Podcast: Was Sie über Immobilien-Teilverkauf wissen sollten

Stand:
Auch im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung fehlt oft das Geld. Was nützt die wertvollste Immobilie, wenn Rechnungen bezahlt werden müssen und das Konto leer ist? Im Zuge rasant steigender Lebenshaltungskosten und hoher Kreditzinsen erleben sogenannte Immobilien-Teilverkäufe momentan einen Boom.
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Darum geht's:

Teilverkauf der eigenen Immobilie: Eine sinnvolle Alternative zum Bankkredit?

Zahlreiche Anbieter, darunter viele etablierte Immobilien-Unternehmen, versprechen das schnelle und unkomplizierte Geld durch einen anteiligen Verkauf der eigenen Wohnung oder des eigenen Hauses. Wir klären über die Folgekosten eines solchen Verkaufs auf, sprechen über wichtigsten Fakten beim Rückkauf und Vererben der Immobilie, und empfehlen sinnvolle Alternativen zum Teilverkauf.

Zu Gast: Volker Schmidtke, Referent für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Berlin.

genau genommen - Der Podcast der Verbraucherzentralen wird gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags.

Wir freuen uns über Lob, Kritik und Themenwünsche per E-Mail an podcast@vz-bln.de. Weitere Informationen finden Sie auf verbraucherzentrale.de.

Transkript

Die ganze Podcastfolge zum Nachlesen

Hier klicken, um das Transkript zu öffnen...

Patrick Lohmeier (Intro)

Vollkommen zu Recht gilt die eigene Immobilie vielen als höchstes Gut und sichere Altersvorsorge. Aber: So viele Vorteile die in aller Regel geerbte oder nach Jahrzehnten beim Kreditgeber abbezahlte Wohnung oder das Haus auch bieten, die eigenen vier Wände sind keine Garantie für finanziellen Wohlstand. Egal, ob aufgrund unerwartet hoher Ausgaben, Arbeitslosigkeit oder einer zu kleinen Rente - knapp bei Kasse kann man auch im Eigenheim sein. Und an einen klassischen Bankkredit ist in solchen Fällen oft kein Herankommen.  Womit wir schon mitten im Thema sind. Ich zitiere jetzt mal: "Warum nicht einfach das Vermögen nutzen, das bereits in der eigenen Immobilie steckt? Verkaufen Sie bis zu 50 Prozent und setzen sie ihr schlummerndes Immobilienvermögen frei, ohne die Eigentümerschaft oder Kontrolle über Ihre Wohnung oder Ihr Haus einzuschränken." Zitat Ende. Das zumindest verspricht ein namhafter Anbieter von Immobilien-Teilankäufen. Ehrlich gesagt lesen sich neun von zehn Werbetexten auf den Webseiten solcher Unternehmen ähnlich. Und der Markt boomt. Was wirklich dran ist am schnellen Geld, das angeblich zwischen Stein und Beton versteckt ist und nur darauf wartet, durch einen Teilverkauf "freigesetzt" zu werden, weiß mein Kollege Volker Schmidtke von der Verbraucherzentrale Berlin. Ich habe ihn mit meinen Fragen zu den Geschäftsmodellen solcher Anbieter, deren Zielgruppen und den Risiken des Immobilien-Teilverkaufs gelöchert. Um Vertragliches geht es natürlich auch. Daher noch der kurze Hinweis vorab: Wenn wir im folgenden Gespräch ein, zweimal von den sogenannten AGBs sprechen, meinen wir damit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, also die Vertragsbedingungen des Kaufanbieters. Mehr müssen Sie im Vorfeld aber nicht wissen, um sich nach den nun folgenden 20 Minuten etwas informierter zu fühlen. Dafür sorgt mein Kollege Volker und ich freue mich, dass Sie dabei sind. Sie hören genau genommen, der Podcast der Verbraucherzentralen. Mein Name ist Patrick Lohmeier und nun viel Spaß mit unserem Gespräch.

Patrick Lohmeier

Das Thema heute bei "genau genommen" ist Immobilien-Teilverkauf und bei mir zu Gast ist mein Kollege Volker Schmidtke. Hallo, Volker!

Volker Schmidtke

Hallo, Patrick!

Patrick Lohmeier

Schön, dass du da bist. Sag doch mal bitte zwei, drei Worte zu deinem Job bei der Verbraucherzentrale Berlin.

Volker Schmidtke

Ich bin bei der Verbraucherzentrale Referent für Finanzdienstleistungen, sprich: Ich bin für den ganzen Bereich Geldanlage, Altersvorsorge, Versicherungen und Immobilienfinanzierung zuständig. Also auch für das Thema: Man hat eine Immobilie, braucht im Alter aber zusätzliches Geld und wie kann man das hinkriegen.

Patrick Lohmeier

Als das Thema Immobilien-Teilverkauf bei mir aufschlug, konnte ich wirklich gar nichts damit anfangen. Will heißen: Immobilienverkauf, da ist mir schon klar, worum es geht, aber Immobilien-Teilverkauf ist ein für mich komplett neues Phänomen. Das gibt's aber als nicht erst seit gestern. Sag doch mal, worum es geht. Was ist ein sogenannter Immobilien-Teilverkauf?

Volker Schmidtke

Ja, es ist tatsächlich ein relativ neues Thema. Also das gibt es schon ein paar Jahre aber auch noch nicht ewig. Es ist tatsächlich ein Teilverkauf, also man verkauft einen Teil der eigenen Immobilie. Sprich: Ein Teil gehört dann weiterhin einem selber, ein Teil jemand anderem und man kriegt auch sofort den Verkaufserlös aus dem Teilverkauf, muss dann aber für den Teil, den man verkauft hat, so eine Art Miete an den Teilkäufer zahlen.

Patrick Lohmeier

Und die Teilkäufer, das sind jetzt keine Person, sondern das sind in der Regel Unternehmen, von denen wir sprechen.

Volker Schmidtke

Genau. Also das sind zum Teil tatsächlich neue Unternehmen, die Teilkauf anbieten und zum Teil sind es auch Unternehmen, die bisher schon im Immobilienbereich tätig waren und jetzt eben auch Teilverkauf anbieten. Oder auch Banken.

Patrick Lohmeier

Das bringt mich gleich zu meiner nächsten Frage: Warum macht man sowas? Warum verkauft man Teile von seiner Immobilie? Du hast gesagt, das funktioniert so, dass man dann ein Zimmer seiner 4-Zimmer-Eigentumswohnung verkauft, im sehr weit übertragenen Sinne, und zahlt dann quasi Miete dafür, dass man es doch weiterhin nutzt, an das Unternehmen, das das Zimmer gekauft hat. So oder so ähnlich.

Volker Schmidtke

Ja, also man verkauft kein Einzelzimmer, sondern man verkauft einfach 20 Prozent oder bis zu 50 Prozent der eigenen Wohnung. Der Vorteil ist eben: Man kriegt Geld wenn man z.B. zu wenig Altersvorsorge, also laufendes Geld hat, aber eine abbezahlte Immobilie, und man kann den anderen Teil der Immobilie behalten, kann ihn also gegebenenfalls auch vererben und man kann weiter in seiner Immobilie wohnen bleiben.

Patrick Lohmeier

Für wen ist dieser Immobilien-Teilverkauf besonders attraktiv? Also wo ist die Zielgruppe? Wo sitzen die Menschen, die sagen: "Ja für mich wäre das was!"? Sind das Menschen, die vielleicht schon mal bei der Bank waren und keinen Kredit bekommen haben oder an wen denken wir hier?

Volker Schmidtke

Dieser Teilverkauf spricht natürlich ziemlich viele Leute an, weil sich das so schön anhört: Man verkauft einen Teil und der andere Teil gehört einem und den kann man auch vererben. Also ansprechen tut das tatsächlich weite Gruppen. Ein sinnvolles Produkt ist das für die meisten aber unserer Ansicht nach nicht.

Patrick Lohmeier

Dann lass uns jetzt gleich mal von der etwas theoretischen Ebene in die Praxis gehen. Ich habe jetzt meine - ich spreche jetzt mal von einer fiktiven Dreizimmerwohnung - die habe ich anteilig verkauft. Ich habe 30 Prozent an ein Unternehmen verkauft und jetzt muss ich dem Unternehmen einen Betrag zahlen, jährlich oder monatlich, auf den wir uns im Vorfeld geeinigt haben, oder?

Volker Schmidtke

Ihr habt euch auf den Anfangsbetrag vorher geeinigt und ihr habt euch auch drauf geeinigt, wie lange der so bleibt. Aber der wird sich in den meisten Fällen irgendwann ändern, z.B. nach zehn Jahren. Nach welchen Parametern der sich dann ändert, darauf habt ihr euch auch geeinigt. Aber wie hoch der Betrag dann steigen wird, das weißt du unter Umständen nicht. Der kann beispielsweise an die Inflation gekoppelt sein. Sprich: Du weißt, es wird dann teurer, aber um wieviel weißt du eben nicht.

Patrick Lohmeier

[00:06:59] Gibt es da einen ungefähren Satz, mit dem wir mal so rechnen können? So ein Rechenbeispiel? Also ich möchte sagen: Wenn jetzt der Anteil an meiner Immobilie, den ich verkauft habe, 100.000 € wert war, ich habe 100.000 € von dem Unternehmen bekommen, wie viel muss ich denn dann jeden Monat zahlen?

Volker Schmidtke

Es kommt sehr darauf an, wie lang dieser Betrag dann fix ist erstmal. Und es hängt auch stark vom Zinsniveau ab. Inzwischen dürfte ein realistischer Betrag, den du zahlst, 7 Prozent von dem sein, was du an Verkaufserlös gekriegt hast. Im Jahr.

Patrick Lohmeier

Klingt nach einer relativ überschaubaren, transparenten Sache. Muss ich trotzdem mit irgendwelchen Risiken rechnen, wenn ich mich auf sowas einlasse?

Volker Schmidtke

Na, zum einen machst du das Ganze ja, um zusätzliches Geld zum Leben zu haben. Vielleicht auch noch, um Instandhaltungsmaßnahmen zu bezahlen. Jetzt ist es auf der anderen Seite ja so, von dem Geld, was du dann kriegst - also den 100.000 € - musst du schon mal beispielsweise 7 Prozent im Jahr wieder zurückzahlen. Sprich: Allein durch dieses Nutzungsentgelt, was du dann quasi als Miete zahlen musst, allein dadurch wäre das Geld ja schon nach spätestens 20 Jahren wieder aufgebraucht. Dann nimmst du ja zusätzlich noch für die laufende Lebenshaltung Geld daraus. Sprich: Das Geld, was du aus diesem Teilverkauf hast, ist unter Umständen schon nach zehn Jahren wieder alle, du musst dann aber weiter dieses Nutzungsentgelt zahlen und hast dann ab diesem Zeitpunkt also weniger Geld als du vor dem Teilverkauf hattest.

Patrick Lohmeier

Okay, also ich bin ganz ehrlich, in vollkommener Naivität über die Sachlage gesprochen und nur basierend auf dem, was du mir erzählt hast: 7 Prozent jährliche Rückzahlung klingt für mich nach einer ganzen Menge, insbesondere unter Anbetracht der Tatsache, dass der Immobilienankäufer ja nicht für die Instandhaltung der Immobilie zuständig ist. Du hast ja bereits gesagt, die Kosten bleiben eben bei dir als Verkäufer hängen. Also ich frage mich, warum man so ein Angebot überhaupt nutzen sollte.

Volker Schmidtke

Ja, das ist halt eine gute Frage. Also das mit dem Prozentsatz ist jetzt auch ein bisschen schwierig weil die Zinsen jetzt gerade so immens gestiegen sind. Und weil die Anbieter das gegenfinanzieren, ist es ziemlich stark abhängig vom Kreditzinsniveau.

Patrick Lohmeier

Klingt für mich dann jetzt doch im Vergleich zu einem klassischen Kredit - okay, wir dürfen jetzt nicht mehr an die Zinssätze von vor einigen Jahren denken, also da da sind wir leider weit weg von - aber klingt für mich dann doch vergleichsweise unattraktiv. Aber wenn ich mich jetzt drauf eingelassen habe und ich habe meine Immobilie teilverkauft und ich will sie irgendwann zurück, nach fünf Jahren, nach zehn Jahren, nach 15 Jahren. Vielleicht habe ich auch mittlerweile schon so viel "Miete" an den Anbieter zurückgezahlt, dass die schon das Geld, was ich vom Anbieter bekommen habe, übersteigt in Summe. Aber egal: Ich will die 30 Prozent zurück haben an meiner Dreizimmerwohnung. Mit welchen Risiken muss ich da rechnen?

Volker Schmidtke

Zum ersten werden bei den meisten Anbietern Gebühren fällig für diesen Rückkauf. Beispielsweise drei oder fünf Prozent von dem betreffenden Erlös. Vor allem aber will der Teilkäufer für seinen Teil der Immobilie einen sogenannten Mindesterlös haben. Da will er nicht etwa mindestens den Preis zurück, den er selber bezahlt hat, sondern deutlich mehr. Wenn der Wert der Immobilie deutlich gestiegen ist, [00:10:50dann musst du dem Teilkäufer natürlich mehr zahlen als du damals von ihm bekommen hast. Das ist dann aber ja okay, weil der Wert der Immobilie insgesamt auch gestiegen ist. Es ist aber durchaus nicht unwahrscheinlich, dass der Wert der Immobilie gefallen ist und du ihm als Marktpreis eigentlich weniger zahlen müsstest als du damals bekommen hast. Das geht aber nicht, weil du ihm mindestens diesen Mindesterlös zahlen musst. Also musst du ihm unter Umständen deutlich mehr Geld für dieses Zurückkaufen deines Anteils bezahlen als du damals bekommen hast von dem Teilkäufer.

Patrick Lohmeier

Und wer legt den Wert meiner Immobilie fest zum Zeitpunkt des Verkaufs aber eben auch zum Zeitpunkt des Rückkaufs?

Volker Schmidtke

Das machen Gutachter. Das ist auch unserer Erfahrung nach gar nicht das Problem. Das Problem ist einfach, dass der Teilkäufer, wenn du den Teil von ihm wieder zurückkaufen möchtest, z.B. mindestens 117 Prozent des damaligen Verkaufspreises zurück haben will, selbst wenn in Wirklichkeit der Wert der Immobilie nur noch bei 80 Prozent liegt.

Patrick Lohmeier

Okay, das ist ja interessant. Und hat irgendwo, an irgendeiner Stelle der Gesetzgeber die Hand drauf? Also, dass solche Werte nicht ein gesundes Maß übersteigen? Weil das, was du jetzt genannt hast beispielsweise, das klingt für mich noch einigermaßen realistisch. Also im Rahmen. Also ich verstehe, dass ein Anbieter das in seine AGBs packt, von wegen: Ich will am Ende mindestens mit 120 Prozent wieder rausgehen, zehn Jahre später oder so. Aber würde der Gesetzgeber zum Beispiel unterbinden, dass der Anbieter da reinschreibt: "Ich will 200 oder 300 Prozent."

Volker Schmidtke

Also bisher ist das gar nicht reguliert und aus unserer Sicht ist das auch schon ein gewaltiger Knackpunkt, wenn der Anbieter da rein schreibt, er will mindestens 20 Prozent mehr haben als er damals bekommen hat, wenn die Immobilie in Wirklichkeit gar nicht 20 Prozent im Wert gestiegen ist, sondern sogar 20 Prozent gefallen ist. Dann ist das ja deutlich mehr, was du ihm zurückzahlen musst als der Marktpreis der Immobilie wäre. Generell ist das bisher gar nicht reguliert, dieser Bereich Teilkauf und Teilverkauf.

Patrick Lohmeier

Okay, dann heißt es also in diesem Fall wie so oft - leider, muss man sagen - es bleibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern gar nichts anderes übrig als selber oder ihren Rechtsbeistand ganz penibel in die AGBs gucken zu lassen.

Volker Schmidtke

Ja, und auch zu rechnen. Also sich das einfach mal durchzurechnen... so und soviel kriege ich. Dann überlege ich mir, okay, nehme ich mal das Szenario an, der Wert meiner Immobilie fällt. Das kann ja vom jetzigen Preisniveau aus durchaus sehr gut sein, und meine Erben wollen den Teil der Immobilie wieder zurückkaufen. Was heißt das dann real? Wie viele Gebühren kommen dann noch drauf? Auf welchen Betrag hat sich dieses Nutzungsentgelt nach zehn, 15 oder 20 Jahren summiert? Da ergibt sich dann in den meisten Fällen schon, dass man zur Erkenntnis kommt, dass das insgesamt kein sehr attraktives Modell ist.

Patrick Lohmeier

Jetzt sind wir gleich so kritisch geworden. Würdest du - noch mal einen Schritt zurückgehend - trotzdem sagen, es gibt bestimmte Zielgruppen dieses Angebots Immobilien-Teilverkauf, bei denen du sagst: Ja das bringt für diese Menschen vielleicht sogar Vorteile im Vergleich zur Aufnahme eines klassischen Bankkredits.

Volker Schmidtke

Nein, eigentlich nicht. Also Teilverkauf kann eine Behelfslösung sein, wenn man den von dir angesprochenen Kredit z.B. nicht bekommt, wenn man beispielsweise eine bestimmte laufende Rente nicht nachweisen kann, die die kreditgebende Bank oder der Anbieter aber haben möchte. Also generell die notwendige Bonität nicht nachweisen kann und wenn man auf der anderen Seite auch die eigene Immobilie einfach prinzipiell nicht komplett verkaufen möchte, dann kann Teilverkauf eine Behelfslösung sein. Erstmal sollte man aber tatsächlich gucken, was für Alternativen hat man und mit welchen Alternativen kann man sich anfreunden, weil die in der Regel attraktiver sind. Sicherer, verlässlicher, und transparenter.

Patrick Lohmeier

Wir gucken hier natürlich in der Verbraucherzentrale immer sehr kritisch auf solche Angebote. Das ist unser Job. Wir sind eben hier für den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern und nicht für den Schutz von Unternehmen, also von solchen Immobilien-Anbietern. Deswegen auch mal jetzt ganz konkret gefragt: Was wäre denn in so einem worst-case Szenario das schlimmste, was passieren könnte, wenn ich meine Immobilie zum Teil verkauft habe? Was blüht mir da oder kann mir da blühen?

Volker Schmidtke

Also, das ist der Worst Case aber, gleichzeitig ist es auch gar nicht so wahnsinnig unwahrscheinlich, wenn ich z.B. die Hälfte meiner Immobilie teilverkauft habe, dann kann ich nicht noch zusätzlich etwas teilverkaufen, weil mehr als 50 Prozent geht in der Regel nicht. Sprich: Ich habe dann den Verkaufserlös bekommen, zahle das Nutzungsentgelt, nehme zusätzlich noch Geld für meine laufende Lebenshaltung und vielleicht für Instandhaltungsmaßnahmen - das war ja auch Sinn der Übung - und dann ist ja Verkaufserlös aber irgendwann alle. Dann reicht mein Geld einfach nicht mehr und ich kann das Nutzungsentgelt nicht mehr bezahlen. Sprich: Ich verstoße gegen den Vertrag. Das führt dann früher oder später dazu, dass man ausziehen muss und die eigene Immobilie verkauft wird. Sprich: Das Ziel, dass man lebenslange da wohnen bleiben wollte, das zerschlägt sich dann. Weiterer prinzipieller Nachteil ist: Es wird früher oder später Instandhaltungsbedarf anfallen in der Immobilie, die einem dann noch zum Teil gehört. Instandhaltungsmaßnahmen muss man aber bei den am Markt angebotenen Teilverkaufsmodellen komplett selber zahlen. Sprich: Als Eigentümer zahlt man die ganzen Instandhaltungskosten, profitierte aber nur noch zur Hälfte davon, weil mir die Immobilie nur noch zur Hälfte gehört. Weiteres Risiko ist: Diese Anbieter, die Teilverkauf anbieten, sind zum Teil ja auch neue Anbieter. Die können ja pleite gehen. Sie selbst haben diese Teilkäufe ja auch wieder bei der Bank finanziert, sprich, wenn der Teilkäufer pleite geht, kann es auch dazu kommen, wenn ich die Immobilie dann nicht selber zurückkaufen kann, dass diese zwangsversteigert wird und dass ich auch ausziehen muss.

Patrick Lohmeier

Okay, ich nehme also mit: Keine gute Alternative zum klassischen Bankkredit und wirklich nur der sprichwörtliche Notnagel, wenn man denn eben schon bei der Bank war oder bei einem anderen seriösen(!) Kreditanbieter und zurückkommt mit der Erkenntnis: "Okay, von denen kriege ich nichts." Dann vielleicht. Oder würdest du sagen, ganz pauschal und generell, von dir ein klares "Finger weg!" und guck dich woanders um, wenn du Geld brauchst?

Volker Schmidtke

In Einzelfällen, wie gesagt, möchte ich nicht ausschließen, dass es mal tatsächlich eine sinnvolle Option sein kann. Klassischer Kredit ist ja für die meisten gar nicht das, was dann so passt. Man möchte ja zusätzliches Geld im Alter haben. Es gibt aber eben Kredite, die man aufnimmt auf die eigene Immobilien, die man zu den eigenen Lebzeiten aber gar nicht tilgen muss. Also man zahlt nur die Zinsen und hat das Geld. Tilgen muss den Kredit jemand, aber das sind dann eben die Erben und dafür erben die dann aber eben auch ungeschmälert die Immobilie. Wenn man so einen Kredit nicht kriegt, dann ist es aus unserer Sicht sinnvoll, sich zu überlegen: Kann man sich nicht doch damit anfreunden, die Immobilie einfach nicht teilzuverkaufen sondern die Immobilie ganz normal in Gänze zu verkaufen und beispielsweise lebenslanges Wohnrecht zu vereinbaren? Dann gehört einem die Immobilie nicht mehr, aber man weiß, man kann da lebenslang drin wohnen. Die Erben erben dann auch keine Immobilie mehr, aber sie haben eben gegebenenfalls Geld, was übrig ist vom Verkaufserlös, und das wird rechnerisch im Normalfall mehr sein als wenn Sie den Teilverkauf gemacht hätten. Ein weiteres sinnvolles Modell kann sein, dass man eine Immobilie wiederum auch ganz verkauft und dann mit dem Käufer einen Mietvertrag abschließt, den der Käufer nicht kündigen kann. Im Effekt ist das so ähnlich wie eben, also man hat den Verkaufserlös zusätzlich fürs Alter und für die Lebenshaltung und weiß, man kann sein Leben lang da drin wohnen bleiben.

Patrick Lohmeier

Okay, Volker ich bin sehr dankbar für die Aufklärung zum Immobilien-Teilverkauf. Wie gesagt ein Thema, von dem ich vor Aufnahme dieses Gesprächs noch wenig bis gar keine Ahnung hatte und ich glaube, ich bin ganz Stück weiter. Und ich hoffe, so denken unsere Hörerinnen und Hörer auch. Vielen Dank für deine Zeit!

Patrick Lohmeier (Outro)

Ich möchte mich bei allen Menschen bedanken, die die Produktion dieser Podcastreihe ermöglichen. Und natürlich bei Ihnen fürs Zuhören. Diese Folge, wie auch alle weiteren Episoden von "genau genommen", können Sie übrigens in so gut wie allen Podcatchern und Audio Apps hören. Dort können Sie diesen Podcast auch kostenlos abonnieren, worüber ich mich sehr freuen würde. Und über eine positive Bewertung sowieso. Mehr rund um Rechte und Risiken beim Immobilien-Teilverkauf und viele weitere Informationen rund ums Eigenheim finden Sie auf www.verbraucherzentrale.de. Wir hören uns hoffentlich in der nächsten Folge von "genau genommen" wieder. Bis dahin erreichen Sie mich für Feedback und Themenwünsche per E-Mail an podcast@vz-bln.de. Dies war "genau genommen - Der Podcast der Verbraucherzentralen", mein Name ist Patrick Lohmeier und ich freue mich auf ein Wiederhören.

 

Lob, Kritik, Fragen und Themenwünsche können Sie gerne an podcast@vz-bln.de schicken!

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