Fristlose Kündigung bei Gas.de? So können Sie Schadensersatz fordern

Stand:
Im letzten Jahr erhielten alle Verbraucher:innen fristlose Kündigungen vom Anbieter Gas.de. Wenn Sie hartnäckig bleiben, sind aber akzeptable Schadensersatzleistungen möglich.
Eine Heizkostenabrechnung auf der ein Stift und Geldscheine liegen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Gas.de kündigte im Dezember 2021 allen Kund:innen fristlos.
  • Nach Verbraucherberichten leistet das Unternehmen aber Schadensersatz in akzeptabler Höhe, wenn Sie etwas Druck machen.
  • Mit unserem Musterbrief können Sie Schadensersatz fordern.
  • Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) prüft die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage gegen Gas.de.
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Wie auch andere Energielieferanten kündigte Gas.de im letzten Jahr alle Verträge fristlos. Kund:innen des Unternehmens fielen dadurch meist in die Gasgrundversorgung und mussten deutlich höhere Kosten für die Gasversorgung tragen. Kund:innen, die hartnäckig blieben, erhielten aber Zahlungen in akzeptabler Höhe als Schadensersatz.

Gas.de-Kündigung erhalten? Das können Sie tun.

Sollten auch Sie im vergangenen Jahr eine Kündigung von Gas.de erhalten und dadurch einen finanziellen Schaden erlitten haben, können Sie wie folgt vorgehen.

Wenn Sie einen Schaden geltend machen wollen, müssen Sie ihn so konkret wie möglich beziffern. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat einen Online-Rechner entwickelt, der Ihnen dazu eine Hilfestellung geben soll. Am Ende der Berechnung erhalten Sie einen Mustertext, mit dem Sie sich an Gas.de wenden können. Bedenken Sie, dass die Anspruchshöhe von vielen Faktoren abhängt. Nicht alle werden von dem Rechner berücksichtigt. Einige müssen Sie ggf. selbst berechnen.

Je genauer Sie die Zählerstände zu den Stichtagen dokumentiert haben, desto genauer können Sie die Höhe des Schadensersatzes berechnen. Für den Fall, dass Sie Ihre Zählerstände nicht dokumentiert haben, ist es möglich, den Schadensersatz auf Grundlage des Verbrauchs in vergangenen Abrechnungsperioden und der Din-genormten Gradtagszahlen durch den Rechner schätzen zu lassen.

Was der Gas.de-Rechner nicht berücksichtigt
  • Ob und wie oft Sie nach dem Lieferstopp den Gas-Tarif gewechselt haben. Im Rechner wird nur ein Grundversorger-Tarif und ein Sondertarif abgefragt.
  • Zwischenzeitliche und spätere Preisänderungen neuer Gaslieferanten. Gestiegene Preise erhöhen den Erstattungsanspruch. Zwischenzeitlich gesunkene Preise verringern den Erstattungsanspruch.
  • Vereinbarte Bonuszahlungen, die im Rechner nicht abgefragt werden. Der Rechner berücksichtigt nur den Sofortbonus, den Gas.de zahlreichen Kunden versprochen hatte. Weitere Bonus-Varianten werden nicht berücksichtigt. Denken Sie auch an Bonusversprechen und -zahlungen Ihres neuen Gasanbieters, die Ihren Schadensersatzanspruch mindern können.
  • Ein Guthaben für Sie oder eine Forderung an Sie aus der Schlussrechnung von Gas.de. Wenn Ihre Abschlagszahlungen höher waren als die Kosten des tatsächlichen Verbrauchs bis zum 2. Dezember 2021 haben Sie noch einen zusätzlichen Erstattungsanspruch aus der Schlussrechnung.
Diese Annahmen liegen dem Rechner zu Grunde
  • Verglichen werden die Kosten, die bei der Fortführung Ihres alten Gas.de-Vertrages zu den vereinbarten Preisen angefallen wären, mit den Kosten, die Ihnen stattdessen entstehen.
  • Es wird nicht unterschieden zwischen Verträgen mit Preisgarantie und solchen ohne. Bei solchen Verträgen ohne Preisgarantie hätte Gas.de Preiserhöhungen fristgerecht ankündigen müssen. Nach unserer Auffassung sind hypothetische Preiserhöhungen deshalb nicht zu berücksichtigen.
  • Es wird unterstellt, dass keine Pflicht für Verbraucher:innen besteht, aus der Grundversorgung in einen (möglicherweise zu einem bestimmten Zeitpunkt günstigeren) Sondervertrag zu wechseln.
  • Gas.de vertritt in diesen Punkten teilweise andere Auffassungen. Das kann zu Angeboten führen, die unter dem Ergebnis des Gas.de-Rechners liegen. Ob ein konkretes Angebot für Sie akzeptabel ist, können nur Sie selbst beurteilen.
Vor Gerichtsverfahren individuellen Rat einholen

Wir können keine Gewähr dafür übernehmen, dass einer Einschätzung, die mit Hilfe des Gas.de-Rechners zustande gekommen ist, im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung gefolgt wird. Dieser Rechner ersetzt keine Rechtsberatung. Die Programmierungen und Bewertungen entsprechen der Rechtsauffassung des vzbv. Alle Angaben und Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen im Juli 2022 zusammengestellt. Für Vollständigkeit und Aktualität darüber hinaus übernehmen wir keine Gewähr.

Aussagen zu komplexeren Sachverhalten können wir mit diesem Rechner nicht treffen. Die Aussagen und Ergebnisse beruhen auf den Angaben, die Sie in das System eingegeben haben. Wir prüfen diese Angaben nicht auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Bei jeglichen Zweifeln, sowie vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung, raten wir Ihnen dringend, sich individuell beraten zu lassen. Zum Beispiel von einer Verbraucherzentrale.

Wenn Sie einen Fehler im Rechner entdecken sollten, melden Sie ihn bitte mit Screenshot an mfk@vzbv.de.

AKTUELLER HINWEIS: Dieser Rechner berücksichtigt NICHT die Soforthilfe (Dezember 2022) und die Gaspreisbremse (ab Januar 2023) der Bundesregierung. Mehr Informationen finden Sie in den FAQ zur Energiekrise. Die Höhe der Soforthilfe können Sie mit einem Rechner ermitteln. Soforthilfe und Gaspreisbremse können Ihren Schadenersatzanspruch VERRINGERN. Die Ergebnisse des Rechners für Zeiträume ab 1.12.2023 sind nicht ohne Weiteres zu verwenden.

Jetzt möglichen Schadensersatzanspruch berechnen

Musterbrief Generator

Die nächsten Schritte

  1. Fordern Sie Schadensersatz vom Unternehmen ein. Hierfür können Sie unseren Musterbrief verwenden.
  2. In der Regel erhalten Sie ein bis zwei Vergleichsangebote über geringe pauschale Summen. Nehmen Sie diese nicht an, ohne zu verhandeln. Fordern Sie einen Betrag, der Ihrem finanziellen Schaden entspricht.
  3. Schalten Sie im Zweifel die Schlichtungsstelle Energie ein.

"Offenbar lohnt sich Hartnäckigkeit beim Anbieter Gas.de, wenn es um Schadensersatz wegen der Kündigungen geht. In einem Fall gab es über 2000 Euro", sagt Sebastian Reiling, Referent beim Team Musterfeststellungsklagen beim vzbv. "Solange sich Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mit Peanuts abspeisen lassen, scheinen sie derzeit gute Zahlungen zu erhalten. Auch der Weg zur Schlichtungsstelle Energie kann dabei helfen."

Sollte Gas.de keinen akzeptablen Schadensersatz leisten, können Sie sich unter mfk@vzbv.de an den vzbv wenden. Bei vielen Meldungen zum Anbieter zieht der vzbv eine Musterfeststellungsklage gegen den Anbieter in Erwägung.

Teure Grundversorgung verpflichtet Unternehmen zum Schadensersatz

Genauso wie Gas.de kündigte auch der Stromanbieter Stromio im letzten Jahr alle Verträge fristlos. Kund:innen gerieten daraufhin unverschuldet in die Energiegrundversorgung. Da Tarife in der Grundversorgung in der Regel mit deutlich höheren Kosten verbunden sind, sind die Unternehmen nach Ansicht der Verbraucherzentralen zum Schadensersatz verpflichtet. Die Verbraucherzentrale Hessen plant bereits, eine Klage gegen Stromio zu erheben. Eine Klage gegen Gas.de wird vom vzbv nicht ausgeschlossen.