Krisenkompass plus: Keine Entwarnung bei den Energiepreisen

Stand:
Energie bleibt weiterhin knapp, die Preise weiterhin hoch. Viele Verbraucher:innen sind durch die Energiekrise in finanzielle Engpässe geraten. Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen, mit denen Ratsuchende in die Beratungsstelle kommen.
Ein Paar sitzt über Rechnungen

Das Wichtigste in Kürze:

  • Derzeit federt die Regierung die hohen Energiepreise über diverse Subventionsprogramme etwas ab. Die meisten Maßnahmen enden jedoch im Frühjahr 2024. Welche weiteren Hilfen angeboten werden, ist noch unklar.
  • Expert:innen erwarten, dass sich die Preise erst mal nicht erholen werden. Gas bleibt etwa doppelt so teuer wie 2021, Strom kostet rund 20 Prozent mehr. Sie rechnen erst mittel- bis langfristig mit einer nachhaltigen Erholung.
  • Die Energiekrise wird Verbraucher:innen also noch länger beschäftigen. Eine seriöse und verlässliche Energieberatung ist gefragter denn je.
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Stellen Sie sich auf weitere Preisschwankungen ein

Die Energiepreise haben sich massiv verteuert – das bekommen Verbraucher:innen längst selbst zu spüren. Schon die Nebenkostenabrechnung für 2021 war teurer als im Vorjahr, an der Tankstelle zahlen Sie im Durchschnitt 30 Prozent mehr. Auch im Supermarkt haben sich die höheren Produktionskosten längst in Preiserhöhungen niedergeschlagen, sodass am Ende des Monats bei vielen Haushalten immer weniger Geld übrig bleibt.

Die Unsicherheit ist also groß: Steigen die Energiepreise jetzt immer weiter oder fallen sie vielleicht auch irgendwann wieder? Mit welchen Subventionen hilft der Staat – und vor allem wie lange? Anlaufstellen für Verbraucher:innen sollten versuchen, zumindest einen Teil dieser Ungewissheit aufzufangen. Mehr denn je ist gute Planung gefragt.

Was bedeutet das konkret für Ihre Arbeit mit Verbraucher:innen? Sie sollten ihnen dabei helfen, sich möglichst unabhängig von weiteren Preisschwankungen zu machen. Denn ganz verlassen wird uns die Unsicherheit an den Energiemärkten vorerst wohl nicht.

Warum ist Energie so teuer geworden?

Schon im Jahr 2021 zeichnete sich ab, dass es bald teurer auf den Energiemärkten werden würde. Die Industrie, die sich von der Corona-Pandemie erholte, fragte mehr Energie nach, gleichzeitig ging die Erdgasproduktion in Europa zurück. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat den Trend dann beschleunigt: Deutschland musste sein Gas anderweitig teuer einkaufen, statt günstiges Gas aus Russland zu beziehen. Da Strom auch zu großen Teilen über Erdgas produziert wird, stiegen in Folge auch hier die Preise.

Im Schnitt kostet eine Kilowattstunde (kWh) Strom derzeit 48,12 Cent. Das geht aus einer Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft hervor. Zum Vergleich: 2022 kostete der gleiche Betrag noch 38,57 Cent, 2021 waren es sogar nur 32,16 Cent. Dennoch gibt es erhebliche Unterschiede bei den Anbietern. Viele Neukundentarife für Strom und Gas liegen deutlich unter dem Schnitt, Verbraucher:innen können mit einem Wechsel also ordentlich Geld sparen.

Welche Subventionen gibt es aktuell?

Die deutsche Regierung hat diverse Förderprogramme auf den Weg gebracht, um die Preissteigerungen bei Energie abzufedern.

Das sind die wichtigsten Programme im Überblick:

  • Die Energiepreispreisbremse fängt die Preissteigerungen bei Strom, Gas und Fernwärme voraussichtlich noch bis April 2024 auf. Verbraucher:innen zahlen rückwirkend seit Januar 2023 maximal 40 Cent/kWh für Strom, 12 ct./kwh für Gas und 9,5 ct./kWh für Fernwärme, solange der Verbrauch des Haushalts 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs nicht überschreitet. Alles darüber hinaus müssen sie zu den aktuell vereinbarten Konditionen ihres Vertrags zahlen.
  • Wer im vergangenen Jahr die Brennstoffe Öl, Flüssiggas, Kohle und Holz, beispielsweise in Form von Pellets, teuer eingekauft hat, erhält einen Teil der Ausgaben vom Staat zurück. Ab Mai können Verbraucher:innen die Rückzahlung beantragen, maximal gibt es 2.000 Euro je Haushalt zurück. Voraussetzung ist, dass sich ihr Preis im Vergleich zum allgemeinen Preisniveau des Jahres 2021 mehr als verdoppelt hat. Unser Anspruchsrechner gibt einen Überblick, wie hoch die Erstattung sein könnte.
  • Am 1.Oktober 2022 ist die Mehrwertsteuer auf Erdgas, Flüssiggas und Fernwärme von 19 auf 7 Prozent gesunken. Der niedrigere Satz soll voraussichtlich noch bis Ende März 2024 gelten.
  • Die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro floss im September 2022 einmalig auf das Konto aller Erwerbstätigen. Studierende können seit März 2023 eine Pauschale in Höhe von 200 Euro beantragen.
  • Die staatliche Soforthilfe für Erdgas und Fernwärme entlastete Verbraucher:innen im Dezember 2022: Der Bund hat den vollen Abschlag übernommen. Wer trotzdem gezahlt hatte, hat das Geld für den Monat entweder vom Versorger zurückbekommen oder es wurde mit dem nächsten Abschlag verrechnet. Bei Mieter:innen, die keinen eigenen Liefervertrag haben und Gas und Wärme stattdessen über ihre Nebenkosten zahlen, wird die Ersparnis mit den anderen Betriebskosten in der Jahresendabrechnung verrechnet.

Bleiben die Energiepreise so hoch?

Leider gibt es darauf keine eindeutige Antwort, selbst Spezialist:innen für den Energiemarkt können keine klaren Voraussagen treffen, wie sich die Preise im Detail entwickeln werden. Ziemlich sicher ist aber: Die Preise werden hoch bleiben, auch unabhängig von der aktuellen Russland-Krise.

Expert:innen der Verbraucherzentralen erwarten, dass die Gaspreise im Vergleich zum Preisniveau von 2021 weiter etwa doppelt so hoch sein werden. Bei Strom ist im Vergleich zum Jahr 2021 von einem Anstieg in der Größenordnung von circa 20 Prozent auszugehen.

Was beeinflusst die Entwicklung der Energiepreise?

Dass Russland die Ukraine angreifen und damit eine Energiekrise auslösen würde, hätten vor eineinhalb Jahren wahrscheinlich die wenigsten vorhergesagt. Doch es gibt weitere Faktoren, die auch unabhängig von dieser Krise als Treiber oder Dämpfer für die Energiepreise ausgemacht werden können.

Neue Energiequellen: Umbau zahlt sich erst später aus
Einer davon ist die Energieinfrastruktur. Der Ukraine-Krieg dauert an, Russland kommt als Gaslieferant voraussichtlich lange nicht mehr in Frage. Alternativen wie Lieferungen von flüssigem Erdgas (LNG) als Ersatz für das russische Gas sind zwar zwischen Lieferantenländern wie Katar und Deutschland vertraglich vereinbart, teilweise aber noch nicht angelaufen. Ein Großteil der notwendigen Hafen-Infrastruktur für LNG-Lieferungen befindet sich in Deutschland erst noch im Bau, drei schwimmende Terminals sind in Betrieb. Momentan kommt das LNG für Deutschland über die Infrastruktur der europäischen Nachbarn Frankreich, Belgien und die Niederlande zu uns.

Hoffnung versprechen die erneuerbaren Energien. Laut Umweltbundesamt machen die klimafreundlichen Technologien bereits 46,2 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs aus. Bis zum Jahr 2030 soll dieser Anteil auf 80 Prozent steigen. Das würde sich positiv auf die Strompreisentwicklung auswirken und die Verletzlichkeit gegenüber neuen, unvorhersehbaren Faktoren reduzieren.

Die CO2-Steuer verteuert fossile Energie
Die Energiepreise hängen auch von der Regulierung der Energiemärkte ab. Eine Maßnahme, die fossile Energieträger derzeit verteuert, ist die CO2-Steuer. Aktuell liegt der CO2-Preis bei 30 Euro pro Tonne, ab 2026 soll ein Preis-Korridor zwischen 55 und 65 Euro gelten. Wenn die CO2-Preise steigen, steigen auch die Preise für fossile Energien. Kunden, die mit fossiler Energie heizen, sollten sich daher eher auf steigende Preise einstellen.

Wie stark diese Preissteigerungen durchschlagen werden, ist aber noch nicht ausgemacht: Schließlich plant die Bundesregierung die Einführung eines Klimageldes, bei dem sie die staatlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Bevölkerung auszahlt. Jede:r würde die Prämie in gleicher Höhe bekommen. Wer also weniger CO2 als der Durchschnitt verbraucht, macht unterm Strich Plus. Wann das Klimageld kommt, ob es überhaupt kommt und wie hoch es genau ausfallen wird, ist aber noch offen.

Lagebesprechung: Das können Sie Verbraucher:innen jetzt raten

Beratungsstellen sollten Verbraucher:innen helfen, sich langfristig gegen die gestiegenen Preise zu wappnen. Denn: Die Energierechnung zu bezahlen sollte oberste Priorität haben. Vorauszahlungen sind in vielen Fällen Teil der Miete. Wer diese nicht pünktlich bezahlen kann, geht das Risiko ein, seine Wohnung zu verlieren. Diese Schritte können helfen:

  • Energiepreisbremse: Diese gilt voraussichtlich bis April 2024. Wechseln Sie bereits jetzt in günstigere Tarife, denn die Preisbremse gilt nur für 80 Prozent des Verbrauchs.
  • Versorger: Die Energieanbieter sind verpflichtet, ihre Kunden per Informationsschreiben über die Auswirkungen der Energiepreisbremse zu informieren. Überprüfen Sie Ihren neuen Abschlag anhand des Abschlagsrechners der Verbraucherzentrale .
  • Dieser sollte weder zu hoch noch zu niedrig sein. Zu niedrige Abschläge können zu hohen Nachzahlungen führen, bei zu hohen Abschlägen ist das zu viel gezahlte Geld im Fall einer Insolvenz des Anbieters weg. Überprüfen Sie auch Ihre Jahresabrechnung: Kommen alle Entlastungen bei Ihnen an?
  • Mieter mit Zentralheizung: Informieren Sie sich bei ihrem Vermieter über ihren Heizkostentarif. Ihr Vermieter ist verpflichtet, die Informationen über die Entlastung im Rahmen der Preisbremsen an Sie weiterzugeben, genauso wie die Entlastung selbst. Diese erhalten Sie aber in der Regel erst mit der kommenden Nebenkostenabrechnung.
  • Tarife vergleichen und Kündigungsfrist im Auge behalten: Die Preise für Neukundentarife bei Strom- und Gaslieferverträgen sind in den vergangenen Monaten deutlich gesunken. Allerdings klaffen die Angebote zum Teil weit auseinander. Ein Tarifvergleich kann sich also lohnen; vorausgesetzt, es ist keine feste Vertragslaufzeit festgehalten. Prüfen Sie einen Anbieterwechsel.
  • Stromverbrauch prüfen: Mit einem Strommessgerät können Sie feststellen, wie energieeffizient Ihre Geräte sind. Vielleicht lohnt sich ein Neukauf. Bei einem Kühlschrank sollten Sie spätestens alle 15 Jahre ausrechnen, ob sich eine Neuanschaffung lohnt. Dabei hilft Ihnen der Kühlschrank-Rechner der Verbraucherzentrale.
  • Weniger duschen: Es lohnt sich, auch im Sommer weiter Energie zu sparen. Der Duschrechner der Verbraucherzentrale hilft Ihnen beim Sparen!
  • Beim Waschen sparen: Auch bei der Waschmaschine gilt: je wärmer, desto teurer. Für normale Wäsche brauchen Sie etwa 30 Grad. Wenn die Wäsche in den Trockner soll, stellen Sie 1.200 Umdrehungen beim Schleudern ein.
  • Kühlschrank richtig einstellen: Ein zu kalter Kühlschrank und eine zu frostige Gefriertruhe sind teuer. In der Regel reicht Stufe zwei oder drei beim Kühlschrank (sieben Grad) und minus 18 Grad bei der Gefriertruhe.
  • Sparsam kochen: Ein Deckel auf Töpfen und Pfannen spart Energie. Kocht das Wasser, schalten Sie es auf eine niedrige Stufe. Ein Wasserkocher ist meist schneller als der Herd und verbraucht weniger Energie.
  • Sparsam spülen: Wer in einem Becken spült, braucht weniger warmes Wasser und spart so bares Geld!
  • Stromfresser ausschalten: Machen Sie das Licht aus, wenn sie den Raum verlassen und bauen sie Steckerleisten mit Schalter ein, um Energiekosten zu vermeiden. Auch Stand-By-Funktionen verbrauchen Strom – schalten Sie die Geräte also lieber aus!
  • Sparsame Geräte kaufen: LED-Lampen sind stromsparender als Glühbirnen. Auch andere Elektrogeräte gibt es häufig in energieeffizienteren Ausführungen. Das zeigen die Energieeffizienzklassen A+++ (grün) bis D (rot) an.
  • Solaranlagen: Die Auflagen für den Einbau und Betrieb  eigener Solaranlagen sind zum Jahreswechsel schlanker geworden. Wer selbst Strom produziert, spart direkt und speist grüne Energie ins Netz ein.
  • Stecker-Solargeräte: Solaranlagen gibt es auch im Mini-Format für Balkon oder Terrasse. So können Sie einen Teil Ihres Stroms einfach selbst produzieren. Ein Standardsolarmodul mit 380 Watt Leistung kann etwa den Stromverbrauch eines Kühlschranks und einer Waschmaschine in einem Haushalt mi zwei Personen liefern. Das wären bei einem Strompreis von 33 Cent etwa 66 Euro. Die Mini-Anlage kostet normalerweise zwischen 350 und 600 Euro. Aktuell sind die Preise wegen der hohen Nachfrage etwas höher.
  • Informationsangebote der Verbraucherzentralen nutzen: Expert:innen und Experten der Verbraucherzentralen sammeln Tipps, um im Alltag Energie zu sparen. Auch unsere Energieberatung kann eine Anlaufstelle sein, die weiterhilft. Wir bieten zudem regelmäßig Veranstaltungen zum Thema Energiesparen an.
  • Energiebildung für Verbraucher:innen in verschiedenen Sprachen: Die Verbraucherzentralen haben Informationen zum Thema Energiesparen in die ukrainische und russische Sprache übersetzt: https://www.verbraucherzentrale.de/energiebildung-fuer-ukrainerinnen

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