Frage
Sind Sauerkirschen als Pulver oder Extrakt wirklich zur Harnsäuresenkung oder als Mittel für besseren Schlaf geeignet?
Antwort
Sauerkirschen - speziell der Sorte "Montmorency" - werden von der Werbung vielfältige Wirkungen zugesprochen: Sie sollen den Harnsäurespiegel im Blut senken, weniger Gichtanfälle auslösen oder einen erholsamen Schlaf fördern..
Die bisherigen Studienergebnisse können die teilweise euphorisch beworbenen, angeblichen "Wunder"-Wirkungen von Kirschsaftkonzentrat, -extrakt oder -pulver allerdings nicht belegen.
Tatsächlich enthalten frische Sauerkirschen zwar geringe Mengen Melatonin, das den Schlaf fördern soll. Ob und wieviel davon in den Extrakten in Kapseln oder Pulvern enthalten ist, ist jedoch völlig unklar. Eine klare positive Wirkung einer bestimmten Menge Kirschsaft, -extrakt oder -pulver auf einen gesunden Schlaf kann durch Studien nicht belegt werden.
Frische Kirschen können die Ausscheidung von im Körper gebildeter Harnsäure fördern. Vermutlich tragen Inhaltsstoffe wie Zitronensäure und Anthocyane (dunkelrote Pflanzenfarbstoffe) dazu bei. Die Studienlage zu den verschiedenen, teilweise sehr teuren, Produkten mit Extrakten und Konzentraten aus Sauerkirschen ist jedoch sehr widersprüchlich:
- Studien wurden uneinheitlich durchgeführt - einige mit Sauerkirschen, andere mit Kirschextrakt, wieder andere mit frischem oder konzentriertem Kirschsaft.
- Teilweise wurden zusätzlich Medikamente wie Allupurinol eingenommen oder die Teilnehmerzahl war sehr niedrig.
Es ist also bisher unklar, welche Kirschsorte in welcher Form, etwa ob frisch, als Saft oder Extrakt, welcher Art von Extrakt, in welcher Dosierung und über welchen Zeitraum ein Verzehr überhaupt empfehlenswert wäre.
Die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation bezeichnet schon die Studienlage zu frischen Montmorency-Kirschen als Harnsäuresenker als "sehr dürftig". Dennoch wurden sie als Lebensmittel mit in ihre "Empfehlungen zu Ernährung und Lebensstil für Patienten mit Gicht und Hyperurikämie" aufgenommen. Die Fachgesellschaft stellt jedoch klar, dass dies keinesfalls als Empfehlung für den Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln aus Sauerkirschen zu werten sei. Außerdem sollten Gichtpatient:innen keine größeren Mengen von Früchten, die viel Fruchtzucker enthalten, verzehren. Dazu wiederum wiederum die Sauerkirschen.
Pulver oder Extrakte von Montmorency-Sauerkirschen werden als Nahrungsergänzungsmittel verkauft. Wie der Name schon sagt, sollen sie die Nahrung ergänzen, sie dürfen aber nicht damit beworben werden, dass sie Krankheiten heilen oder lindern, also auch nicht erhöhte Harnsäurewerte senken.
Für den Verkauf als Arzneimittel wären ein wissenschaftlich nachgewiesener Nutzen, eine Sicherheitsüberprüfung und eine Zulassung notwendig. Gegenanzeigen, Neben- und Wechselwirkungen müssten genannt werden. Dies ist bei Nahrungsergänzungen nicht vorgeschrieben.
"Pflanzlich" bedeutet nicht, dass die Produkte keine Nebenwirkungen haben können. Unklar ist insbesondere die Sicherheit der langfristigen Einnahme von hochdosierten Extrakten.
Das Fazit der Verbraucherzentralen
Der Verzehr von kleinen Mengen frischen Sauerkirschen oder Sauerkirschsaft kann als unbedenkliche Möglichkeit gesehen werden, eine Gichttherapie (im Rahmen einer Ernährungstherapie) zu unterstützen.
Wir empfehlen Ihnen trotzdem, ärztlichen Rat einzuholen - auch zu der Frage, welche medikamentösen oder nichtmedikamentösen Therapieformen zur Senkung der Harnsäurewerte bzw. zur Vorbeugung von Gichtanfällen zu empfehlen sind. Das Gleiche gilt, wenn Sie Probleme mit Schlafstörungen haben.