt kontinuierlich.
  • Altersvorsorge und Telekommunikation sind für viele die drängenden Themen.
On

Die Große Koalition hat einige ihrer verbraucherpolitischen Vorhaben angestoßen oder umgesetzt. Das zeigt der Politikcheck des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Laut Verbraucherreport 2019 verliert die Politik aber im Vergleich zu den vergangenen zwei Jahren weiter an Vertrauen. Gerade noch 17 Prozent der Befragten sprachen der Politik beim Verbraucherschutz ihr Vertrauen aus.

Um dieses Vertrauen zu stärken, müssen die Alltagsprobleme der Menschen auf die Agenda der Politik. Die Ergebnisse des Verbraucherreports und der Marktbeobachtung der Verbraucherzentralen haben die wesentlichen Sorgen identifiziert. Wichtig sind insbesondere

"Als Verbraucherschützer schauen wir mit gemischten Gefühlen auf die Halbzeitbilanz der Großen Koalition. Einige verbraucherpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wurden umgesetzt, aber vieles muss noch angepackt werden – besonders da, wo den Verbraucherinnen und Verbrauchern wirklich der Schuh drückt", sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.

Nur noch jeder Fünfte vertraut der Politik

Das Vertrauen in die Politik nimmt laut Verbraucherreport des vzbv kontinuierlich ab. Die Mehrzahl der Befragten (90 Prozent) sieht die Politik in der Verantwortung ihre Interessen als Verbraucher zu schützen. Aber nur 17 Prozent vertrauen der Politik beim Thema Verbraucherschutz. Dieser Wert ist seit 2017 um zehn Prozentpunkte gesunken.

Grafik zum Vertrauen der Verbraucher in die Politik.

Verbraucherschutz kann dazu beitragen, das Vertrauen in die Demokratie wieder zu stärken. Verbraucherschutz kann als Kitt in der Gesellschaft fungieren. Das stützen auch die Ergebnisse des Verbraucherreports 2019: Verbraucherschutz trägt für die Mehrheit der Befragten (90 Prozent) entscheidend zur persönlichen Sicherheit bei.

Wichtige Themen für Verbraucher

Neben Gesundheit und Pflege sowie Finanzen und Versicherungen hat der Verbraucherreport besonders zwei Themen identifiziert, die Verbrauchern Sorgen bereiten:

  1. Nur jeder zweite legt monatlich Geld für das Alter zurück. Jeder dritte Befragte spart gar nicht für die Vorsorge. Neben zu geringen finanziellen Möglichkeiten ist einer der Hauptgründe, dass sie vorhandenen Anlagemöglichkeiten nicht vertrauen. Auch die Marktbeobachtung der Verbraucherzentralen zeigt: Im Finanzbereich ist der Bereich Geldanlage und Altersvorsorge eines der größten Probleme für Verbraucher. Allein 26 Prozent der Beschwerden, die die Marktwächter sammeln, im Themenfeld Finanzen kommen aus diesem Bereich.
  2. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten (59 Prozent) sehen laut Verbraucherreport ihre Interessen im Bereich Telefon und Mobilfunk gut geschützt. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Marktbeobachtung der Verbraucherzentralen: Das Thema Mobilfunk ist für Verbraucher im digitalen Bereich das größte Ärgernis. 4080 (22 Prozent) der 18.949 Beschwerden im Marktwächter Digitale Welt gab es zu diesem Thema.

Politikcheck: vzbv hat noch einige Sterne zu vergeben

Mit dem Politikcheck bewertet der vzbv regelmäßig die wichtigsten Vorhaben der Bundesregierung aus Verbrauchersicht. Zuletzt hatte der vzbv ein Jahr nach dem Start der Großen Koalition ein Fazit gezogen. Für begonnene und abgeschlossene Vorhaben der Bundesregierung werden zwischen null und fünf Sternen vergeben.

"Für die zweite Halbzeit der Großen Koalition stehen noch zahlreiche Verbraucherschutzvorhaben auf der Agenda, die die Bundesregierung angehen muss, um das Leben der Verbraucher einfacher, sicherer und bezahlbarer zu machen", sagt Klaus Müller.


Im Verbraucherreport befragt der vzbv jedes Jahr 1000 Verbraucher nach ihrer Meinung rund um das Thema Verbraucherschutz. Die repräsentative Umfrage hat der Verband 2019 zum dritten Mal in Auftrag gegeben.

Die Erkenntnisse werden durch die Marktbeobachtung des Verbandes gestützt. Grundlage für das System der Marktwächter sind alle Anfragen und Beschwerden von Verbrauchern, die von den bundesweit 16 Verbraucherzentralen in einer zentralen Datenbank gesammelt werden.

Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit unserem Bundesverband (vzbv) für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.

Ratgeber-Tipps

Ratgeber Photovoltaik
Wer ein Stück weit unabhängig von den Preiskapriolen der Energieversorger werden will, kümmert sich um die Anschaffung…
Handbuch Pflege
Als pflegebedürftig gelten Menschen, die wegen einer Krankheit oder Behinderung für mindestens sechs Monate Hilfe im…
Bundesgerichtshof

BGH-Urteil: Postbank kann Zustimmung nicht uneingeschränkt einholen

Banken können Ihre Zustimmung, etwa zu geänderten AGB und Preisen, nicht einfach unterstellen. Das entschied der Bundesgerichtshof. Geben Verbraucher:innen die geforderte ausdrückliche Zustimmung nicht ab, drohen Banken aber mit der Kündigung. Dürfen Banken kündigen - und was können Sie dagegen tun?

Mögliche Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH: Verbraucheraufruf

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg prüft derzeit die Voraussetzungen einer Sammelklage gegen die CLAIM Rechtsanwalts GmbH, Köln. Wir suchen daher Verbraucher:innen, die von diesem Unternehmen mit dem Vorwurf des Falschparkens konfrontiert wurden, daraufhin ein „Vergleichsangebot“ angenommen und Geld an die Kanzlei gezahlt haben.

Musterfeststellungsklage gegen GASAG AG

2. Dezember 2021: Kunden:innen der GASAG in der Grund- oder Ersatzversorgung mit Gas zahlten vor diesem Datum 6,68 Cent pro Kilowattstunde. All jene Verbraucher:innen, bei denen der Belieferungsbeginn zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 30. April 2022 lag, zahlten mehr als 18 Cent. Der Tarif für Bestandskund:innen blieb wesentlich günstiger.
Davon betroffen sind zehntausende Verbraucher:innen. Für sie kann sich der Preisunterschied schnell auf hunderte von Euro summieren und existenzbedrohend sein.
Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen.